Koalitionsausschuss

Einigungszwang

Der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und FDP ist ergebnislos vertagt worden. Die Ampel hat aber keine andere Wahl, als ihre Streitpunkte schnell beizulegen.

Einigungszwang

Zumindest an Höflichkeit lässt es die deutsche Regierung nicht fehlen. Pünktlich reisten Kanzler und Minister am Montagnachmittag zu den lang anberaumten deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen nach Rotterdam. Der Koalitionsausschuss wurde dafür unterbrochen, hatte er doch nach einer Marathon-Nachtsitzung noch keine Ergebnisse erbracht. Von Sonntagabend bis in den Montag hatten SPD, Grüne und FDP ergebnislos miteinander gerungen. An diesem Dienstag soll es nun weitergehen. Manchmal erhellen Unterbrechungen ja den Geist und beflügeln womöglich den Einigungswillen.

Tatsächlich steht die Ampel-Koalition unter Einigungszwang. Dieser Koalitionsausschuss sollte eigentlich das Signal von Geschlossenheit senden, nachdem in jüngerer Vergangenheit vor allem Streit unter den Koalitionspartnern das Bild bestimmt hatte: Streit über Disziplin in der Haushaltspolitik, Streit über Verbote wie beim Einbau von Öl- und Gasheizungen, Streit beim schnellen Ausbau des Verkehrsnetzes und Streit bei den staatlichen Leistungen für Kinder. Das Signal eines Konsenses ist mit der notgedrungenen Vertagung gründlich misslungen.

Dreierkonstellationen in einer Regierung sind grundsätzlich unruhiger und lauter als Zweierbündnisse. Jeder der Partner kämpft um öffentliche Wahrnehmung. Ein grundlegender Fehler liegt bei der Ampel aber schon im Koalitionsvertrag. SPD, Grüne und FDP einigten sich zwar auf gemeinsame Vorhaben wie die Kindergrundsicherung, versäumten aber, diese mit Preisschildern zu versehen oder alles unter Haushaltsvorbehalt zu stellen. Diese Koalition hatte sich ohnehin in der Coronakrise an der Schuldenbremse vorbeigetrickst und für spätere Jahre mit Kreditermächtigungen bis an die Halskrause vollgestopft. Das soll nun auch nicht reichen. Mehr Kredit führt zu mehr Zinsausgaben, noch beschleunigt, wenn Zinsen steigen. Diese Mittel fehlen nun für politische Wünsche. Die Fiskalregeln mag die Ampel gebeugt haben. Mit den Folgen muss sie nun leben.

Eine weitere Schwäche der Ampel liegt in der ungeklärten Machtverteilung. Erst jüngst war das Kabinett in Meseberg in Klausur gegangen. Im Koalitionsausschuss beraten stets Fraktions- und Parteispitzen. Zwar braucht auch eine starke Regierung immer die Unterstützung im Bundestag und an der Parteibasis. Eine geschlossen auftretende Regierung würde es Fraktionen und Parteien aber erschweren, neben ihr ein Eigenleben zu entwickeln. Diese Geschlossenheit hat das Kabinett schon in Meseberg nicht gefunden.

Die Uneinigkeit nährt Zweifel, ob die Ampel-Koalition überhaupt bis zum Ende der Legislatur durchhalten wird. Sie muss und sie wird – sie hat keine Wahl. Nach den aktuellen Umfragen hätte die Ampel keine Regierungsmehrheit mehr. Alle drei Partner würden Macht verlieren. Die CDU/CSU als derzeit stärkste Partei könnte nur mit SPD oder Grünen regieren. Die SPD wird wohl kaum Juniorpartner werden wollen, wenn sie es vermeiden kann. Das Kanzleramt ist attraktiver. Die Grünen hätten mit der Union keinen leichteren Regierungspartner als in der aktuellen Dreierkonstellation. Die FDP hat nach einigen verlorenen Landtagswahlen kaum Interesse, sich jetzt einem Wählervotum zu stellen. Die Ampel wird sich zusammenraufen müssen.

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