Großbritannien

Johnsons Gegner nehmen seine Frau ins Visier

Partygate mutiert zunehmend zur Schlammschlacht. Boris Johnsons Gegner haben seine Frau Carrie ins Visier genommen. Gesundheitsminister Sajid Javid wirft ihnen Sexismus vor.

Johnsons Gegner nehmen seine Frau ins Visier

hip London

Die innerparteilichen Gegner und ehemalige Berater des britischen Premierministers Boris Johnson haben damit begonnen, seine Frau Carrie ins Visier zu nehmen. Gesundheitsminister Sajid Javid nannte das „sexistisch, würdelos und unfair“. Die „Daily Mail“ begann am Wochenende mit dem Vorabdruck des Buchs „First Lady: Intrigue At The Court of Carrie and Boris Johnson“ von Michael Ashcroft. Aus seiner Sicht verhindert Carrie durch ihr Verhalten, dass Johnson „Großbritannien so effizient führt, wie es die Wähler verdienen“. Zu den darin gegen sie erhobenen Vorwürfen gehört, dass sie Textnachrichten von Johnsons Handy aus an seine Mitarbeiter verschickt habe. Denen sei der unterschiedliche Sprachstil der Botschaften aufgefallen. Carrie habe auf die aufwendige Modernisierung der Dienstwohnung in 10 Downing Street gedrungen, deren Finanzierung Johnson einen weiteren Skandal bescherte. Zudem sei sie federführend daran beteiligt gewesen, dass vor der Evakuierung des Flughafens in Kabul statt Menschen die Tiere des britischen Spendensammelvereins Nowzad aus Afghanistan ausgeflogen wurden. Johnson erscheint dagegen schwach und beeinflussbar. Wiederholt habe er seine Mitarbeiter um Hilfe gebeten, um ihm den Unmut seiner Frau zu ersparen. Sie spiele keine Rolle in der Regierung, ließ Carrie Johnson über eine Sprecherin bestellen. Der konservative Oberhausabgeordnete und Meinungsforscher schrieb bereits eine ganze Reihe von Büchern, darunter „Call Me Dave“, eine nicht autorisierte Biografie von David Cameron, und „Going For Broke: The Rise of Rishi Sunak“.

Ob es um aus Sicht der Kritiker überzogene Maßnahmen gegen den Klimawandel geht oder um ein neues Gesetz, das es verbieten soll, Hummer lebend zu kochen – Carrie Johnson wird nicht nur von Ashcroft die Verantwortung dafür zugeschrieben, dass Johnson keine Politik macht, wie man sie von einem Tory-Premier gemeinhin erwarten würde.

Unterdessen erhält Johnson Gegenwind aus dem Schatzamt. Wie der „Telegraph“ berichtet, hat Schatzkanzler Rishi Sunak dafür gesorgt, dass die Ankündigung, weitere Milliarden für das marode öffentliche Gesundheitswesen NHS zur Verfügung zu stellen, verschoben werden musste. Es geht dabei um Mittel, die dazu beitragen sollen, die Wartelisten für bestimmte Behandlungen abzuarbeiten. Er habe zunehmend den Eindruck, dass Johnson mit ähnlichen Problemen zu kämpfen habe wie Tony Blair in seiner dritten Amtszeit, twitterte Matthew Taylor, der CEO der NHS Confederation. Das Schatzamt halte das Geld zurück, weil es die Pläne von 10 Downing Street für opportunistisch halte und keine Mittel für eine „sterbende Regierung“ verschwenden wolle. Derweil kommt langsam das Ausmaß der Geldverschwendung während der Pandemie ans Licht. So wurden vom Gesundheitsministerium im Finanzjahr 2020/21 insgesamt 12 Mrd. Pfund für persönliche Schutzkleidung (Masken, Handschuhe etc.) ausgegeben. Darauf mussten 8,7 Mrd. Pfund abgeschrieben werden, mehr als die Hälfte davon, weil die Marktpreise inzwischen deutlich niedriger liegen. Der Rest war entweder Ausschussware, abgelaufen oder nicht verwendbar.