Verbraucherpreise

Spanien kämpft gegen Preisexplosion

Die Inflation erreichte im Juni den zweistelligen Bereich, trotz der Maßnahmen der Regierung, wie der Subvention von Treibstoff und der Deckelung der Gaspreise bei der Stromerzeugung. Nun sollen die Energiekonzerne zur Kasse gebeten werden.

Spanien kämpft gegen Preisexplosion

ths Madrid

Der Preisanstieg in Spanien erreichte im Juni den höchsten Stand seit 1985, getrieben von den hohen Energiekosten und der raschen Wiederbelebung der Tourismusbranche. Die Inflationsrate beschleunigte sich auf 10,2%, wie das Nationale Statistikamt INE am Mittwoch mitteilte. Im Mai hatte die Preissteigerung noch 8,7% betragen. Die Statistiker machen vor allem die Preise für Energie und Lebensmittel für die Teuerung verantwortlich.

Auch Hotels und Restaurants haben ihre Preise kräftig erhöht, teils infolge der Energiekosten, aber auch wegen der hohen Nachfrage nach dem Ende der coronabedingten Einschränkungen. In Spanien rechnet man mit einer besseren Urlaubssaison als 2019, vor Ausbruch der Pandemie. Doch auch die Basisinflation, ohne Energie und Lebensmittel, machte im Juni einen Sprung um sechs Zehntelpunkte auf 5,5%.

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez bezeichnete den erneuten Anstieg der Inflation als „schlecht“. Er verwies auf das jüngste Maßnahmenpaket der Regierung vom Wochenende, mit dem der Preisspirale Einhalt geboten werden soll. „Wir wussten, dass die Kürzungen der Gaslieferungen von Putin sich auf die Preise auswirken würden. Das zeigt den Ernst der Lage und auch die Tauglichkeit der Maßnahmen und die Notwendigkeit für weitere Schritte“, erklärte Sánchez.

Am Wochenende hatte das Kabinett die Ende Juni auslaufenden Hilfsmaßnahmen bis zum Ende des Jahres verlängert. Dazu zählen der Zuschuss von 20 Cent für den Liter Benzin und Diesel sowie Direkthilfen für besonders stark betroffene Branchen, wie den Transportsektor und die Landwirtschaft. Nach der Kritik an der einseitigen Subvention des Automobilverkehrs gibt es ab 1. September auch einen staatlichen Zuschuss von 50% für den öffentlichen Nahverkehr. Außerdem senkt die Koalition der Sozialisten von Sánchez und des Linksbündnisses Unidas Podemos die Mehrwertsteuer auf die Stromrechnung von 10% auf 5%, den nun niedrigsten Satz in Europa. Zuvor war die Steuer bereits von 21% auf 10% herabgesetzt worden. Für besonders bedürftige Haushalte gibt es einen einmaligen Zuschuss von 200 Euro, der nach Angaben der Regierung 2,7 Millionen Personen zugutekommen soll. Das neue Paket kostet laut Sánchez 9 Mrd. Euro.

Streit um Sondersteuer

Die Deckelung des Gaspreises für die Stromerzeugung hat in den ersten zwei Wochen seit Beginn dieser Sondermaßnahme die Strompreise um 14% niedriger gehalten. Spanien und Portugal hatten von der Europäischen Kommission eine Ausnahme vom europäischen Energiemarkt erkämpft, mit dem Argument, dass ihre Länder mit dem Rest des kontinentalen Netzes kaum verbunden sind und mehr Ökostrom produzieren als andere. Sehr umstritten ist die angekündigte Sondersteuer auf die zusätzlichen Gewinne der Energiekonzerne durch die Preiserhöhung der Rohstoffe, die nächstes Jahr in Kraft treten soll. Die Regierung bereitet sich auf einen Kampf vor Gericht mit den Unternehmen vor.

Am Montag war der Vorsitzende des INE, Juan Manuel Rodríguez Poo, aus „persönlichen Gründen“ zurückgetreten, nachdem mehrere Minister in den letzten Monaten die Berechnungsmethoden des Statistikamtes für die Inflation infrage gestellt hatten. Die Zahlen würden nicht berücksichtigen, dass der Großteil der Haushalte Stromverträge mit Festtarifen habe und daher von den Schwankungen am Energiemarkt weniger stark betroffen sei, so das Argument. Arbeitgeber und Gewerkschaften unterstrichen die Bedeutung der Unabhängigkeit des INE.

Wertberichtigt Seite 8

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