US-Banken

Glänzende Moment­aufnahme

Die US-Banken haben ein weiteres starkes Quartal hinter sich. Ob sie die Coronakrise bereits hinter sich gelassen haben, muss sich erst noch zeigen.

Glänzende Moment­aufnahme

An Wall Street hat in der vergangenen Woche ein Rekord den nächsten gejagt. Geradezu märchenhaft muteten die Zuwächse an, von denen J.P. Morgan Chase, Citigroup, Morgan Stanley, Bank of America und zum krönenden Wochenabschluss auch noch Goldman Sachs berichteten. Als Wachstumstreiber erwies sich wiederum das Investment Banking, in dem das wieder erstarkte Geschäft mit Firmenübernahmen (Mergers & Acquisitions/M&A) den Instituten lukrative Beratungsmandate zuschusterte. Zudem boomten Aktienplatzierungen weiter, was zusammengenommen reichte, um das Abflauen des Handelsgeschäfts auszugleichen.

Alle drei Trends kann man als Indiz für eine sich normalisierende Marktsituation werten. Schließlich stellen Quartalszahlen schon in normalen Zeiten nur eine Momentaufnahme dar. Erst recht gilt das nach einem externen Schock wie dem temporären Stillstand der Weltwirtschaft nach dem Ausbruch der globalen Pandemie im vergangenen Jahr. In dieser Lesart sind die Zuwächse im M&A-Geschäft und bei den Aktienplatzierungen dem Nachholeffekt geschuldet, während die noch nicht einmal bei allen Banken gleichermaßen spürbaren Rückgänge des Handelsgeschäfts eine Folge der schwindenden Notwendigkeit für Marktinterventionen der Notenbanken sind.

Doch das greift wohl zu kurz. Zweifelsohne gehen die jüngsten Zuwächse zum Teil auf das Konto eines Basiseffekts nach der Schockstarre des Coronajahres 2020. Kaum jemand im Investment Banking rechnet indes ernsthaft damit, dass dem jüngsten Boom am M&A-Markt und im Geschäft mit Aktienplatzierungen in absehbarer Zeit die Puste ausgehen wird. Dagegen spricht zum einen die Rekordliquidität, die Private-Equity-Firmen und andere Investoren nach wie vor horten und die weiterhin angelegt werden will. Zum anderen haben viele Konzerne die Zwangspause nach dem Ausbruch der Pandemie genutzt, um ihre mittel- bis langfristigen Strategien zu überdenken.

Auf den Prüfstand gestellt haben viele Konzerne nicht nur ihre Lieferketten, die sich nicht nur auf dem Höhepunkt der Krise, sondern bis heute als Achillesferse der globalisierten Weltwirtschaft erwiesen haben. Bewegt hat sie neben der ewigen Notwendigkeit, Wachstum zu generieren, auch die Frage nach der eigenen Rolle bei der anstehenden Transformation hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft. Seitens der Investmentbanken hält man es sich zugute, dass es gelungen sei, den vor allem im Frühjahr 2020 virulenten Run auf Fremdkapital in längerfristiges Beratungsgeschäft umzumünzen. Im Anschluss an eine erfolgreiche Bondplatzierung seien demnach gemeinsam mit dem Emittenten potenzielle Übernahmekandidaten oder zum Verkauf geeignete Unternehmensbereiche identifiziert worden. Die kommenden Monate dürften demnach noch eine Vielzahl von Transaktionen bringen.

Doch auch das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei keinem der großen US-Institute, die im dritten Quartal brillierten, um eine reine Investmentbank handelt. Ihre Einnahmen bestreiten sie mit Ausnahme von Morgan Stanley und Goldman Sachs über den Daumen gepeilt zu etwa gleichen Teilen aus dem Zins- und dem Provisionsgeschäft. Für die Frage, wie gut sie sich schlagen, ist daher auch die Entwicklung des Kredit- und des Einlagengeschäfts von Gewicht.

Was das Einlagengeschäft betrifft, entwickelten sich die Zuflüsse von Unternehmen und Privatkunden dynamischer, als es sich die US-Institute gewünscht haben dürften. Da Geld an den Kapitalmärkten noch immer ziemlich billig zu haben ist, fehlt es den Banken an Gelegenheiten, die Kundeneinlagen zu rentablen Konditionen in ausgereichte Kredite umzuwandeln – ein Problem, mit dem sich die hiesigen Banken nach mehr als einem Jahrzehnt niedrigster und negativer Zinsen in deutlich schärferer Form herumschlagen. Der hierzulande eingeschlagene Weg, die Belastung in Form von Verwahrentgelten an die Kunden zurückzugeben, gilt in den USA bislang als (noch) nicht durchsetzbar.

Wahrscheinlich werden die US-Banken dieses Mittel auch gar nicht in Erwägung ziehen müssen. Schließlich war die US-Notenbank Fed zumindest in der jüngeren Vergangenheit beweglicher als die Europäische Zentralbank, wenn es darum ging, ihre Geldpolitik an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Doch auch wenn sich die Zeichen für geldpolitischen Rückenwind mehren, ist keineswegs schon ausgemacht, dass die US-Banken nach der Coronakrise das Tal der Tränen tatsächlich schon verlassen haben.

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