Industriekonzern

ABB holt mehr Aufträge trotz Inflation

Der größte Schweizer Industriekonzern erfreut sich auch in Zeiten exorbitant steigender Preise einer weiterhin regen Nachfrage. Ob es auch im Gesamtjahr so weitergeht, kann Chef Björn Rosengren allerdings nicht sagen.

ABB holt mehr Aufträge trotz Inflation

kro Frankfurt

Der Schweizer Elektrotechnikkonzern ABB schaut angesichts voller Auftragsbücher noch immer zuversichtlich auf die kurzfristige Geschäftsentwicklung. „Die Nachfrage war in den ersten zwei Wochen im April sehr stark“, sagte Konzernchef Björn Rosengren bei der Vorstellung der Zahlen zum ersten Quartal. Noch würden die Kunden die sukzessiven, inflationsbedingten Preiserhöhungen akzeptieren und weiter Bestellungen aufgeben. Es sei auch davon auszugehen, dass dies noch im Laufe des gesamten zweiten Quartals so weitergehen wird. „Es ist aber schwer zu sagen, wie sich die Situation im Gesamtjahr entwickeln wird“, räumte der CEO des Siemens-Rivalen ein. Das Problem der unaufhörlich steigenden Kosten sei auch für die 130 Jahre alte ABB eine neue Erfahrung. Man habe aber früh damit begonnen, diese weiterzugeben.

Knifflige Neuverhandlungen

In manchen Bereichen, wie in der Robotik, gestaltet sich dieses Thema aber auch für einen so großen Konzern wie ABB schwierig. Denn die Kunden bestellen ihre Industrieroboter oft bis zu einem Jahr im Voraus. „Hier ist es sehr schwer, den Preis zu erhöhen, wenn man ihn einmal akzeptiert hat“, erklärte Rosengren. Dasselbe Problem bestehe auch in der Sparte Distribution Solutions, der größten Division des Geschäftsbereichs Elektrifizierung. Hier bietet ABB große Elektroinstallationen für die Prozessindustrie. Die Auftragsbücher erstrecken sich dabei teils über mehrere Jahre.

In der Profitabilität haben somit zwar beide Geschäftsbereiche zum Jahresbeginn nachgelassen. Doch fiel der Margenrückgang in der Robotik mit fast 6 Prozentpunkten deutlich heftiger aus als in der Elektrifizierung, wo das Minus nur knapp ein Prozentpunkt betrug. Der Sparte machen nicht nur die langen Zeiträume bis zur Auslieferung, sondern auch der Chipmangel stark zu schaffen. Die Versorgungssituation habe sich im Vergleich zum Vorquartal verschlechtert, hieß es. Dass zudem eine der drei chinesischen Produktionsstätten von ABB wegen der strikten Null-Covid-Politik seit drei Wochen geschlossen ist, sei auch nicht hilfreich, sagte Rosengren. In der Fabrik in Schanghai werden vornehmlich Roboter gefertigt. Im ersten Quartal hat sich der Shutdown noch nicht wesentlich auf das operative Geschäft ausgewirkt. Dem Management zufolge dürfte dies aber im zweiten Quartal der Fall sein.

Ladesäulensparte vor IPO

Grundlegend rechnet Rosengren damit, dass sich die Sparte, die als einzige im ersten Quartal einen deutlichen Umsatzrückgang von 12% auf vergleichbarer Basis verzeichnet hat, bald wieder berappelt. „Wir dürften im nächsten Quartal eine Verbesserung der Performance sehen und in der zweiten Jahreshälfte eine erhebliche Verbesserung“, so der Schwede. Am Ziel einer Steigerung der konzernweiten Marge auf mindestens 15% ab 2023 hält er nach wie vor fest, ebenso wie an dem Plan, das Geschäft mit der Ladesäulentechnik im zweiten Quartal an die Börse zu bringen. Beobachter hatten den Jahresausblick mehrfach als zu vage beziehungsweise schwach kritisiert.

Eine Entscheidung über die Zukunft des Turbolader-Geschäfts steht bei ABB ebenfalls noch aus. Rosengren will die hochprofitable Division entweder verkaufen oder via Börsengang abspalten, wobei der CEO nach wie vor Letzteres favorisiert. Man wolle in der Sache nichts überstürzen, sagte er, nehme sich aber vor, hier bis vor dem Ende des zweiten Quartals Fakten zu schaffen.

Zu guter Letzt muss Rosengren in absehbarer Zeit auch noch über eine andere Angelegenheit befinden, die nicht so sehr das Geschäft, wohl aber die Außenwirkung des Konzerns beeinflussen könnte. „Die Frage, ob wir in Russland nun alle Aktivitäten runterfahren, rückt näher“, sagte der Manager. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte ABB keine neuen Aufträge aus dem Land mehr angenommen und die 750 Mitarbeiter bei Lohnfortzahlung für zunächst drei Monate nach Hause geschickt. Mit Ablauf dieser Frist müsse man hier eine Entscheidung treffen, sagte Rosengren. „Ich erwarte, dass dies irgendwann im Sommer der Fall sein wird.“

Kaum Umsatz in Russland

Im Vorjahr trug das Geschäft in Russland 1 bis 2 % zum Konzernumsatz bei. Man sei zwar jetzt nicht mehr wirklich in dem Land aktiv, müsse aber einige Aufträge auf jeden Fall noch abarbeiten, da der Konzern rechtlich dazu verpflichtet sei.

An der Börse reagierten Anleger positiv auf das präsentierte Zahlenwerk von ABB. Die Aktie legte in der Spitze um fast 7% zu. Das Analysehaus Jefferies hob unter anderem den rekordhohen Auftragseingang hervor, der mit 9,4 Mrd. Dollar üppiger ausgefallen sei, als erwartet.

ABB
Konzernzahlen nach US-GAAP
1. Quartal
in Mill. Dollar20222021
Auftragseingang93737756
Umsatz69656901
Operatives Ebita997959
Operative Ebita-Marge (%)14,313,8
Reingewinn604502
Operativer Cashflow(573)543
Börsen-Zeitung