Geldpolitik

Geldmenge muss kein Inflations­treiber sein

Bundesbank-Ökonomen sind der Frage auf den Grund gegangen, ob das Geldmengenwachstum zu Beginn der Pandemie die hohe Inflation begünstigt habe. Sie kommen zu dem Schluss: eher nicht. Stattdessen sehen sie andere Gründe.

Geldmenge muss kein Inflations­treiber sein

ast Frankfurt

Die rasant steigenden Verbraucherpreise werden von Analysten immer wieder auf eine rasch gestiegene Geldmenge im Zuge der Coronavirus-Pandemie zurückgeführt. Die Bundesbank kommt in ihrem Monatsbericht für Januar nun zu dem Schluss, dass das Plus der Geldmenge den Inflationsschub der vergangenen beiden Jahre nicht unmittelbar bedingt hat. Nach nationaler Rechnung lag die Inflationsrate in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2022 bei 7,9%. Im Oktober hatten die Preise um 10,4% zugelegt – und damit so kräftig wie nie seit dem Jahr 1951.

Die stark steigenden Verbraucherpreise 2021 und 2022 hatten nicht nur Diskussionen um den richtigen Zinskurs etwa der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgelöst, sondern bei der Ursachensuche auch den Blick auf die Geldmenge M3 gelenkt. Diese umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen. Wie die Bundesbank-Ökonomen in ihrem Bericht schreiben, war der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisentwicklung zu Beginn der Währungsunion empirisch belegbar. Diese Korrelation habe sich aber seit der Jahrtausendwende abgeschwächt.

Mit Blick auf das Geldmengenwachstum zu Beginn der Coronavirus-Pandemie 2020 (siehe Grafik) schreiben die Ökonomen: „Unsere Analysen sprechen dafür, dass das starke Geldmengenwachstum in der ersten Phase vor allem durch Geldnachfrageschocks im Zusammenhang mit der unsicherheitsbedingt gestiegenen Geldhaltung verursacht wurde, die aber nicht zu einem Anstieg der Inflationsrate führte.“

Stattdessen seien die Zunahme der Geldmenge M3 im ersten Coronajahr 2020 und die steigende Teuerung in den beiden darauffolgenden Jahren durch unterschiedliche Ursachen getrieben gewesen. Die Liquiditätspuffer, die zu Beginn der Pandemie gebildet wurden, wurden später wieder abgebaut. Zudem wurden Geldmengenwachstum und Inflation in der Folge durch Nachfrageschocks, hinter denen die Bundesbank-Ökonomen die in der Coronakrise staatlich verordneten fiskalischen Stützungsmaßnahmen vermuten, sowie durch eine sehr lockere Geldpolitik weiter begünstigt.

Zwei-Säulen-Analyse

Die Erkenntnis, dass sich Geldmengenwachstum und Inflation entkoppeln, könnte dazu führen, dass künftig neben der monetären Säule der Analyse noch stärker der finanzielle Aspekt berücksichtigt wird. Seit der Strategieüberprüfung der EZB im Jahr 2021 werden Finanzstabilitätsaspekte ohnehin bereits stärker ins Zentrum der geldpolitischen Analyse gerückt.

Die derzeitige Straffung der Notenbanken – seit Juli hat die EZB ihre Schlüsselsätze um 250 Basispunkte erhöht – ist für die Finanzstabilität den Bundesbank-Ökonomen zufolge zunächst ein zweischneidiges Schwert. Die weitere Straffung könnte die aufgrund des Ukraine-Kriegs und seiner Folgen gestiegenen Finanzstabilitätsrisiken verstärken, schreiben sie. Auf der anderen Seite „reduziert eine preisstabilitätsorientierte Geldpolitik aber die Risiken für das Finanzsystem, die von hohen Inflationsraten und bereits bestehenden finanziellen Verwundbarkeiten ausgehen“, heißt es dort weiter.

Insgesamt deute die Analyse auf Grundlage monetärer und finanzieller Aspekte darauf hin, dass sich das Bankensystem in der Eurozone derzeit in einer guten Situation befinde und die Folgen der Zinswende ab­federn könne. „Mit größeren negativen Rückkopplungen zwischen dem Finanzsystem und der Realwirtschaft ist momentan nicht zu rechnen“, ziehen die Bundesbank-Ökonomen ein optimistisches Fazit.