Ifo-Geschäftsklima

Wirtschafts­stimmung trübt sich weiter ein

Das Ifo-Geschäftsklima hat sich deutlich verschlechtert. Nicht nur die Industrie wird pessimistischer, auch die Aufbruchstimmung der Dienstleister ist Geschichte. Besserung ist Ökonomen zufolge kurzfristig nicht in Sicht.

Wirtschafts­stimmung trübt sich weiter ein

ast Frankfurt

Die Stimmung in den deutschen Unternehmen hat sich im August weiter eingetrübt. Nach einem überraschenden Rückgang im Juli sank der Ifo-Geschäftsklimaindex auch im August – um 1,3 Zähler auf 99,4 Punkte (siehe Grafik). Lieferkettenprobleme und die zunehmende Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus lassen wenig Raum für Optimismus. „Insbesondere im Gastgewerbe und im Tourismus wachsen die Sorgen“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Viele Ökonomen erwarten, dass sich die maue Entwicklung fortsetzen wird. „Der sich herausbildende Abwärtstrend bei den Ifo-Erwartungen der Industrie steht im Einklang mit unserer Einschätzung, dass der konjunkturelle Hochpunkt zur Jahresmitte durchschritten wurde“, sagte Daniel Hartmann, Bantleon-Chefvolkswirt. Noch schätzen die Unternehmen ihre aktuelle Lage aber sogar noch etwas besser ein als im Juli. Die Lageeinschätzung stieg von 100,4 auf 101,4 Punkte – und damit auf den höchsten Wert seit Mai 2019.

Die Eintrübung des Konjunkturbarometers geht ausschließlich auf weniger optimistische Erwartungen der Unternehmen zurück. Hier ging es von revidiert 101,0 Zählern um mehr als drei Punkte auf 97,5 nach unten. Sorgen bereiten den Unternehmen die unkalkulierbaren Aussichten, sowohl für den weiteren Verlauf der Coronavirus-Pandemie als auch für die Lieferschwierigkeiten insbesondere von Vorprodukten wie Halbleitern. 70% der Betriebe klagen laut Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe inzwischen über längere Wartezeiten bei bestellten Rohstoffen, Waren und Vorprodukten. Im Juni waren es nur 64% der Unternehmen. Wegen der stark gestiegenen Kosten wolle außerdem jedes zweite befragte Unternehmen die Preise erhöhen, so Wohlrabe.

China-Geschäft schwächelt

Die Eintrübung des Geschäftsklimas zieht sich mit Ausnahme der Baubranche, in der sich die Materialengpässe etwas gelindert haben, durch sämtliche Sektoren. In der Industrie sank der Erwartungsindikator des Ifo-Instituts auf den niedrigsten Stand seit November. Die Lieferengpässe werden sich nach Ansicht vieler Betriebe und Ökonomen nicht so schnell entspannen wie zunächst erwartet. Im Gegenteil: Seit das Virus im Juli ins Reich der Mitte zurückgekehrt ist, fürchten viele, dass die Pekinger Abschottungspolitik zu weiteren Materialengpässen führen wird.

Dass die Unternehmen trotz prall gefüllter Auftragsbücher pessimistischere Erwartungen haben, passt zu den Exportzahlen, die das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch veröffentlichte. Demnach sanken die Ausfuhren nach China im Juli erstmals seit fast einem Jahr um 3,9% im Vergleich zum Vorjahresmonat – auf 8,4 Mrd. Euro. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht in dem Rückgang „ein ernüchterndes Zeichen“. Wegen der Materialengpässe kommt es zudem zu einem Produktionsstau.

Dienstleister verunsichert

Auch unter den Dienstleistern und im Handel ging das Geschäftsklima zurück. „Es ist Sommer, aber immer wieder stören Wolken den Sonnenschein – genauso verhält es sich momentan auch mit der deutschen Konjunktur“, sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Nach den Öffnungen im Frühsommer hatten die Dienstleister starken Auftrieb verspürt. Die Haushalte hatten nach den Lockdowns ungewöhnlich viel Geld in der Tasche und fragten lange entbehrte Dienstleistungen wie im Gastgewerbe nach. Doch die steigenden Infektionszahlen und die inzwischen nur noch verhalten steigende Impfquote schwächen die Erwartungen im Gastgewerbe und Tourismus. „Der Optimismus der vergangenen Wochen ist hier komplett weg“, sagte Ifo-Experte Wohlrabe zu Reuters.

Auch mit Blick auf die weitere Erholung hat sich der Himmel verdunkelt. So erwartet die Landesbank Baden-Württemberg zwar, dass die deutsche Wirtschaft im Sommer ihr Wachstumstempo steigern kann. „Anhaltende Lieferengpässe in der Industrie und die Sorge vor neuen Corona-Einschränkungen im Herbst führen jedoch zu erhöhter Unsicherheit und Vorsicht mit Blick auf das Schlussquartal.“ Wegen der sich abzeichnenden vierten Coronawelle schlägt auch die KfW pessimistischere Töne an. „Wir haben unsere BIP-Prognose für 2021 deshalb leicht auf 3,0% nach unten revidiert“, sagte Chefvolkswirtin Köhler-Geib.

Wertberichtigt Seite 6