Scorecard

DVFA mahnt Governance-Verbesserungen an

Seit langem fordern Investoren Fortschritte in der Corporate Governance ein, vielerorts lassen Verbesserungen aber auf sich warten, wie aus der jüngsten Scorecard der DVFA hervorgeht.

DVFA mahnt Governance-Verbesserungen an

swa Frankfurt

Mit der Verbesserung der Corporate Governance geht es aus Anlegersicht in vielen Unternehmen nur schleppend voran. Auch große Konzerne lassen es an Transparenz mangeln oder zeigen wenig Ambitionen, für mehr Diversität sowie Nachhaltigkeit in der Vorstandsvergütung zu sorgen und mit Investoren in den Dialog zu treten.

Wie aus der jüngsten Analyse der DVFA im Rahmen einer Scorecard hervorgeht, sind zwar in einigen Governance-Themen Verbesserungen festzustellen, dafür lassen viele Unternehmen an anderen Stellen guter Unternehmensführung und -kontrolle wieder nach.

 Der Investorenverband erstellt seit 2016 jährlich eine Governance-Scorecard für den Dax, die Konzerne aus dem MDax werden seit 2019 unter die Lupe genommen, 2022 wird das Ranking erstmals auch für den SDax veröffentlicht. Ausländische Gesellschaften bleiben außen vor, weil sie nicht dem Regime des Governance-Kodex unterliegen. Die DVFA hat die Scorecard als Instrument etabliert, um auf dieser Grundlage in einen fundierten Dialog mit den Unternehmen gehen zu können.

Die Auswertung basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen, die Unternehmen bekommen die Möglichkeit, ihr Feedback zu geben – wovon immer mehr Firmen Gebrauch machen. „Die Unternehmen nehmen es mit der Außensicht auf die Governance-Qualität ernster“, sagt Christina Bannier, Inhaberin des Lehrstuhls für Banking & Finance an der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie wissenschaftliche Leiterin des Sustainable Governance Lab, das die Daten für die Scorecard erhoben hat. Hendrik Schmidt von DWS Investment, Leiter des Fachbeirats DVFA-Scorecard und Mitglied der DVFA-Kommission Governance & Stewardship, ergänzt: „Es gab Aufsichtsräte, die in der Hauptversammlung auf das gute Abschneiden ihres Unternehmens in der DVFA-Scorecard hingewiesen haben.“ Das zeigt aus seiner Sicht, dass die Scorecard „definitiv angekommen ist“.

Diversität unzureichend

Im Durchschnitt ergibt sich laut DVFA 2022 im Dax eine geringfügige Verschlechterung der Governance-Qualität. Im MDax ging es deutlich nach unten. Für den SDax gibt es noch kein Vergleichsjahr, die Firmen aus dem Index schneiden aber insgesamt am schlechtesten ab.Wenn man die abgefragten Themengebiete der Scorecard anschaut, fällt nach Aussage der DVFA auf, dass sich die Dax-Unternehmen im Aspekt „Aktionäre und Hauptversammlung“ deutlich verbessert haben. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass einige Gesellschaften ihren Anteilseignern in der virtuellen Hauptversammlung weitgehendere Rechte eingeräumt haben als im Vorjahr, erläutert Bannier. In MDax und SDax sehe das aber noch anders aus.

Schlechter abgeschnitten haben die Dax-Emittenten in den Themen Vorstand und Aufsichtsrat. Dies ist laut DVFA auf Schwächen in der Vorstandsvergütung zurückzuführen. Zwar hätten viele Unternehmen Nachhaltigkeitsziele in die Vergütungssysteme integriert, sie berichteten aber oft nur unzureichend darüber, was und wie sie wirklich incentivieren wollen, sagt Bannnier. Mit Blick auf den Vorstand und Aufsichtsrat moniert die DVFA vielerorts eine weiterhin unzureichende Diversität im Management sowie Defizite mit Blick auf Unabhängigkeit und individuelle Kompetenzverteilung im Aufsichtsrat.

Im Ergebnis des Rankings hat Munich Re das dritte Jahr in Folge die Spitzenposition verteidigt. Die DVFA benotet die Corporate Governance des Rückversicherers abermals mit dem Prädikat „hervorragend“. Dieses Gütesiegel ist wie im Vorjahr keinem anderen Unternehmen aus Dax, MDax und SDax angeheftet worden. Für diese Auszeichnung muss ein Unternehmen mehr als 90 % der möglichen Punkte erreichen.

Schlusslicht im Dax 30 ist wie im Turnus 2021 die Porsche Automobil Holding, deren Corporate Governance die DVFA als „mangelhaft“ bezeichnet. Dieses Zeugnis erhielt im Dax kein anderer Wert, im MDax sind es acht Unternehmen, im SDax sogar 29 Gesellschaften, die einen Score-Wert von unter 50 % aufweisen.

Im Dax sind 2022 insgesamt zwölf Unternehmen mit „sehr gut“ (über 80%) eingestuft worden, im Vorjahr waren es 13. Den spektakulärsten Aufstieg hat der Chemikalienhändler Brenntag hingelegt, der sich von Platz 16 auf Rang 3 hocharbeitete. Die Dax-Unternehmen mit besonders großen Verbesserungen im Governance-Score weisen sich nach Angaben der DVFA durchweg durch Qualitätssteigerungen im Bereich Transparenz und Governance-Verpflichtungen sowie Rechnungslegung und Abschlussprüfung aus. Dazu habe insbesondere die hohe Transparenz über den Dialog mit Stakeholdern und Investoren beigetragen.

Governance-Scorecard 2022 der DVFA im Dax 1
RangUnternehmenPunkte2RangUnternehmenPunkte2
 1Munich Re92,7320Vonovia75,00
 2Deutsche Börse88,9521Deutsche Post74,71
 3Brenntag88,6622Infineon74,42
 4BASF84,8822Fresenius74,42
 5Bayer84,0124Merck73,55
 6Mercedes-Benz83,4325Adidas72,09
 7BMW83,1426SAP70,06
 8Fresenius Medical Care82,2727Symrise67,44
 8RWE82,2727MTU Aero Engines67,44
10Allianz81,6929Henkel66,57
10Deutsche Telekom81,6930Volkswagen65,41
12Beiersdorf81,4031Puma64,24
13Deutsche Bank80,2332Continental63,37
14Covestro79,3632Siemens Healthineers63,37
15Eon79,0732Hellofresh63,37
16Heidelberg Materials77,6235Hannover Rück62,79
17Siemens76,1636Sartorius59,30
17Daimler Truck76,1637Porsche Automobil 48,55
19Zalando75,58
1) Firmen mit Auslandssitz nicht enthalten; 2) in Prozent der möglichen PunktzahlBörsen-Zeitung
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