Versorgungssicherheit

Bundesregierung kauft Flüssiggas ein

In der Ukraine-Krise rücken die Grünen von ihren Zielen ab. Wirtschaftsminister Robert Habeck bringt eine längere Kohleverstromung für die Versorgungssicherheit in Deutschland ins Spiel. RWE reagiert bereits.

Bundesregierung kauft Flüssiggas ein

wf/ab Berlin/Düsseldorf

Mit einer Finanzspritze von 1,5 Mrd. Euro will die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs die Energieversorgung hierzulande absichern. Der Gashändler Trading Hub Europe GmbH (THE) sei mit dem Kauf von Flüssiggas beauftragt worden, bestätigte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Wo das Gas eingekauft wird, entscheide THE. Weil Eile geboten ist, hat das Bundesfinanzministerium das Geld als außerplanmäßige Ausgabe ohne Einbeziehung des Haushaltsauschusses im Bundestag freigegeben.

Trading Hub Europe wurde Mitte 2021 als Kooperation deutscher und europäischer Netzgesellschaften gegründet. Der Kooperationsgesellschaft gehören etliche Gastransporteure aus dem In- und benachbarten Ausland an, darunter aus Deutschland Thyssengas und die Wintershall zuzurechnende Gascade, die belgische Fluxys TENP, die niederländische Gasunie und die französische GRTgaz.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält die Energieversorgung für gesichert, selbst wenn Russland alle Lieferungen stoppen sollte. Für das laufende und das kommende Jahr werden dem Minister zufolge alle Möglichkeiten geprüft. Deutschland ist stark von russischen Öl-, Gas- und Kohleimporten abhängig. Ein kompletter Lieferstopp von Gas könnte laut Habeck den Ausstieg aus der Kohleverstromung verzögern. „Kurzfristig kann es sein, dass wir vorsichtshalber, um vorbereitet zu sein für das Schlimmste, Kohlekraftwerke in der Reserve halten müssen, vielleicht sogar laufen lassen“, sagte Habeck im Deutschlandfunk. „Da muss der Pragmatismus jede politische Festlegung schlagen. Die Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein.“ Die Ampel-Koalition will 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen.

RWE prüft Versorgung

Der Energieversorger RWE prüft, ob sich eine Versorgungskrise in Deutschland über die Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken ab­wenden oder zumindest abmildern lässt. „Für unsere Anlagen prüfen wir das, damit wir handlungsfähig sind, wenn die Bundesregierung derartige Maßnahmen für notwendig erachtet“, sagte ein RWE-Sprecher. Im Fokus steht zunächst der kommende Winter. Eine Laufzeitverlängerung für Kohlekraftwerke sei mit Blick auf die Versorgungssicherheit der schnellste Weg. Die Laufzeitverlängerung der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke ist angesichts technischer und genehmigungsrechtlicher Themen schwieriger. Möglich sei, die in der Sicherheitsreserve befindlichen Kohlekraftwerke wieder zu nutzen oder stillgelegte Kraftwerke wieder ans Netz zu bringen. Zudem ließe sich die zum Jahresende beschlossene Stilllegung von Kraftwerken verschieben.

Die Bundesregierung plant zu­dem, wie bei Öl und Gas eine Kohlereserve anzulegen. Die Betreiber von Gasspeichern sollen zu hohen Füllständen vor dem Winter verpflichtet werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) favorisiert für die sichere Versorgung Kernkraft. Es sei ihm lieber, die Laufzeit von Atomkraftwerken für drei bis fünf Jahre zu verlängern als die von Kohlekraftwerken, sagte er. Habeck hat dies bereits geprüft, aber wegen technischer Probleme verworfen.