Sonderkonjunktur

Containerschiff­fahrt auf dem Weg zur Normalität?

Die Containerschifffahrt stellt sich, nach Rekordergebnissen während der Pandemie, als Folge von Energiekrise, hoher Inflation und Rezession auf geringere Erträge ein. Investoren preisen das schon ein.

Containerschiff­fahrt auf dem Weg zur Normalität?

Jeder Boom geht einmal vorüber, auch die Sonderkonjunktur in der Containerschifffahrt im Verlauf der Corona-Pandemie. An den Ergebnissen der Branche ist das nach dem dritten Quartal zwar noch nicht zu erkennen. So hat der dänische Transportkonzern A.P. Møller-Mærsk, der die zweitgrößte Containerreederei der Welt betreibt, mit einem im Vorjahresvergleich um rund 60% auf 9,5 Mrd. Dollar gestiegenen operativen Ergebnis noch nie mehr Gewinn in einem Vierteljahr verbucht als zwischen Juli und September 2022. Doch während kurz nach Beginn der Coronakrise die weltweit hochschnellende Güternachfrage bei begrenzt verfügbaren Transportkapazitäten die Profite der großen Reedereien in die Höhe schnellen ließ und sich anfängliche Befürchtungen bald auflösten, der lange Zeit krisengeplagte Sektor könne erneut in schwere See geraten, lassen Energiekrise, hohe Inflation sowie die sich abzeichnende Rezession nun auf schrumpfende Erlöse in der Containerschifffahrt schließen. Die Frachtraten, die sich in den vergangenen zwei Jahren als Grundlage der Rekordergebnisse in der Branche vervielfachten, sinken bereits.

Der Handel war zum Ende des dritten Quartals durch eine schwache Nachfrage nach Waren aus China durch Europa und Nordamerika geprägt. Das spüren Reedereien: Konsumzurückhaltung und schwindende Kaufkraft bei Verbrauchern wirken sich auf die Transport- und Logistiknachfrage aus. Die Phasen sind vorbei, in denen Kunden der Reedereien fast jeden Preis zahlten, um ihre Waren transportieren zu lassen und um Lieferketten aufrechtzuerhalten. Störungen in den Lieferketten treten zwar weiterhin auf, doch auch Anzeichen der Entspannung. Covid-19-bedingte Restriktionen werden seltener, Staus vor großen Häfen kürzer.

Die Reedereien sprechen von der seit längerem erwarteten Normalisierung, die nun eingesetzt habe. Investoren stellen sich schon auf das Ende des Booms ein: Der Aktienkurs von Hapag-Lloyd etwa, der sich seit Ende 2019 in der Spitze fast versechsfachte, hat seit Mitte Mai mehr als 60% verloren. Aber was heißt Normalisierung genau? Längerfristige Prognosen der Ratenniveaus sind nicht möglich. Die weitere Entwicklung von Konjunktur und Welthandel lässt sich auch vor dem Hintergrund geopolitischer Risiken nicht abschätzen. Die Carrier brauchen aber wegen steigender Kosten höhere Ratenniveaus. Die Branche, die nach 2008 infolge ruinösen Wettbewerbs ein Jahrzehnt mit roten Zahlen und Konsolidierungswelle erlebte, muss nicht zuletzt wegen schärferer Umweltschutz- und Verbrauchsregularien für den CO2-Ausstoß in die Modernisierung ihrer Flotten investieren.

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