Kryptomarkt

Furcht vor dem Lehman-Moment

Die Liquiditätsnöte der Kryptobörse FTX wirkt sich negativ auf den gesamten Markt für Digital Assets auswirken. Selbst eine Rettung durch die Konkurrentin Binance könnte verheerende Folgen haben.

Furcht vor dem Lehman-Moment

Die Liquiditätskrise bei der Kryptobörse FTX droht zum Lehman-Moment für die Digital-Assets-Branche zu werden. Denn die Handelsplattform, ihr Gründer Sam Bankman-Fried und dessen Trading-Haus Alameda Research sind eng mit zahlreichen anderen Vertretern des Blockchain-Kosmos verflochten – Investoren befürchten daher nun eine neue Kaskade an Pleiten im Segment.

Wie schnell eine Insolvenzwelle durch den im Vergleich zu anderen Assetklassen kleinen und illiquiden Kryptomarkt rollen kann, hat sich dabei erst im Frühjahr gezeigt. Der Crash des Stablecoins Terra USD, der Anfang Mai jegliche Bindung zum Dollar verlor, zog schnell Zusammenbrüche mehrerer Lending-Plattformen und des Hedgefonds Three Arrows Capital nach sich. Der im Zuge der aktuellen Krise unter Druck stehende Bankman-Fried war damals noch als Retter für in Not geratene Digital-Assets-Dienstleister aktiv – umso größer ist nun der Schock der Investoren darüber, dass selbst der mächtige Unternehmer nicht vor der Unberechnbarkeit des Markts für digitale Anlagen sicher ist.

Durch den Absturz Bankman-Frieds, dessen Vermögen laut Bloomberg binnen eines Tages von 14,6 Mrd. Dollar auf weniger als 1 Mrd. Dollar einbrach, verliert die Branche einen Hoffnungsträger. Der Mann, der FTX und ihrem Gründer nun zu Hilfe eilt, eignet sich indes nicht als neuer Strahlemann für den Digital-Assets-Kosmos: Changpeng Zhao, Chef der Kryptobörse Binance, hat die Liquiditätsnöte der Wettbewerberin durch die Ankündigung großvolumiger Abverkäufe des nativen FTX-Tokens FTT massiv verschärft. Durch den geplanten Notverkauf von FTX an Binance würde Zhao die marktführende Position seiner Kryptobörse und seine eigene Machtstellung noch stärken. Zugleich lässt der Geschäftsmann Investoren im Unklaren: Wie er betont, könnte sich Binance jederzeit aus dem angepeilten Deal zurückziehen. Tatsächlich kamen am Mittwoch Zweifel an der Übernahme auf, nachdem Berichte die Runde machten, gemäß denen Binance bei ihrer Due Diligence auf eine milliardenschwere Lücke zwischen Verbindlichkeiten und Assets von FTX gestoßen sei.

Doch auch wenn der Deal zustande kommt, wäre dies für den Kryptomarkt nicht nur positiv. Denn Binance würde sich die Konkurrentin laut Analysten wohl zu einem niedrigen Preis sichern – was gerade Venture-Investoren, die sich zu luftigen Bewertungen an FTX beteiligt haben, hart treffen dürfte. Scheitern die schwergewichtigen Geldgeber mit ihren Anlagen in die als vergleichsweise sicher eingestufte Kryptobörse, dürften sie künftig verstärkt vor Investitionen in die Digital-Assets-Branche zurückschrecken.

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