Dividende

Wohnungs­firmen werden knausriger

Bisher haben Wohnungskonzerne ihre Ausschüttungen in Teilen über Kredite finanziert. Aufgrund der stark gestiegenen Kosten für neues Fremdkapital geht das kaum noch. Eine Neuorientierung tut not.

Wohnungs­firmen werden knausriger

hek Frankfurt

Der rapide Zinsanstieg zwingt börsennotierte Immobilienkonzerne, ihre Dividendenstrategie zu überprüfen. Bisher bemessen die Unternehmen ihre Ausschüttung in der Regel am operativen Ergebnis aus der Vermietung, den Funds from Operations (FFO). Häufig werden 70 oder 75% des FFOs ausgezahlt.

Anders als der Begriff nahelegt, spiegelt der FFO aber nicht den Cashflow wider. Daraus entsteht das Problem, dass mehr Geld an die Aktionäre fließt als erwirtschaftet wurde. Über Jahre hat die Branche ihre Dividenden in Teilen indirekt durch neues Fremdkapital finanziert.

Einige Vermieter haben angesichts der Zinswende inzwischen einen Kurswechsel in die Wege geleitet. Damit könnte die Branche ihren Ruf als verlässlicher Zahler hoher Ausschüttungen verlieren.

Vergleichsweise radikal fällt die Umorientierung des Wohnungskonzerns TAG Immobilien aus. Die Hamburger sind im November von der Prognose abgerückt, 0,81 Euro je Aktie für das Geschäftsjahr 2022 auszukehren. Stattdessen steht eine Nullrunde ins Haus. Ob es bei einem einmaligen Ausfall bleibt, ist offen. Über die Dividende für 2023 werde zum Jahresende entschieden, ließ der Konzern wissen. Das hänge von den Marktbedingungen und der Refinanzierung bis Jahresbeginn 2024 ab. TAG versichert jedoch, die Zahlungen wieder aufzunehmen, sobald sich die Kapital- und Investmentmärkte normalisiert hätten. Dann will der Konzern zu seiner Ausschüttungspolitik von 75% des FFOs zurückkehren.

Infolge der Übernahme des polnischen Immobilienprojektentwicklers Robyg will TAG ihr Geld beisammenhalten. Das Unternehmen bezahlt den Erwerb über eine Brückenfinanzierung von bis zu 750 Mill. Euro, die vier Banken bereitgestellt haben. Fällig ist der Kredit spätestens im Januar 2024. Ende September 2022 betrug die Restverbindlichkeit aus der Brückenfinanzierung, die zwischenzeitlich mit 650 Mill. Euro in Anspruch genommen wurde, 310 Mill. Euro.

LEG Immobilien richtet ihre Dividende für 2022 noch am FFO aus, stellt sie aber unter den Vorbehalt der Marktentwicklung. Künftig bildet der um aktivierte Investitionsausgaben adjustierte FFO die Basis, AFFO genannt. Denn der größte Ausgabenposten, die aktivierten Investitionen in den Bestand, werde beim FFO nicht abgezogen, erläutert CFO Susanne Schröter-Crossan: „Folglich schüttet man mehr aus, als man verdient, wenn der FFO Grundlage für die Dividende ist. Das ist im veränderten Zinsumfeld kein nachhaltiges Geschäftsmodell mehr.“

Analysten erwarten derzeit im Schnitt eine Kappung der 2022er-Dividende auf 3,66 Euro. Für 2023, wenn das Umschwenken auf den AFFO greift, rechnen sie mit einer weiteren Kürzung auf 2,38 Euro. Zum Vergleich: Für 2021 zahlte LEG 4,07 Euro je Aktie.

In der Vergangenheit mit steigenden Bewertungen und fallenden Zinsen sei es möglich gewesen, 70% des FFOs auszuschütten, sagt Schröter-Crossan. Im aktuellen Umfeld, in dem zehnjähriges Geld 5% koste statt vorher 1%, sei das nicht mehr sinnvoll.

Konkurrent Grand City Properties schüttet gemäß seiner Finanzstrategie 75% des FFOs je Aktie aus, stellt diese Aussage aber neuerdings unter den Vorbehalt der Marktbedingungen und verweist dabei auf die Lage vor der Einladung zur Hauptversammlung im zweiten Quartal 2023.

Mit dieser Einschränkung hat auch die Muttergesellschaft Aroundtown ihren Dividendenausblick für 2022 von 0,23 bis 0,25 Euro je Aktie versehen. Die Analystenschätzung liegt im Schnitt mit 0,19 Euro darunter und Skeptiker halten sogar einen Dividendenausfall für möglich. Denn Investoren sind verschreckt, weil der Immobilienkonzern, dessen Investitionsschwerpunkt im Bürosektor liegt, im Januar eine Hybridanleihe nicht zum ersten Call-Termin getilgt hat und lieber einen drastischen Zinsaufschlag in Kauf nimmt. Die Notierungen der ewig laufenden Anleihen sind infolge der Zinswende und des abnehmenden Risikoappetits von Investoren eingebrochen.

Anders der Marktführer unter den Wohnungsvermietern Vonovia: Die Bochumer halten zumindest bislang an ihrer Dividendenpolitik fest. Auch die Guidance für 2023 sieht vor, etwa 70% des FFOs nach Minderheitsanteilen auszukehren.

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