Börsen-Rekordfahrt

Nach dem Hype ist vor dem Hype

Der Rauch um den Computerspieleanbieter Gamestop ist gerade so verflogen (die Aktie weist aber immer noch eine hohe Volatilität auf), da könnte sich schon der nächste Börsenhype anbahnen. In der vergangenen Woche hat die Aktie der...

Nach dem Hype ist vor dem Hype

Von Christoph Geyer*)

Der Rauch um den Computerspieleanbieter Gamestop ist gerade so verflogen (die Aktie weist aber immer noch eine hohe Volatilität auf), da könnte sich schon der nächste Börsenhype anbahnen. In der vergangenen Woche hat die Aktie der Kryptohandelsplattform Coinbase Global per Direktlisting ihr Debüt an der Nasdaq gegeben. Es wird spannend zu beobachten, ob und wie dieser Titel auf Veränderungen der gängigen Kryptowährungen reagiert. Solche Ereignisse sind für den technischen Analysten lediglich Randerscheinungen, da entweder keine Historie (Coinbase) oder eben meist kaum Umsatz (Gamestop bis zum Hype) vorhanden ist.

Fantastische Goldrally

Umsatz kann in den Charts von Edelmetallen oft auch nicht gefunden werden, da diese fast immer außerbörslich gehandelt werden. Bei diesem außerbörslichen Handel ist allerdings ausreichend Volumen für eine seriöse Analyse vorhanden. Der Blick soll an dieser Stelle nämlich auf das Gold gerichtet sein. Auch hier konnte im vergangenen Jahr von einem Hype gesprochen werden, als die Notierung innerhalb eines Monats von rund 1750 Dollar pro Unze auf fantastische 2075 Dollar stieg.

Die Frage war nicht mehr, ob der Kurs noch weiter steigt, sondern nur, wie weit es denn noch gehen würde. Dies sind häufig Anzeichen dafür, dass ein Hype vor seinem Ende steht. Offenbar haben die Handelsteilnehmer Angst bekommen, als die große runde Zahl von 2000 Dollar überwunden wurde. Seitdem konnte Gold das Niveau nicht mehr erreichen und ist, von kurzen Aufwärtskorrekturen abgesehen, auf dem Weg nach unten. Aktuell versucht die „Edelmetall-Währung“ einen Boden zu bilden. Ob dies gelingt, ist derzeit noch offen.

Uneinheitliche US-Märkte

Dem seit einigen Wochen anhaltenden Boom an den Aktienbörsen konnte das Edelmetall nicht folgen. Streng genommen hält der Aufwärtstrend an den Aktienmärkten schon seit dem Corona-Crash an. Dabei fällt in den USA eine eher unterschiedliche Entwicklung auf. Während die großen Leitindizes wie S&P500 oder Dow Jones einen recht gleichmäßigen Aufwärtstrend generieren konnten, war die Bewegung beim Nasdaq Composite Index deutlich volatiler. Zuletzt drohte sich der Index der Technologiebörse sogar von den anderen US-In­dizes abzukoppeln. Im Nachhinein betrachtet handelte es sich bei der Abwärtsbewegung von Februar bis Ende März des laufenden Jahres aber lediglich um eine Korrektur im Aufwärtstrend. Trotzdem hinkt der Nasdaq-Index hinterher, da er, anders als Dow und S&P, noch an einem neuen Rekordhoch arbeitet.

Der Dax hat sich in diesem Weltmarktumfeld zwar recht gut gehalten, Rekordhochs schaffte er aber erst zum Ende des vergangenen Jahres. Dies gelang dem S&P500 bereits im August, und der Nasdaq-Index konnte sogar schon im Juni 2020 das Vor-Crash-Niveau übersteigen. Auch diese Entwicklung zeigt wieder einmal, dass an der Aussage, die europäischen Märkte entwickelten sich wie die US-Börsen, nicht viel dran ist. Natürlich ist wiederholt zu beobachten, dass nach einem positiven US-Handel auch der deutsche Markt mit Pluszeichen in den Handel am nächsten Morgen startet. Allerdings liegen die Unterschiede in der Ausprägung der Bewegung.

Aufwärtstrend bis Sommer

Übergeordnet ist beim Dax im laufenden Jahr von der Tendenz her eigentlich zunächst recht wenig los gewesen. Aber auch im vergangenen Jahr war die hervorstechendste Bewegung der Crash und die anschließende Erholungsbewegung. Von Sommer bis Herbst konnte der Dax lediglich in einer relativ begrenzten Range seitwärts laufen. Erst mit dem Ausbruch aus dieser Seitwärtsbewegung zum Jahresende hat sich in der Chartstruktur und damit auch in der Marktstruktur etwas verändert. Doch auch der Jahresbeginn verlief zunächst schleppend. Dies war vor dem Hintergrund der statistischen Erwartung der Saisonalität auch keine allzu große Überraschung. Inzwischen befinden wir uns, gemessen an dieser Analysemethode, in einer der stärkeren Phasen des Jahres. Bis Sommer sollte der Aufwärtstrend des Dax danach noch anhalten.

Dynamik lässt nach

Blickt man auf den aktuellen Chart, so ist der Dax seit einigen Wochen ebenso wie die US-Indizes auf Rekordjagd. Auch wenn die Dynamik des Aufwärtstrends zuletzt etwas nachgelassen hat, ist die Stimmung doch recht gut. Die Umsätze haben in der Phase der nachlassenden Dynamik etwas ab­genommen. Da aber kein Abwärtsdruck aufgekommen ist, kann von einer Seitwärtskorrektur gesprochen werden. Bei den Indikatoren kann der Stochastik-Indikator vernachlässigt werden, da dieser in Trendmärkten keine brauchbaren Signale generiert. Der MACD-Indikator verläuft flach und dient derzeit ebenso nicht für eine verwertbare Trendbestimmung. In den kommenden Wochen sollte daher besonders darauf geachtet werden, ob der Aufwärtstrend intakt bleibt. Dies kann über eine Trendlinie überprüft werden. Die klassische Dow-Theorie scheint dafür aber geeigneter zu sein. Demnach sollte für einen intakten Trend die Marke von 14000 Punkten nicht unterschritten werden.

*) Christoph Geyer ist technischer Analyst bei der Commerzbank.