Energiekonzern

Wintershall Dea macht Milliardenverlust

„Wir schicken kein frisches Geld nach Russland“, betont Wintershall-Dea-Chef Mario Mehren. Wenn das in einigen Jahren bedeute, dass die Produktion des Gaskonzerns dadurch zurückgehe, dann sei dies so.

Wintershall Dea macht Milliardenverlust

cru Frankfurt

Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea ist wegen der milliardenschweren Abschreibung auf die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 tief in die roten Zahlen gerutscht. Im ersten Quartal fiel ein Nettoverlust von 1 Mrd. Euro an – nach einem Gewinn von 161 Mill. Euro vor Jahresfrist, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Wintershall Dea verbuchte Wertminderungen von insgesamt rund 1,5 Mrd. Euro im Zusammenhang mit der Finanzierung von Nord Stream 2 und dem Russlandgeschäft. Bereinigt um Sondereffekte wie etwa die Abschreibung legte der Überschuss dank kräftig gestiegener Öl- und Gaspreise von 171 Mill. Euro im Vorjahr auf 669 Mill. Euro zu. Denn operativ läuft das Geschäft gut: Der bereinigte Betriebsgewinn stieg auf 1,84 Mrd. Euro von 704 Mill. Euro im Vorjahreszeitraum. Die Produktion erhöhte Wintershall Dea um 2 % auf 669000 Barrel Öläquivalent (BOE) pro Tag.

Nord Stream 2 abgeschrieben

Eigentlich war für Wintershall Dea ein Börsengang im Jahr 2022 vorgesehen. Doch das Unternehmen, an dem der Chemiekonzern BASF noch 67 % und die Investorengruppe Letter One des russischen Milliardärs Michail Fridman 33 % hält, hatte Nord Stream 2 im März vollständig abgeschrieben. Der Konzern hatte Anfang März angekündigt, alle neuen Projekte zur Öl- und Gas-Förderung in Russland sowie Projekte mit russischen Partnern außerhalb Russlands zu stoppen. Zahlungen nach Russland wurden eingestellt. Wintershall-Dea-Chef Mario Mehren erklärte nun in einer Online-Pressekonferenz, der Krieg in der Ukraine sei ein „fundamentaler Wendepunkt“ sowohl für die Geopolitik als auch für sein Unternehmen. „Ein ‚Weiter so‘ mit Russland kann es jetzt nicht geben. Wird es nicht geben. Daran besteht kein Zweifel.“

Der Konzern habe aber – nach intensiver Diskussion – beschlossen, seine Beteiligungen an bestehenden Projekten in Russland aufrechtzuerhalten, denn bei einem Rückzug würden Milliardenwerte an den russischen Staat fallen. Wintershall Dea erzielt bisher die Hälfte seiner Produktion in Russland und ist dort an drei Förderprojekten beteiligt – am Erdgasfeld Juschno Russkoje sowie der Achimov-Formation des Urengoi-Felds in Sibirien.

Wintershall Dea wolle jedoch das Portfolio außerhalb Russlands stärken, etwa in Norwegen. Man werde jeden Stein umdrehen, um die Produktion außerhalb Russlands auszubauen und zu diversifizieren, erklärte Finanzchef Paul Smith.

Künftig mehr Norwegen

Man werde europäische Energiequellen diversifizieren und die Widerstandsfähigkeit des Geschäfts weiter verbessern. Alle Optionen für zusätzliche Gasmengen und eine zusätzliche Energieversorgung würden geprüft. Dazu gehörten die Großprojekte Nova, Njord und Dvalin in Norwegen.

Ziel sei es, die Produktion bereits Ende 2022 aufzunehmen. Wintershall Dea führe zudem „intensive Verhandlungen über weitere Wachstumsmöglichkeiten“ in Algerien und prüfe auch in Deutschland Optionen, um die heimische Förderung stabil zu halten. Zudem prüfe Wintershall Dea Möglichkeiten in Ländern, in denen das Unternehmen bereits aktiv sei, und in potenziellen neuen Ländern.

Das Unternehmen sowie der Versorger Uniper, die österreichische OMV, die französische Engie und Shell hatten zur Hälfte die Finanzierung von Nord Stream 2 übernommen. Die 10 Mrd. Euro teure Pipeline, die dem russischen Gaskonzern Gazprom gehört, liegt auf Eis.

Für die Forderung nach einem Energieembargo und einem sofortigen Stopp aller bestehenden Projekte in Russland zeigte Mehren Verständnis. „Ich kann die Forderungen nach einem sofortigen Importstopp für russisches Gas nachvollziehen“, sagte er. Aber er verstehe auch das komplexe Dilemma, in dem die Bundesregierung stecke. Denn sie trage große Verantwortung für Deutschland, für die Wettbewerbsfähigkeit, für Wohlstand und gesellschaftlichen Frieden. Gasimporte aus Russland könnten „ersetzt werden. Aber nicht schnell“, fügte er hinzu.

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