Wahl in Italien

Was Meloni für die EU bedeutet

In der EU-Russland- und der Klimapolitik dürfte der erwartete Regierungswechsel in Italien wenig ändern. Für Streit zwischen Rom und Brüssel könnte allerdings einmal mehr die Finanzpolitik sorgen.

Was Meloni für die EU bedeutet

Auch wenn das Geschrei auf dem Spekulationsbasar schon groß ist: Noch kann niemand sagen, wie eine Regierung der italienischen Wahlsiegerin Giorgia Meloni aussehen und was sie genau für die EU bedeuten wird. Klar ist aber, dass es eine Machtverschiebung im Europäischen Rat gibt, wozu auch die neue schwedische Regierung beiträgt. Zusammen mit Polen und Ungarn hätte dieses rechts­nationale Vier-Länder-Bündnis zwar keine Vetomacht gegen eine qualifizierte Mehrheit. Aber einvernehmliche Verständigungen der Staats- und Regierungschefs dürften auf den künftigen Gipfeln schwieriger zu organisieren sein, was sich unter anderem beim Vorgehen gegen Rechtsstaatsverstöße und in der Migrationspolitik zeigen könnte.

Die Außenpolitik der Union, insbesondere bei der Sanktionierung Russlands und der Unterstützung der Ukraine, dürfte sich durch die Italien-Wahl dagegen kaum ändern, wird Meloni doch eine starke transatlantische Ader nachgesagt, die insbesondere auch auf Härte gegen Russland und China setzt. Ihre Koalitionspartner, die Putin-Freunde Matteo Salvini und Silvio Berlusconi, dürften angesichts ihrer schwachen Wahlergebnisse wenig andere Akzente setzen können.

In den Ministerräten wird es Meloni hingegen kaum noch gelingen, den Green Deal entscheidend auszubremsen, um neue Wohltaten für die Industrie ihres Landes herauszuholen. Dafür ist das zentrale EU-Legislativpaket „Fit for 55“ schon zu weit im Gesetzesprozess fortgeschritten. Auch eine Neuverhandlung des Wiederaufbaufonds, aus dem Italien sagenhafte 191,5 Mrd. Euro an Zuschüssen und Krediten erhält, ist nur bedingt möglich. Die nationalen Ausgabenpläne, die von Brüssel genehmigt wurden, enthalten fest definierte Projekte mit zahlreichen Milestones, ohne deren Erreichen keine neuen Tranchen ausgezahlt werden. Die EU-Kommission will Änderungen der Pläne zulassen, wenn das Geld dann stärker der Bekämpfung der Energiekrise dient. Es ist damit nun Aufgabe der Behörde, dafür zu sorgen, dass der EU-Wiederaufbaufonds nicht aufgeweicht wird.

Die Finanzpolitik dürfte das sensibelste Thema im künftigen Verhältnis Rom/Brüssel sein: Auch wenn es keinen erneuten Haushaltsstreit gibt, wie ihn Salvini 2018/19 vom Zaun gebrochen hatte – eine harte Reform der EU-Fiskalregeln ist durch den Wahlsieg Melonis wohl noch unwahrscheinlicher geworden. Und dann gibt es ja auch noch die Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), die Italien noch nicht ratifiziert hat. Diese Reform könnte – einschließlich des Backstop für den europäischen Bankenabwicklungsfonds – nun erst einmal komplett zur Disposition stehen – trotz der aktuellen Krise. (Börsen-Zeitung,

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