Immobilien

Enteignungs­votum in Berlin macht wenig Eindruck

Trotz des Berliner Volksentscheids für eine Vergesellschaftung von fast einer Viertelmillion Wohnungen in der Hauptstadt hält das Interesse privater Investoren an. Das M&A-Rad dreht sich weiter.

Enteignungs­votum in Berlin macht wenig Eindruck

hei Frankfurt

Der Berliner Volksentscheid, bei dem sich 56% der Teilnehmer für eine Vergesellschaftung von Immobilien in der Hauptstadt aussprechen, hat die Investoren zunächst kaum beeindruckt. Die Aktien des größten Berliner Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen sowie die des Dax-Schwergewichts Vonovia verbuchten deutliche Zuwächse. Das Gleiche galt für den MDax-Konzern LEG Immobilien.

Vonovia treibt den geplanten Zusammenschluss mit Deutsche Wohnen voran und hat nach eigenen Angaben nun die Mehrheit des Aktienkapitals des Berliner Unternehmens erworben. Für den rund 19 Mrd. Euro schweren Deal war ein neuer Anlauf nötig geworden, nachdem der vorherige an der von Vonovia gesetzten Mindestannahmequote gescheitert war. Die Bochumer hatten daraufhin ihre Offerte um 1 auf 53 Euro je Aktie nachgebessert, zugleich aber deutlich gemacht, dass dies das letzte Wort sei. Nunmehr wurden eine Woche vor Ablauf der Angebotsfrist bereits über 50% von Deutsche Wohnen angedient. Deren Investoren entgehen damit der sich abzeichnenden Hängepartie im Zusammenhang mit dem Volksentscheid.

Allerdings stößt die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, die gefordert hat, rund 240000 Berliner Wohnimmobilien zu vergesellschaften, mit einer Entschädigung „deutlich unter dem Verkehrswert“, nicht nur in der Immobilienbranche auf Widerstand. Auch SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey, die die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus gewonnen hat und als künftige Rathauschefin gilt, ist eine dezidierte Gegnerin der geplanten Enteignung. Sie teilt die von der Branche unisono vorgetragene Meinung, dass die gigantische Entschädigungssumme, die an die privaten Konzerne zu leisten wäre, besser in Neubau und Modernisierung von Wohnungen gesteckt werden sollte. Zwar hat Giffey zu Protokoll gegeben, dass der Willen der Berliner respektiert werden müsse. Deshalb sollte ein Gesetzentwurf erarbeitet werden. „Aber dieser Entwurf muss dann eben auch verfassungsrechtlich geprüft werden“, fügte sie hinzu.

Derweil ließ Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD, schon mal wissen, dass die Ziele des Volksentscheids nicht „verfassungskonform in ein Gesetz überführt werden“ könnten. „Schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitsgrundsatzes lässt sich ein Enteignungsgesetz nicht verfassungsfest aufstellen“, betonte er. Branchenvertreter wie der Zentrale Immobilien Ausschuss in Berlin wiesen darauf hin, dass für die notwendige Entschädigungssumme von „bis 36 Mrd. Euro“ alternativ 137000 Wohnungen gebaut werden könnten. Dies sei der Bedarf von Berlin im Jahr 2019 gewesen. Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch setzt unterdessen auf „konstruktive Lösungen“. Er warnte zugleich, eine Enteignung „würde die Situation jedoch nicht verbessern, sondern nur verschlimmern. Es würde keine einzige neue Wohnung entstehen und Investitionen in die Modernisierung würden zum Erliegen kommen“.

Unterdessen lassen sich private Investoren vom lukrativen Berliner Wohnimmobilienmarkt nicht ab­schrecken. Die schwedische Immobiliengesellschaft Akelius reicht gut 14000 Hauptstadt-Wohnungen an den ebenfalls schwedischen Rivalen Heimstaden weiter. Der Berliner Bestand macht fast die Hälfte eines Portfolios von rund 28800 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Dänemark aus, für das Heimstaden nach eigenen Angaben umgerechnet 92,5 Mrd. skr (9,1 Mrd. Euro) hinblättert. Hierzulande verdreifacht Heimstaden, die bereits Wohnungen in Halle (Saale), Magdeburg und Rostock besitzt, ihr Portfolio.

Wertberichtigt Seite 6

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