Konjunkturtableau

Investitionen stützen Wachstum in Eurozone

Die Euro-Wirtschaft hat im Sommer einen Gang heruntergeschaltet, mit 0,3% aber stärker zugelegt als zunächst gemeldet. 2023 dürfte die Wirtschaft allerdings nur noch stagnieren, wie das Konjunkturtableau zeigt.

Investitionen stützen Wachstum in Eurozone

ba Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft hat im dritten Quartal dank ausgabefreudiger Verbraucher und kräftiger Investitionen etwas stärker zugelegt als zunächst gemeldet. Auch der Arbeitsmarkt entwickelte sich robust. Im laufenden Schlussabschnitt allerdings wird sich das Blatt wenden – und die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum im Winterhalbjahr in eine Rezession rutschen. Diese dürfte allerdings nicht ganz so lang und tief ausfallen wie befürchtet, da zuletzt einige Konjunkturindikatoren positiv überrascht haben. Experten wie auch Konsumenten und Unternehmen rechnen für das kommende Jahr indes nur noch mit einem verhaltenen Wirtschaftswachstum bei anhaltend hohen Inflationsraten (siehe Text unten auf dieser Seite). Dies spiegelt sich auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

Im Sommer hat sich das Wachstumstempo bereits deutlich verlangsamt: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im dritten Quartal um 0,3% zu – die Schnellschätzung des Statistikamts Eurostat lag noch bei 0,2% – nach einem Plus von 0,8% im Frühjahr. Im Konjunkturtableau zeigt die Medianschätzung von 3,1% für das zu Ende gehende Jahr „noch ein relativ hohes Wachstum des realen BIP“ an, erklärt ZEW-Experte Michael Schröder. „Mit 0,2% im nächsten Jahr droht eine Stagnation.“ Die EU-Kommission erwartet für 2023 ein Plus von 0,3%.

Als Wachstumstreiber von Juli bis September erwiesen sich die Bruttoanlageinvestitionen, die um 3,6% zum Vorquartal zulegten, sowie der private Konsum (+0,9%) und die Vorratsveränderungen. Der Beitrag der Konsumausgaben des Staates war laut Statistikamt Eurostat vernachlässigbar. Da die Einfuhren mit 4,3% kräftiger zulegten als die Exporte mit 1,7%, war der Beitrag des Außenhandels negativ.

Jobmarkt bleibt robust

Sowohl beim Wachstum als auch bei der Erwerbstätigkeit wurde im dritten Quartal das Vorkrisenniveau – bezogen auf das vierte Quartal 2019 – überschritten. Beim BIP-Volumen sind es laut den Luxemburger Statistikern 2,2%, bei den Erwerbstätigen beträgt der Abstand 3,1 Millionen Personen. Im dritten Quartal waren im Euroraum 164,5 Millionen Personen erwerbstätig, das sind 0,3% mehr als im Quartal zuvor. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden sank allerdings um 0,1%. Die Arbeitsproduktivität ging auf Basis der geleisteten Arbeitsstunden um 0,2% im Vorjahresvergleich zurück, auf Basis der erwerbstätigen Personen beträgt das Minus 0,5%. In den Jahren 2013 bis 2018 schwankte die Arbeitsproduktivität noch um etwa 1%, „bevor die Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 für hohe Volatilität sorgte“, erklärte Eurostat.

Bandbreite zeigt Unsicherheit

Trotz der erheblichen wirtschaftlichen Probleme, die durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg ausgelöst wurden, hat sich die Euro-Wirtschaft besser geschlagen als zunächst befürchtet. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung ist hoch, wie die nach wie vor hohen Bandbreiten der Prognosen im Konjunkturtableau zeigen. Für 2023 liegen die Prognosen für das Euro-BIP zwischen −2,2% und +0,7% (siehe Tabelle). Für Deutschland liegt die Bandbreite der Prognosen mit −3,5% bis +0,3% fast vollständig auf der negativen Seite.

Ähnlich ausgeprägt ist die Bandbreite bei den Verbraucherpreisen im Eurogebiet: Sie reicht von 4,0% bis 8,1% für das nächste Jahr. Insgesamt gesehen gehen die Experten weiter von einer leichten Abschwächung der Teuerung aus: Mit 8,3 (November-Prognose: 8,2)% für 2022 und 6,5 (6,3)% für 2023 sind die Prognosen nur ganz leicht angestiegen.

Bei den kurzfristigen Zinsen wird auf Sicht von zwölf Monaten ein weiterer Anstieg um 1 Prozentpunkt prognostiziert, die langfristigen Zinsen sollen hingegen leicht unter dem jetzt erreichten Niveau liegen. Entsprechend sehen die Experten in zwölf Monaten eine noch stärker inverse Zinsstrukturkurve als heute.

Konjunkturtableau
2. Quartal3. QuartalPrognose 2022Prognose 2023
2020202120222022TiefMedianHochTiefMedianHoch
Volkswirtschaftliche Daten
Bruttoinlandsprodukt1−6,65,30,80,32,73,13,3−2,20,20,7
Privatkonsum1−8,03,51,30,93,43,73,9−1,90,20,8
Staatskonsum11,23,80,60,11,41,82,50,20,62,7
Anlageinvestitionen1−8,34,30,93,22,62,83,40,51,11,6
Exporte1−9,410,91,31,75,66,46,62,02,42,6
Importe1−9,28,71,84,36,06,77,21,92,83,0
letzter Wert
Verbraucherpreise20,33,110,0 (November)8,08,38,74,06,58,1
Arbeitslosenquote37,87,76,5 (Oktober)6,76,87,07,07,17,5
Zinsen und ZinsdifferenzenIn 3 MonatenIn 12 Monaten
3-Monats-Geld3−0,43−0,551,972,22,52,92,12,93,2
10-jährige Anleihen3−0,51−0,371,811,62,22,51,42,03,5
USA/Eurozone, langfristig3,4  14018117815016520095141190
USA/Eurozone, kurzfristig3,410871162210225330135176240
Eurozone lang/kurz3,4  −818−16−65−3010−140−90142
Redaktionsschluss: 2. Dezember; Tagesdaten vom 1. Dezember1) real gegen Vorjahr bzw. Vorquartal in %; 2) gegen Vorjahr in %; 3) Werte für 2020 und 2021 sind Jahresdurchschnitte, letzter Wert der Zinsen und Zinsdifferenzen sind Stände vom Vortag; 4) in Basispunkten
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