Geldpolitik

Deka rechnet nur mit vagen Signalen der EZB

Während die US-Notenbank die Zinswende eingeleitet hat, erwarten Beobachter eine abwartende Haltung der EZB. Die Kritik daran wächst vor der ersten Ratssitzung des Jahres mit Blick auf die Inflation.

Deka rechnet nur mit vagen Signalen der EZB

rec Frankfurt

Während die US-Notenbank Ernst macht im Kampf gegen die Inflation, rechnet die DekaBank lediglich mit vagen Botschaften der Europäischen Zentralbank (EZB). Im Anschluss an die erste EZB-Ratssitzung in diesem Jahr am Donnerstag sei „nicht mit eindeutigen Signalen zu rechnen“, schreibt Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann im Zinskompass des Instituts. Dieser erscheint stets vor einem Zinsentscheid der EZB in der Börsen-Zeitung. „Vielmehr wird es darum gehen, herauszuhören, wie groß die Geduld der Notenbanker noch ist, auf ein Nachlassen des Preisauftriebs zu warten“, so Tödtmann.

Wegen der unvermindert großen Inflationssorgen gerät die EZB zunehmend in Zugzwang. Weil sich der Preisauftrieb in Deutschland und anderen Euroländern entgegen den Erwartungen von Ökonomen zu Jahresbeginn kaum abgeschwächt hat, steigt der Druck auf die EZB, ihre Geldpolitik schneller als avisiert zu straffen. Allerdings hat EZB-Chefin Christine Lagarde eine baldige Zinswende nach dem Vorbild der Federal Reserve vor Kurzem ausgeschlossen. Die Kritik an dieser abwartenden Haltung nimmt wegen der anhaltend hohen Teuerung zu, vor allem in Deutschland. Immer mehr Beobachter fordern von der EZB, eine Zinserhöhung in diesem Jahr nicht länger auszuschließen.

Entsprechende Signale in diese Richtung erwarten die Volkswirte der DekaBank wie auch viele andere Beobachter nicht. Tödtmann verweist auf den „kommunikativen Spagat“ der EZB: Dem Wunsch nach Klarheit über den künftigen Kurs stehe das Bestreben nach Flexibilität entgegen, um auf einen sich verändernden Inflationsausblick reagieren zu können. Das stelle die Kommunikation der EZB vor Probleme.

Die Notenbank hatte Mitte Dezember ihre Inflationsprognosen so deutlich nach oben revidiert wie nie. Gleichwohl rechnet sie offiziell weiterhin damit, dass die Inflation 2023 und 2024 unter ihren Zielwert von 2% fällt. Die Zweifel daran wachsen allerdings von Woche zu Woche – auch im EZB-Rat.

Diese Uneinigkeit im Entscheidungsgremium der EZB betont nun auch Tödtmann. Die Auffassungen der Währungshüter wichen „zum Teil erheblich“ voneinander ab, konstatiert Tödtmann. „Diese sehr unterschiedlichen Standpunkte der einzelnen Notenbanker sowohl bei der Interpretation der aktuellen Inflationszahlen als auch bei der Einschätzung ihrer zukünftigen Entwicklung haben zur Folge, dass der EZB-Rat derzeit nicht mit einer einheitlichen Stimme sprechen kann.“ EZB-Chefin Lagarde sehe diesen Zustand womöglich gar nicht als Nachteil, weil etwaige Entscheidungen dann „auf einem soliden Fundament“ stünden, so Tödtmann.

Furcht vor abrupter Korrektur

Bei ihren Aussagen bleibe die EZB deshalb allerdings bewusst vage. Sie stelle die Verpflichtung auf das Inflationsziel von 2% auf mittlere Sicht in den Mittelpunkt. Auf diese Weise wolle sie sicherstellen, dass die Inflationserwartungen verankert bleiben. Deren Bedeutung für den weiteren Kurs der EZB rücken die Deka-Volkswirte in den Mittelpunkt. Kritiker treibt die Sorge um, eine wachsende Zahl von Finanzmarktteilnehmern, Unternehmer und Bürger könnte befürchten, dass die Preise dauerhaft das EZB-Ziel von 2% übersteigen. In diesem Fall „wäre die EZB letztlich zu einer abrupteren Kurskorrektur mit möglicherweise größeren Kollateralschäden gezwungen“, mahnt Tödtmann. Die Inflationserwartungen langfristig zu verankern sei von essenzieller Bedeutung, denn dies „verleiht den Notenbankern den notwendigen Spielraum, als temporär erachtete Sondereinflüsse auf die Inflation auszublenden“.

Die Volkswirte der DekaBank betonen, dass sich die Inflationssäule im Zinskompass mit 99 Punkten bereits äußerst nah an der technischen Obergrenze von 100 Punkten befinde (siehe Grafik). Das werfe „erhebliche Fragen über die zukünftige Geldpolitik“ auf, konstatiert Tödtmann. Demgegenüber sei die Konjunktursäule nach wie vor rückläufig. Die Euro-Konjunktur dürfte angesichts der grassierenden Omikron-Variante des Coronavirus also vorerst stottern. „Die Finanzierungssäule verbesserte sich leicht und bringt damit zum Ausdruck, dass die Ankündigung, das Wertpapierkaufprogramm PEPP im März auslaufen zu lassen, bislang zu keiner gravierenden Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen geführt hat.“ Der EZB-Rat hatte im Dezember angekündigt, das zu Beginn der Pandemie aufgelegte Notkaufprogramm PEPP ab April ruhen zu lassen. Er beabsichtigt aber, über das reguläre Kaufprogramm APP weiter Anleihen zuzukaufen. Auch hier verfährt die Fed anders: Sie wird ihre Nettokäufe in Kürze beenden und bald darauf beginnen, ihre Bilanz abzubauen.