Luftfahrt

Hoffen auf ein Wunder

Wer die aktuelle Prognose der IATA liest, reibt sich verwundert die Augen. 2023 werde die Branche vermutlich zurück in die Gewinnzone fliegen, glaubt der Airline-Verband. Auf eine detaillierte Begründung für diesen Optimismus hofft man allerdings vergeblich.

Hoffen auf ein Wunder

Wer die aktuelle Prognose der IATA liest, reibt sich verwundert die Augen. 2023 werde die Branche vermutlich zurück in die Gewinnzone fliegen, glaubt der Airline-Verband. Auf eine detaillierte Begründung für diesen Optimismus hofft man allerdings vergeblich, verwiesen wird lediglich auf die zunehmende Reiselust nach Abebben der Corona-Pandemie und auf das strikte Kostenmanagement der Fluggesellschaften.

Risikofaktoren für die Genesung der Luftfahrt gibt es da­ge­gen jede Menge – und manche dieser Faktoren dürften die Branche auch ins nächste Jahr begleiten. Etwa der hohe Öl­preis, der die Ausgaben für Flugbenzin deutlich nach oben treibt. Oder die steigende Inflation, die auch die sonstigen Kosten nicht nur für Fluglinien erhöht. Die Geldentwertung sorgt zudem dafür, dass die Reiselust womöglich einen Dämpfer erhält und mehr und mehr Verbraucher sich den ein oder anderen Urlaub sparen. Das gilt sicher erst recht, wenn Airlines mit höheren Preisen auf die gestiegenen Kosten reagieren. „Ein Teil der Kundschaft wird dann herausgepreist“, hat es ein Analyst kürzlich trefflich formuliert.

Auf noch wackligeren Beinen als die Erholung im touristischen Geschäft steht derweil die Entwicklung im Geschäftsreisendensegment, das in der Vor-Corona-Zeit häufig wichtigster Ergebnisbringer war. Zudem liegt hier vor allem der einstmals wichtige Markt Richtung China noch darnieder, weil im Reich der Mitte immer wieder mit Lockdowns auf Corona-Infektionen reagiert wird. Auch damit dürfte es so schnell nicht vorbei sein. In Folge suchen nun alle ihr Heil auf den Nordatlantikstrecken, was dort zu einem Preiskampf führen könnte – eine Entwicklung, die sich im Übrigen alle paar Jahre wiederholt und Margenschwund zur Folge hat.

Für das laufende Jahr prognostiziert der Airline-Verband deutlich auf knapp 10 Mrd. Dollar abschmelzende Verluste, nach −140 Mrd. Dollar 2020 und −42 Mrd. Dollar im Folgejahr. Schon das scheint ambitioniert angesichts des Ölpreises und vor dem Hintergrund der zunehmenden konjunkturellen Verwerfungen. Gerade in Europa kommt hinzu, dass die Branche wegen der Personalengpässe am Boden und in der Luft zurzeit nicht so viel fliegt, wie sie gerne fliegen möchte, um zumindest die Sommersaison voll ausschöpfen zu können.

Die IATA kann natürlich vorhersagen, was sie will, anders als im Fall von verfehlten Unternehmensprognosen wird keiner ab­gestraft, wenn es dann doch anders kommt. So ein Verband darf deshalb durchaus auch mal auf ein Wunder hoffen und das als Prognose verpacken.

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