Gewinnsprünge trotz Zollsorgen

Microsoft und Meta brechen aus Big-Tech-Misere aus

Microsoft und Meta Platforms haben mit ihrer Gewinnentwicklung im ersten Quartal die Erwartungen getroffen. Doch Sorgen um einen Abschwung im Cloud- und Werbegeschäft halten sich.

Microsoft und Meta brechen aus Big-Tech-Misere aus

Microsoft und Meta scheren aus Big-Tech-Misere aus

xaw New York

Nach einem für seine Verhältnisse äußerst schwachen Start ins Jahr erhält das Big-Tech-Set wieder positive Impulse. Sowohl Microsoft als auch Meta Platforms haben mit ihren Ergebnissen für den Zeitraum zwischen Januar und März die Erwartungen der Wall Street übertroffen, wobei insbesondere der Softwareriese aus Redmond, Washington, mit einer überraschenden Stärke im Cloud-Geschäft die Sorgen der Investoren vor einem langsameren Wachstum dämpfte. Im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2025 wuchs die bei Anlegern unter besonderer Beobachtung stehende Sparte Azure, in der das Geschäft von Microsoft mit der Bereitstellung von Rechenleistung angesiedelt ist, zum Vorjahr währungsbereinigt um 35%. Die Konsensprognose hatte lediglich auf 31% gelautet.

Stabile „Nachfragesignale“

Damit trug sie entscheidend zu einem konzernweiten Erlösanstieg um 13% auf 70,07 Mrd. Dollar bei. Der operative Gewinn lag mit 32 Mrd. Dollar 6% über den an der Wall Street herumgereichten Schätzungen, unter dem Strich blieben 25,8 Mrd. Dollar und damit 18% mehr als im Vorjahr hängen. Dies entsprach einem verwässerten Gewinn von 3,46 Dollar pro Aktie, Analysten hatten lediglich 3,22 Dollar vorhergesagt.

Microsoft-CEO Satya Nadella sieht Software als Schlüssel zur Inflationsbekämpfung. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jeff Chiu.

Finanzchefin Amy Hood sprach von stabilen „Nachfragesignalen“ im laufenden Monat. Die Unternehmenskunden, über die Microsoft den Großteil ihres Umsatzes generiert, streichen ihre Technologiebudgets demnach also trotz der Unsicherheit um die Effekte von US-Strafzöllen gegen Handelspartner, die dem technologielastigen Nasdaq Composite in den ersten 100 Tagen der Amtszeit Donald Trumps einen Absturz um 11% und damit den schwächsten Start in eine Präsidentschaft seit George W. Bushs erster Administration 2001 beschert haben, noch nicht zusammen. CEO Satya Nadella bezeichnete Software als „wertvollste Ressource, um jede Art von Inflationsdruck zu bekämpfen und aus weniger mehr machen zu können“.

Furcht vor Cloud-Abschwung

Aus den Prognosen zur Entwicklung der einzelnen Sparten im kommenden Quartal geht hervor, dass Microsoft für den Zeitraum zwischen April und Juni wohl einen Konzernerlös von 73,7 Mrd. Dollar erwartet, das wären 2% mehr als zuvor an der Wall Street erwartet. Im nachbörslichen New Yorker Handel legte die Microsoft-Aktie darauf zeitweise um über 8% zu. Auf Jahressicht hatte sie bis Handelsschluss am Mittwoch lediglich 1,5% an Wert gewonnen und dem Großteil der Big-Tech-Rivalen weit hinterhergehinkt. Ausnahme dabei ist die Cloud- und Suchmaschinen-Konkurrentin Alphabet, deren Kurs im gleichen Zeitraum rund 2,5% sank – allerdings hat die Google-Mutter zuletzt auch zwei wegweisende Kartellprozesse verloren, was bei Investoren die Furcht vor einer Zerschlagung weckt.

Die Microsoft-Aktionäre trieben zuletzt hingegen Sorgen vor einem fundamentalen Abschwung im Cloud-Geschäft um. Denn das Wachstum von Azure war im Ende Dezember abgeschlossenen zweiten Geschäftsquartal hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zugleich geht die Furcht um, dass sich die Konzerne vom Boom um künstliche Intelligenz mitreißen lassen und unbedacht in die Zukunftstechnologie investieren, statt gezielt die Position in ihren Kerngeschäften zu stärken.

Gewaltige Ausgabefreude trotz DeepSeek-Debakel

Seit Jahresbeginn hat sich diese noch verschärft. Damals lancierte das chinesische Startup DeepSeek seinen Chatbot „R1“, dessen Performance schnell mit jener führender US-Modelle mithalten konnte – und das, obwohl den Entwicklern aus dem Reich der Mitte aufgrund von Exportkontrollen schon unter der Regierung des ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden weniger fortschrittliche Chips zur Verfügung standen und sie wohl nur einen Bruchteil der Mittel investiert haben, die US-Konkurrenten in ihre Anwendungen gesteckt haben.

Der Aufstieg von DeepSeek hat Zweifel an den KI-Investitionsplänen großer US-Tech-Konzerne gesät. picture alliance / NurPhoto | Klaudia Radecka

Doch hat das DeepSeek-Debakel die Ausgabefreude der Tech-Riesen offenbar nur angeheizt. Wie aus Kommentaren der CEOs in Analystenschalten zu Jahresbeginn hervorgeht, wollen allein Microsoft, Alphabet, Meta und Amazon ihre Ausgaben für KI-Technologie und Datenzentren 2025 auf über 320 Mrd. Dollar ankurbeln, im Vorjahr summierten sich die gesamten Kapitalaufwendungen auf 230 Mrd. Dollar. J.P. Morgan ging im vergangenen Jahr sogar davon aus, dass die „Glorreichen Sieben“, zu denen auch Apple, Nvidia und Tesla gehören, die Investitionsausgaben im laufenden Turnus auf 500 Mrd. Dollar steigern würden.

Alphabet lässt Investoren im Unklaren

Alphabet legte dabei zuletzt schon kräftig vor. Für das Gesamtjahr peilt der die Google-Mutter weiter Kapitalaufwendungen von 75 Mrd. Dollar an, hat im ersten Viertel aber schon mehr ausgegeben als die prognostizierten 17 Mrd. Dollar. Zugleich lässt sie ihre Anleger im Unklaren: Alphabet gibt mit ihren Quartalsberichten traditionell keine detaillierten Prognosen zur finanziellen Performance ab.

Auch die von Anlegern erhofften Kommentare zu den Effekten des von Trump losgetretenen Handelskriegs auf die Ausgabebereitschaft von Cloud- und Werbekunden sparte sich Finanzchefin Anat Ashkenazi während der Analystenschalte zur Zahlenvorlage in der vergangenen Woche. Investoren hatten sich zumindest Fingerzeige zum Geschäft mit chinesischen Kunden erhofft. Trump hat die Zölle auf Einfuhren aus dem Reich der Mitte auf 145% angehoben, zuletzt aber sanftere Töne gegenüber Peking angeschlagen. Chinesische Offizielle bestreiten indes, Verhandlungen begonnen zu haben, und zeigen sich bereit für einen langen Handelskrieg.

Washington will Status festigen

Derweil arbeitet die Regierung in Washington daran, die Führungsposition des KI-Standorts USA zu festigen. Präsident Donald Trump präsentierte bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Januar das Joint Venture „Stargate“, über das OpenAI, der japanische Technologieinvestor Softbank und der Datenbankriese Oracle über die kommenden vier Jahre bis zu 500 Mrd. Dollar in die amerikanische Rechenzentren-Infrastruktur stecken sollen. Unternehmen wie Apple ziehen mit großvolumigen Investitionsankündigungen für den Standort nach. Zudem will der taiwanesische Auftragsfertiger TSMC zusätzliche 100 Mrd. Dollar in den Ausbau seiner Produktionskapazitäten in Arizona stecken. An dem Standort hat der Weltmarktführer bisher bereits 65 Mrd. Dollar gebunden.

US-Präsident Donald Trump bei Verkündung der „Stargate“-Partnerschaft mit Softbank-CEO Masayoshi Son, Oracle-Gründer Larry Ellison und OpenAI-Chef Sam Altman (v.l.). Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson

Auch Microsoft-CEO Nadella hob in seinen Kommentaren zum Quartalsergebnis einmal mehr die transformative Bedeutung von künstlicher Intelligenz und Cloud-Technologie hervor. Diese seien „die essenziellen Inputs für jedes Unternehmen, um den Output zu steigern, die Kosten zu senken und das Wachstum zu beschleunigen.“ Das KI-Geschäft von Microsoft befinde sich auf Kurs, im nächsten Quartal einen annualisierten Umsatz von 10 Mrd. Dollar zu erreichen. „Damit wäre es der Geschäftszweig, der diesen Meilenstein in unserer Geschichte am schnellsten erreicht hat“, betonte Nadella. Der Konzern baue nun „die nächste Generation der KI-Infrastruktur auf“, wobei die Partnerschaft mit der für ihren Textgenerator ChatGPT bekannten Technologieschmiede Open AI „weiterhin Resultate“ liefere.

Meta will Aufwendungen ankurbeln

Tatsächlich hat Microsoft die Investitionsausgaben im abgelaufenen Quartal mit 21,4 Mrd. Dollar aber sogar rund 1 Mrd. Dollar unter der vom Analysedienst Visible Alpha erfassten Konsensschätzung gehalten. Laut Finanzchefin Hood dürften die Kapitalaufwendungen im kommenden, am 1. Juli beginnenden Geschäftsjahr weiter steigen – allerdings langsamer als im aktuellen Turnus, in dem sie nach Konzernprognosen um 57% anziehen dürften.

Bei Meta Platforms ist von solcher Vorsicht nichts zu hören. Die Facebook-Mutter geht nun davon aus, dass die Kapitalaufwendungen aufgrund von Investitionen in künstliche Intelligenz im Gesamtjahr zwischen 64 und 72 Mrd. Dollar liegen werden, zuvor hatte das Unternehmen 60 bis 65 Mrd. Dollar angepeilt. Analysten führen die verlangsamten Buyback-Aktivitäten von Meta darauf zurück, dass der Social-Media-Konzern Cash für KI-Ausgaben zurückhält. Das Volumen der Aktienrückkaufprogramme lag im ersten Quartal 11% unter jenem des Vorjahreszeitraums, im vierten Quartal hatte die Facebook-Mutter ganz auf Buybacks verzichtet hatte.

Zuckerberg verspricht hohe Renditen

CEO Mark Zuckerberg versprach in einer Analystenschalte hohe Returns auf die Investitionsausgaben. Diese würden sich in „verbesserter Werbung, stärker bindenden Nutzererfahrungen, der Entwicklung von Diensten für geschäftliche Nachrichten“ und der Entwicklung eigener KI-Lösungen sowie mit KI ausgestatteter Endgeräte ausdrücken. Im ersten Quartal steigerte Meta die Erlöse trotz Sorgen um negative Effekte von Trumps Strafzöllen auf das Werbegeschäft überraschend stark um 16% auf 42 Mrd. Dollar. Der Nettogewinn legte um 35% auf 16,64 Mrd. Dollar zu.

Mark Zuckerberg ist zuletzt daran gescheitert, eine Kartellklage gegen Meta abzuwehren. Foto: picture alliance/Associated Press | Jeff Ciu.

Für das laufende Quartal stellt Meta ein Umsatzwachstum um 8 bis 16% in Aussicht. Die optimistische Prognose verlieh der Aktie im nachbörslichen New Yorker Handel Auftrieb, zeitweise legte der Titel um über 5% zu. Bisher ist Meta, die stark vom digitalen Werbegeschäft und seit einigen Jahren auch zunehmend von chinesischen Kunden abhängig ist, eins der Unternehmen, dass seit der Verkündung von Trumps Zöllen Anfang April an der Börse am schwersten unter Druck steht. Analysten sehen bereits erste Zeichen dafür, dass Werbekunden ihre Ausgaben zurückfahren. Die Snap-Aktie stürzte am Dienstag ab, nachdem der Social-Media-Anbieter nach Gegenwind im abgelaufenen Quartal angesichts der hohen Volatilität keine Erlösprognose abgeben wollte. Meta-CFO Susan Li beobachtet ebenfalls, dass sich asiatische Kunden langsam zurückziehen.

Gefahr durch Kartellprozess

Die Facebook-Mutter ringt indes noch mit anderen Gefahren: CEO Zuckerberg scheiterte zuletzt mit seinen Versuchen, ein seit langem schwelendes Kartellverfahren gegen die Meta abzuwürgen. Der Prozess, in dem die Verhandlungen Mitte April nach jahrelangem Hin und Her starteten, dreht sich um die 1 Mrd. Dollar schwere Übernahme der Foto- und Videoplattform Instagram im Jahr 2012 und die 19 Mrd. Dollar schwere Akquisition des Messenger-Dienstes Whatsapp im Jahr 2014, durch die Meta nach Ansicht der Wettbewerbsaufsicht FTC ihr Monopol untermauerte.

Zu Jahresbeginn war der CEO laut Insidern noch zuversichtlich, das Verfahren abwenden zu können. Im März rief er demnach Andrew Ferguson, den von Trump eingesetzten neuen FTC-Chef, mit einem Angebot an: Meta werde 450 Mill. Dollar zahlen, um die ursprünglich 2020 eingereichte Klage beizulegen. Dabei sei sich Zuckerberg der Unterstützung des Präsidenten sicher, dem der 40-Jährige sich nicht nur ideologisch angenähert hatte, indem sein Unternehmen die zentrale Überprüfung von Fakten und „Beschränkungen für die freie Rede“ auf Facebook und Instagram beendete. Der Meta-Chef spendete auch 1 Mill. Dollar an das Amtseinführungskomitee Trumps und legte einen Rechtsstreit mit dem Republikaner durch eine Zahlung von 25 Mill. Dollar bei.

Zerschlagung droht

Doch Ferguson biss nicht an. Die FTC hatte 30 Mrd. Dollar von Meta gefordert, um die Klage zu den Instagram- und Whatsapp-Akquisitionen aus der Welt zu schaffen – und ihr neuer Chef war nicht bereit, für weniger als 18 Mrd. Dollar und einen gerichtlichen Bescheid einen Deal mit Zuckerberg einzugehen. Hektische Lobby-Versuche der Facebook-Mutter innerhalb der Trump-Administration scheiterten, nun sieht sich der Konzern vor Gericht harten Angriffen ausgesetzt. In letzter Konsequenz droht ihr wohl die Zerschlagung. Den aus mehreren Richtungen unter Druck stehenden Big-Tech-Vertretern, fürchten Analysten, droht nach der jüngsten Erholung vom Zoll-Schock noch ein böses Erwachen.

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