Restrukturierung

Restrukturierer schauen auf ESG

ESG-Faktoren rücken bei Sanierungskonzepten immer stärker in den Fokus. Refinanzierungen sind ohne ESG-Konformität nur schwer zu bekommen, mahnen Restrukturierer. Auch Debt-Fonds scheuen vor Investments zurück.

Restrukturierer schauen auf ESG

r Frankfurt
sa

ESG-Faktoren sind für Refinanzierungen und Restrukturierungen inzwischen ein zentraler Faktor. Das zeigt eine Umfrage zu „ESG als Katalysator für Finanzierungen und Restrukturierungen“ der Heidelberger Gemeinnützigen Gesellschaft für Unternehmensrestrukturierung, die wesentlich von Partnern der Kanzlei Wellensiek und der Strategieberatung Roland Berger getragen wird. Befragt wurden gut 200 Experten aus Geschäftsbanken in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Geschäftsmodell gesucht

Die größte strategische Herausforderung bei der ESG-Transformation liegt nach Einschätzung von 83% der Teilnehmer darin, Geschäftsmodelle zukunftsfähig aufzustellen, so dass diese auch unter Einhaltung strenger ESG-Auflagen noch Bestand haben. Dies ist auch eine zentrale Frage, wenn es um die Zukunftsfähigkeit kriselnder Unternehmen geht. Ob diese noch eine Perspektive haben, hängt immer stärker davon ab, ob ESG-Aspekte im Sanierungskonzept reflektiert sind.

Eine Nichtbeachtung könne zu einem Refinanzierungshindernis und damit zu einem akuten oder nachgelagerten Krisenauslöser werden, schreiben die Autoren. Daran hänge letztlich auch die Fortführungsprognose eines Unternehmens.

Nahezu einhellig sind die Umfrageteilnehmer der Meinung, dass die verschiedenen ESG-Aspekte im Rahmen von Refinanzierungen zunehmend eine Rolle spielen werden. Besonders relevant wird dieser Aspekt für diejenigen Unternehmen, die die ESG-Kriterien eindeutig nicht erfüllen können. Wer bislang kein ESG-konformes Geschäftsmodell hat, muss sich der Studie zufolge auf Schwierigkeiten bei der nächsten Refinanzierung einstellen – es drohten zumindest „spürbar höhere Finanzierungskosten“, schreiben die Autoren.

Allerdings könnte eine fehlende ESG-Planung auch dazu führen, dass Finanzierungsverhandlungen komplett scheitern: Schon heute schauen Geldgeber darauf, ob sich ESG-bedingte Risiken negativ auf das Geschäft des Kreditnehmers oder auf die Reputation einer kreditgebenden Bank auswirken könnten. In Einzelfällen könne es vorkommen, dass Banken mangels ESG-Konformität gar keine Refinanzierung anbieten können, schreiben die Autoren – entsprechende Fälle gebe es in der Restrukturierungspraxis bereits. Alternative Finanzierer wie Debt-Fonds werden diese Lücke wohl nur begrenzt füllen können: Mit Blick auf die eigenen Investoren seien einige Anbieter eher zögerlich, eindeutig nicht-ESG-konforme Investments zu tätigen.

Green Bonds legen zu

Bei Unternehmen, die bereits eine ESG-Agenda haben, sind dagegen grüne Finanzierungsprodukte auf dem Vormarsch: Weltweit lag das Neuemissionsvolumen bei Green Bonds 2021 bei rund 550 Mrd. Euro (2020: 230 Mrd. Euro), schreiben die Autoren. Etwa 6,5% des europäischen Anleihenmarktes entfielen demnach schon auf Green Bonds. In den kommenden 24 Monaten erwarten 95 % und damit nahezu alle Umfrageteilnehmer eine weitere Zunahme von Green-Finance-Produkten in ihrem Portfolio.

Noch ist das Angebot an grünen Finanzierungsprodukten bei den Geschäftsbanken jedoch ausbaufähig: Gut die Hälfte der Befragten (55 %) begleitet zurzeit schon Emissionen von Green Bonds. 45 % bieten grüne Schuldscheine an, 40 % ESG-Linked-Schuldscheine und ESG-Linked Bonds, und weitere 35 % haben ESG-Linked Loans im Portfolio.

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