Zollfriede als Rollover-Kontrakt
China-USA
Zollfriede als Rollover-Kontrakt
Von Norbert Hellmann
Der China-USA-Konflikt wird zum Geduldsspiel. Peking kann damit gut umgehen.
Donald Trump hat es sich nicht nehmen lassen, die schon vor zwei Wochen ausgehandelte Verlängerung des Strafzollkompromisses zwischen China und den USA erst in letzter Minute abzusegnen. Für die nächsten drei Monate soll im Handelsdisput der beiden führenden Wirtschaftsnationen damit wieder Ruhe im Karton sein. Der bilaterale Deal zur Festschreibung von gegenseitigen Strafzöllen auf einem erträglichen Maß nimmt den Charakter von Terminkontrakten an Derivate-Börsen ein, die typischerweise alle drei Monate im Rollover-Verfahren fortgeschrieben werden.
Erleichterung im Markt
An den Finanzmärkten nimmt man es mit Erleichterung zur Kenntnis. Im Machtkampf zwischen Washington und Peking gibt es allein aufgrund Trumps erratischer Disposition geringe Chancen für ein tragfähiges bilaterales Abkommen mit Aussicht auf längerfristige Stabilisierung der Handelsbeziehung. „Downside-Risiken“ mit neuen Spannungen haben eine höhere Eintrittswahrscheinlichkeit. Entsprechend willkommen ist nun auch das nur bis November währende Arrangement. Umwälzungen im globalen Handelsumfeld seit Trump’s Liberation Day lassen die bloße Fortsetzung einer Pattsituation schon wie einen Befreiungsschlag aussehen.
Peking zeigt Zähne
Für Peking ist der Schlagabtausch mit Trump in seiner zweiten Auflage in mancher Hinsicht positiver ausgefallen, als zunächst erwartet werden konnte. Chinas nicht tarifäre-Waffen, allen voran das für den Streit mit Washington sorgfältig präparierte Exportkontrollregime bei seltenen Erden, zeigt deutliche Wirkung. Ein Gegengewicht zum großen Ärgernis der US-Restriktionen für High-Tech-Produkte ist damit geschaffen. Washington sieht sich als quid pro quo zu Konzessionen bei der Exportfreigabe von Chips für KI-Anwendungen genötigt und damit auch zu einer Aufweichung von sicherheitspolitischen Standards, die Chinas geopolitischen Befindlichkeiten entgegenkommt.
Gedämpfter Konjunkturschaden
Vor allem aber weiß Chinas Exportmaschinerie, die mit den jetzigen Strafzollraten verbundene Dynamikverluste im US-Geschäft durch stramm erhöhte Ausfuhren in andere Regionen erstaunlich gut abzufangen. Das verhindert ernstere konjunkturelle Schäden aus dem Handelskonflikt, die Chinas diesjähriges Wachstumsziel aus den Angeln hebt. Auf dieser Basis kann Peking nun geduldig das nächste Etappenziel angehen, nämlich den Wegfall der Strafzollkomponente von 20%, die Washington mit dem Fentanyl-Drogenproblem begründet. Das wird Zeit brauchen, weil Peking es mit Konzessionen jetzt nicht eilig hat. Der nächste Rollover deutet sich bereits an.