Großbritannien

Regierung und Aufsicht im Konflikt

Die von der britischen Regierung verfolgten Reformen von Solvency II kommen frühestens 2025, beschied die Aufsicht der Branche. Doch sie muss fürchten, künftig von Ministern überstimmt zu werden.

Regierung und Aufsicht im Konflikt

hip London

Der Streit zwischen der britischen Regierung und den Finanzaufsichtsbehörden geht in eine neue Runde. Die Prudential Regulation Authority (PRA) hatte Versicherern mitgeteilt, dass wesentliche Teile der Reform von Solvency II frühestens 2025 wirksam werden. Damit solle ein reibungsloser Übergang sichergestellt werden. „Die PRA ist ein ständiges Reformhindernis und verschwendet weiter Zeit“, zitiert der „Telegraph“ den ehemaligen Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg. „Sie verhindert Investitionen und reduziert die Wettbewerbsfähigkeit des Vereinigten Königreichs.“

City-Minister John Glen hatte im Februar vorgestellt, wie man sich im Schatzamt die künftige Regulierung der Branche vorstellt. Dazu gehören nicht nur Erleichterungen bei den Berichterstattungs- und Verwaltungsaufgaben. Ziel ist, einen Teil des Kapitals, das von Lebensversicherern bislang vorgehalten werden muss, freizusetzen, um so den Weg für die dringend benötigten, langfristigen Investitionen in Infrastruktur freizumachen. Die Regierung dreht dafür an der Risikomarge und am Spread, der für die Berechnung des sogenannten Matching Adjustments genutzt wird. Das Matching Adjustment dient der Anpassung der risikofreien Zinsstrukturkurve zur Ermittlung des besten Schätzwerts eines Portfolios von Versicherungsverpflichtungen. Der Spread soll künftig die Anfälligkeit für Kreditrisiken besser reflektieren. Anders als bei der Association of British Insurers war man bei der PRA von alledem wenig begeistert.

Das neue Finanzdienstleistungs- und Finanzmarktgesetz gefällt den Regulierern noch viel weniger, denn die Regierung kann die Aufsichtsbehörden künftig anweisen, ihre Regeln auf den Prüfstand zu stellen, wenn es im öffentlichen Interesse liegt. Weitere Mechanismen ermöglichen eine bessere Beaufsichtigung der Aufsicht, die mehr Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen muss. „Wir haben den Ministern sehr deutlich gemacht, dass wir sehr besorgt darüber sind“, sagte Richard Lloyd, übergangsweise Chairman der Financial Conduct Authority, vor dem Finanzausschuss des Unterhauses. Selbst wenn diese Machtbefugnisse nur äußerst sparsam eingesetzt würden, entstehe doch ein Eindruck, der die Unabhängigkeit der Aufsicht untergrabe. „Unsere globale Wettbewerbsfähigkeit bei Finanzdienstleistungen geht zum Teil auf die Wahrnehmung, die Wirklichkeit der Unabhängigkeit von Aufsichtsbehörden zurück“, sagte Lloyd. Andrew Bailey, der Gouverneur der Bank of England, hatte bereits im Juli seine Beunruhigung darüber zum Ausdruck gebracht, dass Minister die PRA überstimmen könnten. Die Bankenaufsicht ist bei der Notenbank angesiedelt. Das Gesetz befindet sich noch in der parlamentarischen Beratung.

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