Geldpolitik

Lagarde warnt vor zu viel Konjunktur­förderung

Eine zu starke Ankurbelung der Nachfrage durch die Haushaltspolitiker einiger EU-Regierungen könne zu einem Nachfrageüberhang führen – und eine stärkere geldpolitische Straffung nötig machen, fürchtet EZB-Präsidentin Christine Lagarde.

Lagarde warnt vor zu viel Konjunktur­förderung

Reuters Bangkok

– EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat vor einer zu starken Ankurbelung der Nachfrage durch die Haushaltspolitik einiger europäischer Regierungen gewarnt. Der dadurch geschaffene Überhang an Nachfrage könnte die Geldpolitik zu einer stärkeren Straffung zwingen, als sonst notwendig wäre, sagte Lagarde am Freitag auf einer Konferenz der thailändischen Notenbank und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Bangkok. „Bedauerlicherweise deuten derzeit zumindest manche der fiskalischen Maßnahmen, die wir bei vielen Regierungen in Europa und vor allem im Euroraum analysieren, in Richtung der letzteren Kategorie“, sagte sie. Geldpolitik und Fiskalpolitik müssten für nachhaltiges, ausbalanciertes Wachstum Hand in Hand arbeiten.

Wirtschaft wird schrumpfen

Die EU-Kommission geht inzwischen davon aus, dass die Wirtschaft im Euroraum im vierten Quartal und im ersten Quartal 2023 schrumpfen wird. Zu den Gründen zählt sie hohe Energiepreise, Kaufkraftverluste bei privaten Haushalten, das schwächere globale Umfeld und striktere Finanzierungsbedingungen. „Wir brauchen höhere Investitionen und Strukturreformen, um die Angebotsbeschränkungen zu beseitigen und sicherzustellen, dass das Produktionspotenzial nicht durch die sich verändernde Weltwirtschaft be­schnitten wird“, sagte Lagarde. „Und das ist eine große Frage und eine Unsicherheit, die wir haben“, fügte sie hinzu.

Da die Inflation im Euroraum rasant gestiegen ist, hat die Europäische Zentralbank (EZB) inzwischen die Zinswende eingeleitet und die Schlüsselzinsen um insgesamt 2,00 Prozentpunkte angehoben. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Banken von den Euro-Notenbanken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, liegt inzwischen bei 1,50%. Die EZB hat weitere Zinsschritte in Aussicht gestellt. Sie strebt eine Inflation von 2% an. Die Teuerungsrate im Euroraum ist inzwischen aber fünfmal so hoch. Die Währungshüter müssten eine Geldpolitik betreiben, die die Inflationserwartungen in der Spur halte, sagte Lagarde. „Wir müssen der Öffentlichkeit, Beobachtern und Kommentatoren signalisieren, dass in allen Szenarien die Inflation rechtzeitig zu unserem mittelfristigen Ziel zurückkehrt“, sagte sie. Die nächste Zinssitzung ist am 15. Dezember.

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