Energiekrise

Lindner verteidigt Intervention in den Gaspreis

Der Bundestag billigt weitere Kriseninstrumente zur Milderung der hohen Energiekosten. Bundesfinanzminister Christian Lindner rechtfertigt die neuen milliardenschweren Kredite für staatliche Eingriffe.

Lindner verteidigt Intervention in den Gaspreis

wf Berlin

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat den Abwehrschirm zur Finanzierung einer Gas- und Strompreisbremse im Bundestag verteidigt. Nach dem Ende der russischen Gaslieferungen sei dieser Schritt nötig, betonte Lindner in der Debatte zur Energiesicherheit. Die Bundesregierung will dafür den Wirtschaftsstabilisierungsfonds reaktivieren und mit Kreditermächtigungen von 200 Mrd. Euro ausstatten. Die CDU/CSU unterstützt zwar das Ziel, die Preise zu senken und zugleich die Versorgung zu sichern, kritisierte aber die Ampel-Regierung für fehlende Details zur Verwendung der Kreditmittel.

Einzelheiten einer Gaspreisbremse werden von einem Expertengremium ausgearbeitet und sollen im Oktober vorgelegt werden. Die Kosten hängen von der konkreten Ausgestaltung ab. Schätzungen zufolge dürfte die staatliche Intervention einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung kommt nach eigenen Berechnungen – je nach Modell – für 2023 auf 15,6 Mrd. Euro bis 36,5 Mrd. Euro für einen Gaspreisdeckel auf den privaten Verbrauch. Am günstigsten wäre es demnach, den Grundverbrauch abhängig von der Zahl der Personen im Haushalt zu subventionieren. Damit würde die Entlastung faktisch stark fokussiert auf Haushalte mit kleinen Wohnungen und/oder niedrigem Gasverbrauch im Verhältnis zur Personenzahl und entsprechend niedrigeren Heizkosten, schreibt die Stiftung. Knapp doppelt so teuer wäre ein Gaspreisdeckel, der als Referenz den Vorjahresverbrauch (z. B. 80%) benutzt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zufolge soll der Preis für den Grundbedarf subventioniert und der Spitzenverbrauch voll bezahlt werden. Habeck warnte vor hohen Erwartungen. Der Gaspreis könne nicht auf das Niveau von 2021 heruntergedrückt werden.

Die Gaspreisbremse soll die Gasumlage ersetzen, bei der die Gaskunden für die erhöhten Beschaffungskosten nach dem russischen Lieferstopp hätten aufkommen müssen. Das Kabinett beschloss am Freitag formal im Umlaufverfahren die Gasumlage zu kippen, kurz bevor sie am 1. Oktober in Kraft getreten wäre. Die Strompreisbremse soll aus dem Abschöpfen von Gewinnen bei Unternehmen bezahlt werden, die von den hohen Energiepreisen profitieren. Details sind auch dazu noch offen.

Mehrwertsteuer noch offen

Der Bundestag billigte am Freitag die befristete Mehrwertsteuersenkung auf den Gasverbrauch. Für 18 Monate sinkt demnach vom 1. Oktober an der reguläre Satz von 19% auf den ermäßigten Satz von 7%. Bis 2024 fallen damit Einnahmen von 13  Mrd. Euro für Bund, Länder und Gemeinden aus. Mit dieser Entlastung sollten ursprünglich die Kosten der Gasumlage bei den Verbrauchern kompensiert werden. Die Steuersenkung kann jedoch erst wirksam werden, wenn der Bundesrat dem zugestimmt hat. Die Länderkammer hat das Vorhaben am 7. Oktober auf ihrer Tagesordnung – wie auch mehrere Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung. Am 4. Oktober kommen Bund und Länder zu Beratungen über das Entlastungspaket des Bundes zusammen. Dabei dürfte auch über diesen Punkt beraten werden.

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