KommentarDeutsche Autobauer

Der Abgesang auf deutsche E-Autos kommt zu früh

In China brummt für die deutschen Autobauer nur das Verbrennergeschäft, während man bei E-Autos abgehängt wird. In den USA ist es eher umgekehrt.

Der Abgesang auf deutsche E-Autos kommt zu früh

Deutsche Autobauer

Verfrühter Abgesang

Von Sebastian Schmid

Das Image der deutschen Autobauer ist hierzulande aktuell nicht das beste. Eine diffuse Angst geht um, dass asiatische Rivalen ihnen mit günstigeren und technologisch überlegenen Angeboten Marktanteile in Europa abjagen. Noch mehr Sorgen machen sich die französischen Nachbarn, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor ihren Karren gespannt haben, um Strafen gegen chinesische Autobauer wegen angeblicher illegaler Subventionen zu erwirken.

In den USA, einem Markt, in dem die chinesische Konkurrenz praktisch eliminiert worden ist, scheint es besser zu laufen. US-Medien berichten mit Bezug auf den Datendienstleister Kelly Blue Book von deutlichen Marktanteilsgewinnen der deutschen Premiumhersteller. So soll BMW im dritten Quartal mit knapp 13.100 E-Autos den US-Absatz der Stromer im Vergleich zur Vorjahresperiode verdreifacht haben. Bei Mercedes kletterten die Elektro-Auslieferungen um das Dreifache auf gut 10.400, und Audi hat die Auslieferungen auf gut 7.500 E-Fahrzeuge zumindest verdoppelt. Selbst Volkswagen legte um mehr als die Hälfte auf 10.700 Stück zu und wuchs damit kräftiger als der Gesamtmarkt.

Die starke Entwicklung der deutschen Autobauer aber auch anderer Wettbewerber hat den Anteil von Platzhirsch Tesla binnen sechs Monaten von 62 auf 50% gedrückt. Und dies, obwohl Tesla die Preise drastisch gesenkt hat und auch für Steuererleichterungen von bis zu 7.500 Dollar je Fahrzeug wegen des hohen US-Produktionsanteils qualifiziert ist. Bei den Steuererleichterungen schauen Kunden von Mercedes derweil laut E-Auto-Portal Electrec in die Röhre. Bei BMW sind nur die Käufer des Plug-in Hybriden X5 mit bis zu 3750 Dollar dabei. Auch bei Volkswagen ist lediglich der in den USA produzierte ID.4 incentiviert. Mit anderen Worten: Die Deutschen setzen sich hier auch ohne große Steueranreize durch.

Dieses unverhoffte US-Comeback allein wird den deutschen Autobauern die Bilanz zwar kurzfristig nicht retten, sollte es in China noch schwieriger werden. Dennoch: Anders als dort kommen die deutschen Marken bei E-Autos auf höhere Marktanteile als bei klassischen Verbrennern. BMW liegt insgesamt nach neun Monaten laut Marklines bei 2,2%, bei E-Autos sind es mehr als 4%. Mercedes kommt insgesamt auf 2,2%, bei Elektrischen auf 3,3%. Auch VW, Porsche und Audi liegen bei E-Autos besser als bei Verbrennern. Vielleicht ist der Abgesang auf die deutschen Autobauer wegen der technologischen Transformation doch etwas verfrüht. Zumindest in den USA verspricht die steigende Beliebtheit der E-Autos mit Marktanteilsgewinnen einherzugehen.

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