Großbritannien

Bailey hält Fehde mit der Regierung in Gang

Der Gouverneur der Bank of England hat einen „Kater-Effekt“ ausgemacht, der bei Investoren nach den Erfahrungen mit Liz Truss für Zurückhaltung sorge. Der Arbeitsmarkt zeigte sich unterdessen robust.

Bailey hält Fehde mit der Regierung in Gang

hip London

Aus Sicht von Andrew Bailey, dem Gouverneur der Bank of England, hat die kurze Regierungszeit von Liz Truss einen anhaltenden „Kater-Effekt“ hinterlassen. Internationale Investoren seien immer noch zurückhaltend, wenn es darum gehe, Großbritannien Geld zu leihen, sagte er vor dem Finanzausschuss des Unterhauses. „Es wird eine Weile dauern, jeden davon zu überzeugen, dass wir wieder dort sind, wo wir davor waren“, sagte Bailey. „Nicht weil ich Zweifel an der derzeitigen Regierung hätte.“ Nein, er versuche, in keiner Weise negativ zu sein. „Offenkundig gibt es so etwas wie einen Kater-Effekt“, fügte er hinzu.

Von September bis November hätten ausländische Investoren mehr britische Staatsanleihen (Gilts) verkauft als gekauft, was auf mangelndes Vertrauen in die Regierung hindeutet. Das vermag allerdings kaum zu überraschen, stellten Truss und ihr Schatzkanzler Kwasi Kwarteng Ende September doch ihren berüchtigten Wachstumsplan vor, ohne darzulegen, wie die darin enthaltenen Steuergeschenke finanziert werden sollen. Das ließ die Renditen am Bondmarkt in die Höhe schießen und brachte Pensionsfonds in Bedrängnis, die riskante Derivatgeschäfte getätigt hatten. Im November sei die Lücke zwischen Verkäufen und Käufen schon „deutlich kleiner“ gewesen, sagte Bailey.

Zankapfel Solvency II

Zugleich ließ er seine Fehde mit der Regierung in Sachen Finanzregulierung wiederaufleben. Schatzkanzler Jeremy Hunt hatte seine „Edinburgh-Reformen“ – die abgespeckte Version des von Rishi Sunak vor seinem Aufstieg zum Premierminister angekündigten „Big Bang 2.0“ – gegen den Willen der Bank of England durchgedrückt, insbesondere die Reform von Solvency II. Hunt will Versicherern ermöglichen, mehr Geld in Infrastrukturprojekte wie Windparks zu investieren. Einwände der bei der Notenbank angesiedelten Prudential Regulation Authority (PRA) ließ das Schatzamt nicht gelten. „Ich glaube nicht, dass es, unter sonst gleichen Voraussetzungen, ein Risiko für die Finanzstabilität darstellt“, sagte Bailey. „Aber es ist ein Risiko für die Versicherten.“ Er führte den Fall Equitable Life an. Der älteste Versicherungsverein auf Ge­genseitigkeit der Welt geriet zur Jahrtausendwende ins Trudeln, weil er den Kunden zu viel versprochen hatte. So etwas könne passieren, sagte Bailey. Sollte nicht genug Kapital da sein, um Altersvorsorgezusagen abzudecken, sei es „höchst wahrscheinlich“, dass der Staat einspringen müsse, warnte der Chef der PRA, Sam Woods, die Abgeordneten.

Bailey äußerte sich auch zur Inflation. Er rechne zwar damit, dass die Teuerungsrate im laufenden Jahr kräftig sinken wird, sagte er. Doch stelle die schrumpfende Erwerbs­bevölkerung ein großes Risiko dafür dar. Unterdessen zeigten die Arbeitsmarktdaten für die drei Monate per Ende November, dass sich die Zahl der wirtschaftlich Inaktiven von September bis November um rund 55000 verringert hat. Die Arbeitslosenquote verharrte im November bei 3,7%, wie das Statistikamt ONS mitteilte. Die durchschnittlichen Wo­chenlöhne stiegen in den drei Monaten im Vorjahresvergleich um 6,4%. Aufgrund der hohen Inflation entspricht das allerdings einem Reallohnverlust von 2,6%. Volkswirte hatten im Schnitt ein nominales Plus von 6,3% auf der Rechnung. In der Privatwirtschaft legten die Wochenlöhne gar um nominal 7,2% zu. Die Zahl der ausgeschriebenen Stellen sank geringfügig, die Zahl der Entlassungen stieg etwas.

„Wir müssen zugeben, dass die Arbeitsmarktdaten stärker sind, als wir erwartet hatten“, schrieb die HSBC-Volkswirtin Elizabeth Martins. Für geldpolitische Falken fänden sich in der Veröffentlichung des ONS eine Menge Belege dafür, dass die geldpolitische Straffung der vergangenen Monate noch nicht ausreiche. Am Mittwoch stehen die jüngsten Verbraucherpreisdaten zur Veröffentlichung an.