Arbeitslosigkeit

Euro-Arbeitsmarkt hält Krise stand

Die Arbeitslosenquote in EU und Eurozone verharrt auf ihrem historischen Tief. Die Jugendarbeitslosigkeit hingegen zieht leicht an. Für die EZB wird der Arbeitsmarkt mit dem zu erwartenden Lohnwachstum zunehmend zum Risiko.

Euro-Arbeitsmarkt hält Krise stand

ast Frankfurt

Der Jobmarkt der Eurozone zeigt sich bislang weitgehend unbeeindruckt von den Rezessionssorgen. Wie das Statistikamt Eurostat am Montag bekannt gab, verharrte die Arbeitslosenquote im November saisonbereinigt bei 6,5% im gemeinsamen Währungsraum und bei 6,0% in der Europäischen Union (EU). Es ist das niedrigste Niveau seit dem Beginn der Datenreihe im Jahr 1998. Der Arbeitsmarkt zeigt sich damit weiterhin überraschend robust, während sich in der Wirtschaft die Anzeichen für eine zumindest milde Schrumpfung mehren.

Eurostat zufolge waren im November in der EU 12,95 Millionen Menschen ohne Arbeit, davon 10,85 Millionen im Euroraum. Das entspricht gegenüber dem Vorjahresmonat einem Rückgang von 875000 bzw. 846000 Arbeitslosen (Euroraum). Die niedrigste Arbeitslosenquote weist nach europäischem Konzept Tschechien mit 2,7% auf (nach 2,2% im Oktober). Auf Rang 2 folgen Deutschland und Polen mit jeweils 3,0%. Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), nannte den Arbeitsmarkt in Deutschland jüngst einen „Stabilisator“. Zwar hätten die Folgen des Ukraine-Kriegs Spuren hinterlassen, „angesichts des Ausmaßes der Belastungen fallen diese aber moderat aus“, so Nahles.

In vielen größeren Ländern wie Frankreich (−0,1 Prozentpunkte), Italien (−0,1) und Spanien (−0,1) ging die Arbeitslosigkeit zurück. Spanien könnte nach Einschätzung von Ökonomen zudem an einer Rezession vorbeikommen – als eines der wenigen großen Industrieländer in Europa. Das zeigt sich auch auf dem Arbeitsmarkt: Die Zahl der Erwerbslosen sank zum Jahresende auf den niedrigsten Stand seit 2007 vor der Finanzkrise. Auch Paris erwartet keine Rezession – nachdem sich die französische Wirtschaft im vergangenen Jahr bereits rascher von den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie und den Folgen des Ukraine-Kriegs erholte als andere EU-Partner.

Ein zugleich starker Anstieg in Österreich und Portugal – hier stieg die Arbeitslosenquote von Oktober auf November um 1,0 bzw. 0,4 Prozentpunkte auf 5,6% bzw. 6,4% – verhinderte jedoch eine noch niedrigere Quote für den gesamten Euroraum. Die rote Laterne halten auch im November Spanien (12,4%) und Griechenland (11,4%).

Die Jugendarbeitslosigkeit zog seit Oktober leicht an. Die Quote liegt bei Personen unter 25 Jahren nun bei 15,1%, nach 15,0% im Oktober. Dieser Anstieg dürfte auf die übliche saisonale Schwäche bei den Einstellungen zurückgehen, die den Arbeitsmarkt traditionell zum Jahresende prägt. Insbesondere in den südlichen EU-Staaten wie Griechenland (+3,4 Prozentpunkte auf 31,3%) und Spanien (32,3%) sind junge Leute häufiger arbeitslos als anderswo in Europa.

Herausforderungen bleiben

Experten rechnen damit, dass sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Schwäche abkühlen wird. „Da eine leichte Rezession das wahrscheinlichste wirtschaftliche Er­gebnis dieses Winters ist“, sei mit einer etwas höheren Arbeitslosigkeit zu rechnen, analysiert Bert Colijn, Senior Economist bei der ING. „Dennoch­ ist es bei einem derart robusten Arbeitsmarkt unwahrscheinlich, dass die Arbeitslosigkeit so stark ansteigt, dass der Arbeitskräftemangel der Vergangenheit angehört“, so der Ökonom.

Die Fachkräftesicherung rückt immer stärker auch in den Fokus des deutschen Bundesarbeitsministers. Bei der Vorstellung der Arbeitsmarktstatistik für 2022 bezeichnete Hubertus Heil diese als „eine zentrale Aufgabe für das anstehende Jahr“. Wirtschaftsverbände nutzten den Anlass, eine neue Arbeitsmarktpolitik zu fordern – mit einer flexiblen Arbeitszeitregelung und einer sinnvoll gesteuerten Zuwanderung.

Der brummende Arbeitsmarkt ist auch ein Risiko für die Europäische Zentralbank (EZB). „Die Chancen auf ein stärkeres Lohnwachstum bleiben ein Aufwärtsrisiko für die Inflation in diesem Jahr“, so ING-Experte Colijn. „Auch wenn es bisher keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale gibt, hat die EZB eine restriktive Haltung eingenommen und wird sich weiterhin Sorgen über einen weiteren Anstieg des Lohnwachstums machen.“