Saadia Zahidi

„Notenbanken werden beides tun müssen“

Aus Sicht von Saadia Zahidi, Managing Director beim World Economic Forum, schließen die traditionellen Ziele der Notenbanken nicht aus, dass sie auch soziale und umweltpolitische Ziele verfolgen.

„Notenbanken werden beides tun müssen“

Andreas Hippin

Frau Zahidi, was halten Sie von den jüngsten Äußerungen von US-Notenbankchef Jerome Powell? Er will nicht, dass die Fed Klimapolitik macht.

Notenbanken haben in ihren Statuten klar festgelegte Aufgaben. Sie müssen für Finanzstabilität sorgen. Sie haben eine Reihe von Werkzeugen zur Verfügung, mit der sie die Inflation im Zaum halten sollen. Manche haben ein arbeitsmarktpolitisches Ziel. Darauf liegt ihr Hauptaugenmerk. Das bedeutet aber nicht, dass nicht zugleich gesellschaftliche oder umweltpolitische Ziele eingebaut werden können. Es ist klar, dass Notenbanken beides tun werden müssen. Sonst gibt es keinen Weg um diese Reihe von Krisen herum, die wir haben.

Bewegen wir uns in eine Zeit höherer Steuern und höherer Inflation?

Alles in allem wird sich die Ära, in die wie jetzt eintreten, wesentlich von der unterscheiden, die wir seit der Finanzkrise gehabt haben. Wir bewegen uns auf eine Zeit hoher Zinsen zu. Weil die Notenbanken zurückhaltend sind, um nicht zu weit zu gehen, und Angebotsprobleme fortbestehen, gehen einige Volkswirte davon aus, dass ein Teil der Inflation wohl länger anhalten wird, als einem lieb sein kann. Wir sehen derzeit auch eine Phase niedriger Investitionen.

Bedeutet das langfristig hohe Inflation? 

Das ist unklar.

Befeuern Maßnahmen zur Abmilderung des Klimawandels nicht unvermeidlicherweise die Inflation?

Das hängt davon ab, wie schnell sich einige dieser Technologien entwickeln. Der Preis von Solartechnologie ist viel schneller gefallen, als wir noch vor ein paar Jahren erwartet hätten. Es kann also auch sehr schnell gehen. Grüne Energie muss nicht höhere Energiepreise für immer bedeuten. Aber es ist ganz klar, dass die Energiepreise während der Übergangsphase höher sein werden als in den vergangenen Jahren.

Könnte es nicht ganz andere „Stranded Assets“ geben als bislang diskutiert, etwa wenn sich Wasserstoffautos gegen Batteriefahrzeuge durchsetzen?

In jeder Transformation besteht das Risiko von „Stranded Assets“ und von „Stranded People“, die ihre Existenzgrundlage verlieren. Aber das liegt nicht außerhalb unserer Kontrolle. Regierungen können Unterstützung gewähren. Unternehmen können eine andere Herangehensweise wählen. Man kann auch innovativ und kreativ mit „Stranded Assets“ umgehen. Außerdem verlaufen manche dieser Entwicklungen ziemlich langsam. Man kann also Dinge vorhersehen und sein Handeln entsprechend anpassen.

Das Interview führte .

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.