Öl- und Gaskonzerne

BP hat unter den Ölriesen am meisten zu verlieren

Die drei größten europäischen Öl- und Gaskonzerne – BP, Shell und Totalenergies – sind unterschiedlich stark in Russland engagiert und haben dementsprechend unterschiedlich viel zu verlieren. Freilich würden z.B. Ausfuhr- oder Förderverbote jedes der drei Unternehmen hart treffen.

BP hat unter den Ölriesen am meisten zu verlieren

hip/wü London/Paris

– Die drei größten europäischen Öl- und Gaskonzerne – BP, Shell und Totalenergies – sind unterschiedlich stark in Russland engagiert und haben dementsprechend unterschiedlich viel zu verlieren – sei es durch wegfallende Lieferungen und Umsätze, Abschreibungen oder andere Einbußen.

BP hat durch den russischen Angriff auf die Ukraine wohl am meisten zu verlieren. Dem Ölkonzern gehört seit dem Verkauf des TNK-BP-Anteils rund ein Fünftel an der russischen Rosneft. Damit ist das FTSE-100-Schwergewicht der größte private Anteilseigner des Staatsunternehmens. Doch in Großbritannien fordern Politiker das Unternehmen auf, sich vom Russlandgeschäft zu verabschieden. „Wir müssen Putin jetzt treffen, wo es wehtut“, sagte die Unterhausabgeordnete Liz Saville-Roberts von der walisischen Plaid Cymru, die Premierminister Boris Johnson im Parlament dazu aufforderte, britische Firmen dazu zu zwingen, sich aus Russland zurückzuziehen. Johnson antwortete, dass man die Lektion von 2014 (dem Jahr der russischen Annexion der Krim) lernen müsse. Großbritannien müsse die Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen reduzieren. Die Regierung werde entsprechende Maßnahmen ergreifen.

„BP ist einer der größten ausländischen Investoren in Russland“, verkündet der Konzern auf der Website. 2021 steuerte die Beteiligung 2,72 (i.V. 0,06) Mrd. Dollar zum bereinigten Ergebnis bei. Ihre Dividendenzahlungen sind für den Free Cashflow von BP von großer Bedeutung.

Das Engagement in Russland reicht lange zurück. BP eröffnete bereits 1990 ein Büro in Moskau. Die erste BP-Tankstelle wurde 1996 aufgemacht. Mittlerweile sind es 129. Ein Jahr später stiegen die Briten mit 10 % beim damals viertgrößten russischen Ölkonzern Sidanco ein und stockten bis 2002 auf 25 % auf. Ein Jahr später führte BP ihre russischen Interessen mit Geschäften einer vom AAR-Konsortium (Alpha, Access, Renova) vertretenen Gruppe russischer Oligarchen – Michail Fridman, German Khan, Viktor Vekselberg und Len Blavatnik – zu TNK-BP zusammen. 2006 erwarben sie beim Börsengang von Rosneft 1,25 % an der Gesellschaft. 2012 stellte BP das Geschäft zum Verkauf, Rosneft griff zu. BP unterhält zudem drei Gemeinschaftsunternehmen mit Rosneft: ein Explorationsunternehmen sowie ein Öl- und ein Gasprojekt.

BP-Chef Bernard Looney vermied in den vergangenen Wochen tunlichst, sich zur Zuspitzung der Situation zu äußern. Er sitzt im Board der von Igor Setschin – einem guten Freund und Verbündeten von Wladimir Putin – geführten Rosneft. Wie die „Times“ berichtet, gehört er auch dem Kuratorium der 2009 von Putin wiederbelebten Russischen Geografischen Gesellschaft an, die sich u.a. dem Schutz der „nationalen Identität“ widmet – ein Gremium, in dem sich neben Putin auch elf von den USA mit Sanktionen belegte Oligarchen wiederfinden.

Der BP-Rivale Shell ist nicht nur an der Finanzierung der Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligt. Die Gesellschaft ist auch eine „strategische Partnerschaft“ mit Gazprom eingegangen. Gemeinsam mit Gazprom, Mitsui und Mitsubishi entwickelt das Unternehmen das Öl- und Gasfeld Sachalin 2 im Ochotskischen Meer.

Ein Viertel der Reserven

Die französische Totalenergies investiert seit dem Ende der Sowjetunion in Russland. Der Konzern ist mit 19,4% an Novatek beteiligt, dem größten unabhängigen Gasproduzenten des Landes, und hält 20% an der Gasanlage Yamal LNG in Westsibirien, die 2020 insgesamt 18,8 Mill. Tonnen Flüssiggas produzierte. Der Konzern hält auch 10% an dem umstrittenen Projekt Arctic LNG 2, das 2023 erstmals Erdgas liefern soll. Russland sei für die Produktion von Öl und Gas das erste Land für den Konzern, heißt es von Oddo BHF. 2020 machte Russland 17% der Produktion von Totalenergies aus und 24% der nachgewiesenen Öl- und Gasreserven. Durch Arctic LNG 2 könnte der Anteil an der Produktion auf 25% steigen.

Bisher hätten die Aktivitäten von Totalenergies nicht unter dem Konflikt gelitten, erklärte Konzernchef Patrick Pouyanné auf einer Konferenz. Sie machten 3% bis 5% der Erträge aus. Er sei überzeugt, dass Russland Gas nicht als Waffe benutzen wolle, betonte Pouyanné.

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