Großbritannien

Liz Truss schließt Ausgaben­kürzungen aus

Premierministerin Liz Truss hat trotz aller Marktturbulenzen Ausgabenkürzungen ausgeschlossen. Die Bank of England hielt unterdessen daran fest, ihre Anleihenkäufe am Freitag zu beenden.

Liz Truss schließt Ausgaben­kürzungen aus

hip London

Die britische Premierministerin Liz Truss hat trotz aller Turbulenzen an den Finanzmärkten Ausgabenkürzungen ausgeschlossen, um die von ihr geplanten Steuersenkungen zu finanzieren. Die Bank of England bekräftigte unterdessen erneut, dass sie ihr Kaufprogramm zur Stabilisierung des Markts für Staatsanleihen (Gilts) am Freitag be­enden wird.

„Wir werden sicherstellen, dass die Verschuldung mittelfristig sinkt“, sagte Truss bei ihrer regelmäßigen Fragestunde im Unterhaus. „Wir werden das aber nicht durch eine Kürzung der öffentlichen Ausgaben tun, sondern indem wir sicherstellen, dass öffentliche Gelder gut ausgegeben werden.“ Danach warnte Mel Stride, konservativer Vorsitzender des Finanzausschusses des Unterhauses, Schatzkanzler Kwasi Kwarteng, keine Risiken einzugehen. Er frage sich, ob die Regierung in Sachen Steuersenkungen nicht etwas weiter zu­rückrudern müsse. „Der Schatzkanzler wird nur eine Chance bekommen, mit seinen Plänen und der Prognose gut zu landen“, schrieb Stride auf Twitter. „Er darf nichts riskieren. Für zu viele von uns steht zu viel auf dem Spiel.“

Ausverkauf am Gilt-Markt

Unterdessen setzte sich das Chaos am Markt für langlaufende Staatsanleihen (Gilts) fort. Die Rendite 30-jähriger Titel stieg auf mehr als 5%, nachdem ein Sprecher der Bank of England versichert hatte, die Notenbank werde ihre Anleihenkäufe zur Stabilisierung des dysfunktionalen Markts am Freitag beenden. Der Gouverneur der Bank of England, Andrew Bailey, hatte die von den Verwerfungen besonders betroffenen Pensionskassen des Landes am Dienstag gewarnt, sie hätten nur noch drei Tage Zeit, ihre Liquiditätsprobleme zu lösen. Offenbar warfen viele erneut Staatsanleihen auf den Markt. Die sinkenden Gilt-Kurse dürften weitere Nachschussforderungen der Gegenparteien der Derivatgeschäfte nach sich ziehen, mit denen manche Pensionsfonds ihren Finanzierungsstatus aufhübschten. Das könnte den Ausverkauf noch be­schleunigen. Die Bank of England kaufte Papiere für 4,6 Mrd. Pfund. Das ist nicht einmal die Hälfte des von ihr selbst gesetzten Limits von 10 Mrd. Pfund.

Auch das Finanzstabilitätskomitee der Notenbank bot bedrängten Pensionsfonds am Mittwoch wenig Trost. „Finanzstabilität ist nicht dasselbe wie Marktstabilität oder die Vermeidung jeglicher Störungen für Nutzer von Finanzdienstleistungen“, verlautbarte es. Es sei zwar nicht vernünftig von Marktteilnehmern, gegen alle extremen Marktentwicklungen abzusichern. Es sei aber wichtig, dass aus dieser „Episode“ etwas gelernt und Robustheit auf angemessenem Niveau sichergestellt werde. Allerdings ist die bei der Notenbank angesiedelte Bankenaufsicht PRA nur für die Gegenparteien der Fonds zuständig, nicht für die Pensionsfonds oder die Anbieter von gehebelten Anlagestrategien (Leveraged Liability-Driven Investment, LDI) für Pensionskassen. LDI-Fonds hätten ihren Sitz üblicherweise außerhalb des Vereinigten Königreichs.

Laut Statistikamt ONS ist die britische Wirtschaft im August um 0,3% geschrumpft. Bankvolkswirte hatten im Schnitt lediglich mit einer Stagnation gerechnet. Nach einer Serie von Revisionen früherer Veröffentlichungen befand sich das Bruttoinlandsprodukt im August genau auf dem Stand vor der Pandemie. Zuvor hatte man gedacht, dieses Niveau längst überschritten zu haben.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.