LeitartikelStandort Deutschland

Ökonomischer Abstiegskampf

Deutschland macht falsch, was es falsch machen kann: zu wenig Markt, zu viel Planwirtschaft und Bürokratie, wachsende Sozialkosten, verlotternde Infrastruktur, steigende Energiepreise, sinkende Attraktivität für Hochqualifizierte. Berlin aber hält am falschen Kurs fest.

Ökonomischer Abstiegskampf

Ökonomischer Abstiegskampf

Standort Deutschland

Von Stephan Lorz

Berlin macht falsch, was man ökonomisch falsch machen kann: Planwirtschaft und immer mehr Bürokratie verdüstern die Zukunft.

Im Ausland machen sich die Kolumnisten inzwischen große Sorgen um Deutschland als Europas ökonomischer Motor. Schon im August charakterisierte das britische Wirtschaftsmagazin "Economist" die Bundesrepublik als „kranker Mann“. Der IWF und die OECD bezeichnen die Bundesrepublik inzwischen als die am schlechtesten performende Ökonomie in Europa. Und die neuesten Konjunkturdaten verdeutlichen die Probleme: Die deutsche Wirtschaft ist 2023 geschrumpft, und das Jahr 2024 haben viele Ökonomen ebenfalls schon abgeschrieben.

Paris und London bespötteln zudem die dysfunktionalen und wachstumsschädlichen Entscheidungen zur "Energiewende". Und selbst an der „Zeitenwende“ wird gezweifelt, die Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ausgerufen hat. Denn den großen Worten sind bislang kaum Taten gefolgt, moniert Washington. Die Digitalisierungsdesaster überall in der Republik bestätigen die Einschätzung, dass das Land im Moment nicht vorankommt, weder die ökologische Transformation noch die ökonomische Wende schaffen und schon gar kein "Deutschlandtempo" vorlegen kann.

Gute Laune nur Fassade

Die immer noch gute Lage am Arbeitsmarkt ist nur Fassade. Denn vor allem der Aufwuchs an öffentlichen Bediensteten hat die sinkende Zahl an Erwerbstätigen im produzierenden Gewerbe aufgefangen. 20% der Industriebetriebe wollen zudem Personal abbauen. Dass es nicht mehr wird, ist der Sorge der Werksleiter geschuldet, im Falle einer wieder besseren konjunkturellen Lage wegen des Facharbeitermangels gar keine Mitarbeiter mehr zu finden.

Mit dem Aufwuchs des staatlichen Personalbestands geht zudem ein Mehr an Bürokratie einher. Die Kosten hierfür sind nach Auskunft des Normenkontrollrats um 9,3 Mrd. Euro pro Jahr gewachsen – so stark wie noch nie. „Zeitenwende“, „Deutschlandtempo“ und „ökologische Transformation“ wird offenbar aus den Amtsstuben betrieben. Noch schlimmer: Junge Unternehmen werden vorwiegend jenseits der deutschen Grenzen gegründet; und nicht zuletzt auch wegen der hohen Energie- und Bürokratiekosten verschieben Unternehmen ihre Produktion zunehmend ins Ausland – oft in die USA wegen der dort lockenden Fördermittel.

Und das spielt sich alles vor dem Hintergrund der negativen demografischen Entwicklung ab: Schon bald stehen jedem Rentner nur noch 1,4 Beitragszahler gegenüber. Das Sozialsystem wird unfinanzierbar und saugt Zukunftsinvestitionen das Kapital ab. Und während viele Migranten nach Deutschland als Sehnsuchtsort streben, aber nur mit großer Verzögerung in die deutsche Wirtschaft als Steuer- und Beitragszahler integriert werden, verlassen vermehrt Hochqualifizierte das Land. Zwischen 2014 und 2020 waren es unterm Strich 400.000 Personen. Ein Aderlass, der die Lage noch verschlimmert!

"Hauch eines Generalstreiks"

Zu allem Unbill gibt Deutschland nun im Streikwinter 2023/2024 ein Bild ab, welches das Ausland von der duldsamen und ordnungsliebenden Bundesrepublik nun gar nicht kennt: Lokführerstreik, Bauernblockaden und immer mehr Proteste auch aus anderen Berufsgruppen. Auswärtige Kommentatoren sehen eine „Gelbwesten-Bewegung“ entstehen, und der US-Sender CNBC spürt gar den „Hauch eines Generalstreiks“ über den deutschen Straßen liegen.

Die Verteilungskämpfe im Land werden auch deshalb schärfer, weil Deutschland sein Geschäftsmodell verloren hat. Billige Energiepreise und findige Ingenieure haben die Bundesrepublik bislang zur Exportmacht gemacht. Das ist vorbei. Die Etablierung einer ökologisch-technologischen Marktwirtschaft könnte ein neues Erfolgsmodell sein. Aber hierzu braucht es gute Standortbedingungen samt attraktiver Steuerpolitik sowie einer Willkommenskultur für Hochqualifizierte und für Unternehmensgründer. Vor allem weniger Bürokratie und mehr Technologieoffenheit wären nötig. Nach der Digitalisierung darf Deutschland nicht auch noch den Schritt in die KI-Gesellschaft vergeigen. Stattdessen steigt Berlin aber lieber in die Heizungskeller der Bürger, geht die Transformation mit Mikromanagement und Subventionen an. Ist dies das neue Geschäftsmodell: die ökologische Planwirtschaft?