Subventionsstreit

EU-Kommission erleichtert Beihilfen

Der Inflation Reduction Act bewegt immer mehr Unternehmen dazu, ihre Investitionspläne zu überdenken. Während EU-Kommissionschefin von der Leyen zu US-Präsident Biden reist, schafft ihre Behörde Fakten.

EU-Kommission erleichtert Beihilfen

rec Brüssel

Während EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf wichtiger Mission in den Vereinigten Staaten unterwegs ist, erleichtert ihre Behörde Subventionen. Unternehmen, die klimafreundliche Technologien wie Batterien herstellen, kommen unter gewissen Bedingungen einfacher an Beihilfen. Außerdem können EU-Staaten Subventionen anderer Staaten leichter kontern, um abwanderungswillige Firmen in Europa zu halten. Das ist in erster Linie eine Antwort auf das US-Subventionspaket Inflation Reduction Act (IRA). EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte, dies ermögliche „schnelle, klare und vorhersehbare“ Staatshilfe. Die Ausnahmen sind bis 2025 befristet.

Die EU-Kommission reagiert damit auf teils unverhohlene Forderungen aus der Wirtschaft nach einer Reaktion auf US-Staatshilfen. Der IRA schürt Sorgen, dass Investitionen abwandern, weil Firmen neue Fabriken lieber auf nordamerikanischem statt europäischem Boden errichten. An prominenten Beispielen mangelt es nicht. Zudem verdichten sich Hinweise, dass es in diesem Sog Unternehmen aus einer Reihe von Branchen vermehrt in die USA zieht.

Neuester Fall ist Volkswagen. Der Autokonzern überdenkt offenbar Pläne für ein Batteriewerk in Osteuropa. Übereinstimmenden Berichten von „Financial Times“ und „Handelsblatt“ zufolge erwägt VW, stattdessen einen Standort in Nordamerika vorzuziehen. Offizielle Linie der Wolfsburger: Man warte ab, was der Green Deal der EU bringe.

Zugeständnisse für Batterien?

Tesla fertigt in den USA Batterien, die im E-Auto-Werk Grünheide montiert werden. Der schwedische Batterieproduzent Northvolt hat Pläne für ein Werk in Schleswig-Holstein in Reaktion auf US-Subventionen vor Monaten unter Vorbehalt gestellt. Der Industrieverband DIHK hat in einer Umfrage nach eigener Auskunft ungewohnt viel Bereitschaft zu Produktionsverlagerungen in die USA und nach Kanada ausgemacht.

Einzige Hoffnung der Industrie mit Blick auf Nachbesserungen am IRA ist, dass die US-Behörden die Umsetzungsrichtlinien so großzügig wie möglich auslegen. Dafür bleibt nur noch bis Ende März. Die Zeit drängt also. Die EU-Kommission macht seit Monaten klar, dass ihr bisherige Zugeständnisse von amerikanischer Seite zum Marktzugang für europäische Unternehmen nicht ausreichen. EU-Kommissionschefin von der Leyen hat das Thema zur Chefsache gemacht: An diesem Freitag trifft sie in Washington US-Präsident Joe Biden. Verbesserungen verspricht sie sich noch für die Batterieindustrie.

Dem Vernehmen nach zeichnet sich folgender Kniff ab: Die USA stufen den unter Biden ins Leben gerufenen Handels- und Technologierat als Freihandelsabkommen ein. Dann würde der EU dieselbe Vorzugsbehandlung zuteil wie Kanada und Mexiko. Außerdem könnten die Behörden entscheiden, Batterien wie Rohstoffe zu behandeln: Dann würden die vom IRA vorgegebenen Quoten zur Beschaffung auch für fertige Batterien made in Europa greifen.

„Batteriehersteller haben schon jetzt gute Gründe, um neue Investitionen in den USA zu tätigen“, sagt Stefan Schönberger, Klima- und Energieexperte der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group. „Gründe dafür sind hohe Subventionen durch den IRA, niedrige Strompreise und schnellere Umsetzungs­geschwindigkeiten als hierzulande.“ Überhaupt bestätigt Schönberger den Trend, dass Unternehmen ihre Investitionen in die USA verlagern. „Neue Wertschöpfung in neue Technologien wird zunehmend dort angesiedelt.“ Durch die deutlich höheren Energiekosten drohten Europas Wirtschaft dauerhafte Wettbewerbsnachteile.

Mit dieser Befürchtung ist Schönberger nicht allein. Der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) Fatih Birol warnte am Donnerstag nach Beratungen im EU-Parlament vor Illusionen: Das europäische Wirtschaftsmodell auf Grundlage günstiger russischer Energie sei ein für alle Mal vorbei. Er rät den Europäern, sich dauerhaft mit höheren Energiepreisen als anderswo abzufinden.

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