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Feindbild Premiumhersteller

Renault und Stellantis fordern von der EU Sonderregeln für Kleinwagen. Sonst drohten Werksschließungen in Europa, warnen sie.

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Autoindustrie

Feindbild Premiumhersteller

Von Gesche Wüpper

Klasse versus Masse, Nord versus Süd, Groß gegen Klein: Auf diese vereinfachte Formel lässt sich der Warnruf von Renault und Stellantis herunterbrechen. Mit einem gemeinsamen Interview im „Figaro“ versuchen Stellantis-Verwaltungsratschef John Elkann und Renault-Chef Luca de Meo die Europäische Union (EU) zu drängen, für Kleinwagen Sonderregeln zu erlauben. Ohne diese drohe der europäische Automobilmarkt bis 2035 um die Hälfte zu schrumpfen, warnen sie. Mit Schließungen von Werken und dem Verlust von Arbeitsplätzen in Europa als Folge.

Bis auf Europa würden alle anderen Länder mit einer Automobilindustrie ihre Märkte schützen, bemängeln sie. „Der Markt kauft nicht das, was Europa will, dass wir verkaufen“, argumentiert de Meo. Unter den derzeitigen Bedingungen gelänge es nicht, das aktuelle Volumen durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen. Allerdings bleiben Elkann und de Meo eine Antwort schuldig, wie die von ihnen geforderten Sonderregeln konkret aussehen sollen — abgesehen davon, dass die europäischen Normen nur für neue und nicht für existierende Modell gelten sollen, so ihr Wunsch.

Mit ihrer Warnung appellieren die beiden italienischen Manager auch an den Nationalstolz der Südeuropäer und in gewisser Weise an die Ablehnung der deutschen Übermacht, obwohl sie dies vor allem durch die Blume tun. Bei den europäischen Autobauern gebe es zwei Denkschulen, meinen Elkann und de Meo: Die von Renault und Stellantis, die 30% des europäischen Marktes ausmachten und die populäre Autos in Europa produzieren und verkaufen wollten. Dann gebe es aber auch die Premiumhersteller, für die Europa zwar auch zähle, aber weniger als der Export. Dennoch seien es die Premiumhersteller, die seit 20 Jahren die Regeln diktieren würden, kritisieren sie. Zusammen hätten die Automobilnationen Frankreich, Italien und Spanien, deren Bevölkerung vor allem Kleinwagen kauften, jedoch mehr Gewicht als Deutschland, so Elkann. Ein Feindbild aufzubauen ist eben immer einfacher, als sich selbst infrage zu stellen. Das wissen Populisten in aller Welt nur gut genug.

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