Autoindustrie

Verbrenner-Aus in der EU kommt nur für Pkw

Ab 2035 dürfen nur noch Autos mit alternativen Antrieben auf den Markt. Von einem Verbrenner-Verbot für Lkw und Busse sieht die EU-Kommission ab. Die Autobranche läuft gegen ein anderes Vorhaben Sturm.

Verbrenner-Aus in der EU kommt nur für Pkw

Das Aus für Verbrenner in der Europäischen Union ist besiegelt. Von 2035 an dürfen Hersteller nur noch Autos mit alternativen Antrieben wie Elektromotoren neu auf den Markt bringen. Dem hat eine Mehrheit des EU-Parlaments zugestimmt. Auf den letzten Metern hatte es nochmals erheblichen Widerstand vonseiten der EVP-Fraktion gegeben, der Abgeordnete von CDU und CSU angehören. Die EU-Staaten haben dem von der EU-Kommission­ eingeleiteten Verbrenner-Verbot bereits zugestimmt.

Das Verbrenner-Aus ist ein Kernelement der europäischen Klimapolitik. Die europäische Autoindustrie hat sich damit längst arrangiert. Sie hat ihre Kritik auf andere Vorhaben verlagert, die ihr wesentlich mehr Kopfschmerzen bereiten. Ab Mitte 2025 will die EU-Kommission die Grenzwerte für CO2-Emissionen noch einmal deutlich verschärfen. Gegen die neue Euro-7-Abgasnorm läuft die Branche Sturm.

Das Vorhaben der EU-Kommission zu Euro 7 sei „technisch und terminlich kaum erfüllbar“, heißt es vom Autoverband VDA. Die Weiterentwicklung der Abgasnorm müsse mit Augenmaß erfolgen und gleichzeitig sehr wirksam sein. „Dies ist in dem aktuellen Entwurf leider ausdrücklich nicht der Fall“, klagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die avisierte Frist gebe den Herstellern nicht genug Zeit, um Pkw rechtzeitig umzurüsten. Für Lkw und Busse seien die Euro-7-Normen technisch kaum zu realisieren. Zudem argumentieren Branchenvertreter, sie könnten die notwendigen Milliarden zur Umstellung auf Euro 7 besser einsetzen, indem sie in den raschen Ausbau der E-Mobilität investieren.

Auch eine von der EU-Kommission erwogene Ausweitung des Verbrenner-Verbots auf Lkw und Busse macht der Branche zu schaffen. Das ist zur Erleichterung der Industrie nun vom Tisch. Die EU-Kommission hat ihre Pläne dahingehend entschärft und verzichtet darauf, die in Nutzfahrzeugen weit verbreiteten Dieselantriebe de facto zu verbieten. Das sei technologisch in absehbarer Zeit nicht möglich, räumte der für Klimaschutz zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans ein.

In der Industrie sorgt das Entgegenkommen für gewisse Erleichterung: Der Maschinenbauverband VDMA begrüßt, dass die EU-Kommission der Industrie „mehr Spielraum“ lässt. Gleichwohl setzt die EU-Kommission CO2-Reduktionsziele, die als sehr ambitioniert wahrgenommen werden: Bis 2040 müssen Hersteller von Nutzfahrzeugen die Emissionen ihrer Lkw und Busse um 90% gegenüber 2019 drücken. Bis dahin sind Zwischenziele zu erfüllen. VDA-Präsidentin Müller moniert: „Die EU verschärft die CO2-Grenzwerte deutlich, ohne dabei notwendige flankierende Maßnahmen zu verabschieden und damit einen tatsächlich realisierbaren Hochlauf alternativer Antriebe sicherzustellen.“

Für Jens Gieseke, den verkehrspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Gruppe und zuständigen Berichter­statter der EVP-Fraktion im Europaparlament, ist die EU-Kommission zu­mindest in Sachen Lkw und Busse „auf den letzten Metern zur Vernunft gekommen“. Mit dem nun besiegelten Verbrenner-Aus für Pkw ab 2035 geht Gieseke dagegen hart ins Ge­richt. Die Entscheidung bezeichnet er als „herben Schlag für den Industriestandort Deutschland“ und „Irrsinn“. Damit sei die EU auf einem „tech­nologiefeindlichen Holzweg“, kritisierte Gieseke in einer kontrovers ge­führten Debatte in Straßburg. Das Parlament habe die letzte Ausfahrt verpasst, um das Vorhaben zu stoppen.

Auch aus Berlin kamen kritische Töne. Bundesverkehrsminister Volker Wissing betonte, um die Klimaziele zu erreichen, müssten alle Möglichkeiten und Technologien offengehalten werden. „Wir dürfen nicht auf E-Fuels verzichten“, so der FDP-Po­litiker. Sowohl für die Bestandsflotte als auch für neue Fahrzeuge bö­ten E-Fuels klimaneutrale Mobilität mit Verbrennungsmotoren. Verschiedene Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU­ stießen in das gleiche Horn und kritisierten die Technologiefeindlichkeit der Brüsseler Be­schlüsse. Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Bareiß, sprach von einem „gefährlichen Irrweg“, der die Mobilität verteuere.

Bei Grünen und SPD im EU-Parlament sieht man das vollkommen anders. „Europa meldet sich zurück im Rennen um die reichweitenstärk­s­ten Batterien und modernsten Autos“, applaudiert Michael Bloss, Verhandlungsführer der Grünen. „Die Industrie braucht Planungssicherheit – und diese geben wir ihr.“ Für den klimapolitischen Sprecher der Sozialdemokraten, Tiemo Wölken, hat das EU-Parlament den Weg weg vom Verbrenner abgesichert, „auf den sich Automobilhersteller schon lange gemacht haben“.

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