Im BlickfeldNotverkäufe von Private-Equity-Beteiligungen

Amerikas Eliteuniversitäten müssen ihre Schätze heben

US-Präsident Donald Trump streicht Harvard, Yale und anderen Hochschulen die Förderung zusammen und droht ihnen zugleich mit Steuererhöhungen. Das treibt ihre Stiftungsfonds zu Notverkäufen von Assets.

Amerikas Eliteuniversitäten müssen ihre Schätze heben

Amerikas Eliteunis müssen ihre Schätze heben

US-Präsident Donald Trump streicht Harvard, Yale und anderen Hochschulen die Förderung zusammen und droht ihnen zugleich mit Steuererhöhungen. Das treibt ihre Stiftungsfonds zu Notverkäufen von Private-Equity-Beteiligungen.

Von Alex Wehnert, New York

Aus New Haven, Connecticut und Cambridge, Massachusetts richten sich zutiefst verunsicherte Blicke nach Washington. Denn wenn der US-Senat über das Mega-Haushaltspaket von Präsident Donald Trump entscheidet, stellt er damit auch die Weichen für die Zukunft von Amerikas Eliteuniversitäten und die Investmentstrategien ihrer milliardenschweren Stiftungsfonds. Renommierte Hochschulen wie die in Neuengland ansässigen Yale und Harvard müssen in diesem Zuge schließlich einen Sprung ihrer Kapitalertragssteuersätze von 1,4% auf bis zu 21% fürchten. Kenner des Sektors sprechen vom „größten Umbruch in diesem Jahrtausend“ – dieser habe bereits entscheidenden Einfluss auf den Markt für Private Equity.

Gefährliche Zwickmühle

Schließlich befinden sich die Eliteuniversitäten in einer gefährlichen Zwickmühle. Denn einerseits werden Anlagestrategien über öffentlich gehandelte Aktien und kurz laufende Anleihen, die ihnen regelmäßig Dividenden und Renditen bringen, für sie durch Änderungen im Steuerrecht deutlich kostspieliger. Andererseits stehen sie infolge politischer Attacken unter massivem Liquiditätsdruck: Trump, der Amerikas führende Bildungseinrichtungen nach israelfeindlichen Studentenprotesten als Hochburgen des Antisemitismus und der „woken“ Ideologie einstuft, hat ihnen staatliche Fördermittel im Milliardenvolumen gestrichen.

Mit Bildung auf dem Kriegsfuß: US-Präsident Donald Trump.
Mit Bildung auf dem Kriegsfuß: US-Präsident Donald Trump. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson

So hat die Administration allein für Harvard bereits Zuschüsse und Aufträge im Volumen von über 2,2 Mrd. Dollar eingefroren – insgesamt stehen für die älteste Universität der Vereinigten Staaten durch den vom US-Präsidenten angeordneten Entzug von Regierungsaufträgen und die Streichung eines Ausnahmestatus von den meisten Steuerarten wohl 9 Mrd. Dollar auf dem Spiel. Harvard klagt gegen das Vorgehen Washingtons, das einen Versuch darstelle, „die Kontrolle über akademische Entscheidungen“ an der Hochschule zu erlangen. Die parteiunabhängige Forschungsorganisation Democracy Erosion Consortium warnt davor, dass Trumps Attacken auf Bildungseinrichtungen eine Form der Zensur bedeuteten, die den Weg in den Autoritarismus ebne.

Neben Harvard setzen Republikaner im Kongress auch anderen Spitzenhochschulen wie Brown in Providence, Rhode Island oder den New Yorker Universitäten Cornell und Columbia schwer zu – angeblich, weil diese mit Steuergeldern finanzierte Zuschüsse in der Vergangenheit ineffizient gemanagt hätten. Der texanische Abgeordnete Troy Nehls brachte in einem Brief an die Brown-Präsidentin Christina Paxson zuletzt seine „Bestürzung“ über den aufgeblähten Verwaltungsapparat der Hochschule zum Ausdruck. Denn dieser führe dazu, dass Mittel aus dem 7,2 Mrd. Dollar schweren Stiftungsfonds der Universität mit seinem durchschnittlichen Return von 10% pro Jahr nicht dafür eingesetzt würden, Studiengebühren zu reduzieren und eine höhere akademische Qualität zu bieten.

Zu hohen Discounts gezwungen

Dies wollen Republikaner nun durch höhere Steuersätze bestrafen. Neben Brown, Harvard und Yale droht zum Beispiel auch den Universitäten Stanford und Princeton sowie dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) eine Anhebung der Kapitalertragssteuer auf den neuen Spitzensatz von 21% – die fünf letztgenannten Hochschulen verfügen über Stiftungsfonds im Volumen von mehr als 25 Mrd. Dollar. Sie alle kramen infolge von Streichungen ihrer Bundeszuschüsse verzweifelt nach Cash. Viele greifen bereits zu Notverkäufen von Assets, um Nachschussanforderungen bei ihren übrigen Private-Equity-Beteiligungen künftig noch erfüllen zu können.

„Endowments“ suchen diese Veräußerungen nun abzuschließen, bevor Trumps Änderungen im Steuerrecht in Kraft treten. Andere Marktteilnehmer wissen um diesen Druck, wie Private-Equity-Strategen betonen. Entsprechend müssen die Stiftungsfonds nun gewaltige Abschläge in Kauf nehmen, um ihre Reserven aufzustocken. Das 41,4 Mrd. Dollar schwere Endowment von Yale wurde unter dem 2021 verstorbenen Lenker David Swensen zum Goldstandard für Private-Equity-Investments von Universitäten. Damit legte es über lange Jahre problemlos eine Outperformance gegenüber Public-Markets-Benchmarks wie dem S&P 500 hin. Der Yale Stiftungsfonds hat im April ein großes Portfolio ins Schaufenster gestellt. Die Secondaries-Transaktion könnte laut Insidern auf bis zu 6 Mrd. Dollar wachsen.

Deal-Volumen bei Secondaries wächst rasant

Die Harvard Management Company führt indes angeblich weit vorangeschrittene Gespräche, um Beteiligungen im Gegenwert von 1 Mrd. Dollar abzuladen und damit nahezu 5% ihres Private-Equity-Portfolios zu liquidieren. Die Strategen von Cadwalader, Wickersham & Taft gehen davon aus, dass die Transaktionen einen Präzedenzfall schaffen und weitere Stiftungsfonds dem Beispiel der führenden Endowments folgen werden. „Wir erwarten eine signifikante Beschleunigung der Secondaries-Transaktionen“, kommentiert Chris van Heerden, Direktor Fund Finance bei der Wirtschaftskanzlei. Die Investmentbank Jefferies geht davon aus, dass das Deal-Volumen in dem Markt, an dem Investoren ihre Interessen an Private-Equity-Fonds weiterverkaufen, im laufenden Jahr auf über 175 Mrd. Dollar klettern wird, Lazard rechnet sogar mit bis zu 220 Mrd. Dollar. Vor der Coronakrise lag es noch bei unter 90 Mrd. Dollar.

Einige Investoren berichten, über den Secondaries-Markt zuletzt Portfolios von Stiftungsfonds zu 80 Cent auf den Dollar angeboten bekommen zu haben. „Bei Verkäufen illiquider Private-Equity-Portfolios durch Stiftungsfonds können hohe Discounts durchaus vorkommen“, sagt Helge Petermann, Managing Director von River Street Capital, einer auf Secondaries spezialisierteren Beraterboutique. „Wie stark sie ausfallen, hängt dabei auch immer von der Art des jeweiligen Fonds und der Qualität ab“, betont der in New York ansässige Private-Markets-Stratege. Enthalte das Portfolio beispielsweise einen hohen Venture-Anteil, müsse der Verkäufer in aller Regel einen stärkeren Abschlag realisieren als bei einer größeren Quote an Buyout-Fonds. Laut anderen Insidern werden bei der Veräußerung von Venture-lastigen Positionen nun Abschläge von 40% fällig.

In welchem Umfang die Harvard Management Company Erlöse aus den Secondaries-Transaktionen zu reinvestieren plant, will sie auf Anfrage nicht mitteilen. Yale und Princeton antworteten nicht auf Anfragen zu ihren Private-Equity-Strategien. Die tiefe Unsicherheit, in der die Hochschulen schweben, trifft indes die Bewertungen im Gesamtmarkt.