Arbeitslosigkeit

Arbeitsmarkt trotzt Konjunktur­schwäche

Die Zahl der Arbeitslosen ist in Deutschland im Januar gestiegen – allerdings weniger als für diesen Monat üblich. Sorgen bereitet der Ausbildungsmarkt. Der VDMA prescht daher mit einer unpopulären Forderung vor.

Arbeitsmarkt trotzt Konjunktur­schwäche

ast Frankfurt

Der deutsche Arbeitsmarkt erweist sich weiter als Stabilitätsanker für die Wirtschaft. Zwar überstieg die Zahl der Arbeitslosen im Januar erstmals seit Juni 2021 die Marke von 2,6 Millionen, doch die im Januar übliche Zunahme fiel geringer aus als in den Vorjahren. Das geht aus dem aktuellen Arbeitsmarktbericht hervor, den die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag vorstellte. BA-Chefin Andrea Nahles sprach von einem relativ geringen Anstieg. „Der Arbeitsmarkt blieb auch am Jahresanfang stabil“, sagte Nahles. „Auswirkungen der geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten sind jedoch weiterhin erkennbar.“

Im Vergleich zu Dezember stieg die Arbeitslosenzahl um 162000. Rechnet man allerdings die saisonalen Schwankungen heraus, ging die Erwerbslosenzahl sogar um 15000 zurück. Den Anstieg um 154000 Erwerbslose im Vergleich zum Vorjahr führen die Statistiker auf die Erfassung von Geflüchteten aus der Ukraine zurück. Auch die Unterbeschäftigung, die zusätzlich zur Arbeitslosigkeit auch Veränderungen der Arbeitsmarktpolitik und kurzfristige Arbeitsunfähigkeit beinhaltet, stieg saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 3000, „da hier insbesondere auch die Teilnahme ukrainischer Geflüchteter an Integrationskursen berücksichtigt wird“, hieß es von der BA. Die Arbeitslosenquote stieg im Januar um 0,3 Prozentpunkte auf nun 5,7%.

Ausbildungsmarkt belastet

Angesichts schwacher Konjunkturindikatoren wie des Umsatzeinbruchs im Einzelhandel zum Weihnachtsgeschäft erwies sich der Arbeitsmarkt aber als robust. Sorgen bereitet der BA jedoch der Ausbildungsmarkt. Immer mehr Lehrstellen stehen immer weniger Bewerber gegenüber. Damit setzt sich auch im Januar der Trend des Berichtsjahres 2022/23 fort. Insgesamt zählt die BA 2% weniger Bewerber, während die Zahl der Ausbildungsstellen den Vorjahreswert um 3% übersteigt. Diese Entwicklung liegt laut Nahles nicht allein am demografischen Wandel, da die Zahl der Schulabgänger stabil sei. Vielmehr sei es nicht gelungen, junge Menschen an die duale Ausbildung heranzuführen.

Der schwächelnde Ausbildungsmarkt wird angesichts einer laut BA ungebrochen hohen Arbeitskräftenachfrage das strukturelle Problem des Fachkräftemangels in Zukunft noch weiter verstärken. „Mit Blick auf die Zukunft bleibt der Fachkräftemangel eine große Belastung für die deutsche Wirtschaft“, analysiert Carsten Brzeski, Global Head of Macro der ING. Das Problem werde sich aufgrund des demografischen Wandels in den kommenden Jahren eher verschärfen als verbessern. „Infolgedessen wird es in Deutschland entweder zu zusätzlichem Lohndruck oder zu einer Schrumpfung der Angebotsseite kommen, da die Unternehmen ihre Produktion zurückfahren müssen“, so Brzeski.

Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA, forderte anlässlich der aktuellen Statistik längere Arbeitszeiten. „Der Fachkräftemangel be­herrscht unverändert den Arbeitsmarkt“, erklärte Brodtmann. Es gebe zwei Lösungen: die Einwanderung ausländischer Fachkräfte zu erleichtern – was die Bundesregierung mit ihrer Reform des Einwanderungsgesetzes erreichen will – oder das ungenutzte Potenzial im Inland zu erhöhen. „Die effektivste Möglichkeit, das Arbeitsvolumen trotz Fachkräftemangel zeitnah zu halten, ist die Erhöhung der Wochenarbeitszeit. Das ist zweifellos ein unpopulärer Vorschlag, darf aber angesichts der Alterung unserer Gesellschaft kein Tabu sein“, sagte Brodtmann.

Wertberichtigt Seite 2

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