Sanierungsverhandlungen

Krise um Corestate spitzt sich zu

Der Vorstand des Immobilienunternehmens hält nach eigenen Angaben einen Erfolg der Sanierungsverhandlungen mit maßgeblichen Anleihegläubigern „nicht mehr für überwiegend wahrscheinlich“.

Krise um Corestate spitzt sich zu

hek Frankfurt

Der ohnehin kollabierte Aktienkurs des Immobilien-Investmentmanagers Corestate Capital ist am Montag abermals drastisch abgesackt. Zum Handelsende stand ein Minus von 59 % auf nur noch 0,3055 Euro zu Buche. Mit dem Kurssturz reagieren Anleger auf eine am Freitagabend veröffentlichte Mitteilung, nach welcher der Vorstand am Erfolg der Verhandlungen über eine finanzielle Restrukturierung des ums Überleben kämpfenden Unternehmens zweifelt und einen Insolvenzantrag prüft. Ein solcher Antrag würde innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist gestellt werden.

Der Hintergrund: Am 28. November 2022 ist eine Wandelschuldverschreibung im ausstehenden Volumen von 188 Mill. Euro fällig, die Corestate nach derzeitigem Stand nicht zurückzahlen kann. Am 15. April 2023 muss außerdem ein Firmenbond über 300 Mill. Euro getilgt werden.

Die Verhandlungen zwischen maßgeblichen Gläubigern und einer Gruppe von Eigenkapitalinvestoren kommen offensichtlich nicht voran. Auf dem Tisch liegen zwei divergierende Konzepte. Eines stammt vom sogenannten Ad-hoc-Komitee der Anleihegläubiger, das andere von bisherigen und neuen Aktionären, für die der Kaufmann Karl Ehlerding die Verhandlungen führt.

Schon vor Wochen war von Stillstand in den Verhandlungen die Rede. Seither gab es zwar eine gewisse Bewegung unter den Investoren zum umstrittenen Thema Restrukturierungsvorstand, aber keine umfassende Verständigung. Strittig sind vor allem Art und Umfang der Kompensation für den vorgeschlagenen Forderungsverzicht der Bondholder.

Hauptgläubiger sind – neben der Investmentgesellschaft Pimco – diverse Hedgefonds, deren Anteil Beobachter grob auf 60 % des Bondvolumens von insgesamt 500 Mill. Euro schätzen. Das Gläubigerkomitee vertritt 49 % des Gesamtnominalbetrags der Wandelschuldverschreibungen und 79 % des Firmenbonds.

Kaum besicherte Gläubiger

Den Anleihehaltern kommt zugute, dass es kaum besicherte Gläubiger gibt. Sie können folglich mit einer veritablen Insolvenzquote rechnen – zumindest auf dem Papier. Laut den Unterlagen von Corestate stünden Insolvenzforderungen von 615 Mill. Euro Vermögenswerte von 114 Mill. Euro gegenüber. Das ergäbe eine Quote von 18,6 %, geringfügig weniger als die 20 %, die Bondholdern bei dem angebotenen Forderungsverzicht von 80 % bleiben würden.

Offen bleibt aber, ob die erwarteten Erlöse im Konkursfalle tatsächlich erzielt werden können. Denn der Immobilienmarkt ist derzeit eher schwierig. Auf jeden Fall dürfte es Jahre dauern, bis Zahlungen fließen. Zumal ein Insolvenzverfahren für Corestate als kompliziert gilt, weil mehrere Jurisdiktionen betroffen wären. Die wichtigsten wären Luxemburg – dort hat das Unternehmen seinen Sitz – und Deutschland – dort spielt sich der Großteil des Geschäfts ab.

Die Bondholder fordern als Gegenleistung für den Forderungsverzicht einen Debt-Equity-Swap, der ihnen 81,25 % des künftigen Aktienkapitals bringt, und weitreichende Sicherheiten. Beteiligungen von Corestate an Vermögenswerten, etwa einem Einkaufszentrum in Gießen, sollen zur Tilgung von Schulden herangezogen werden. Frisches Geld wollen die Bondholder über eine neue Anleihe bereitstellen.

Die Eigenkapitalinvestoren wollen dagegen 45 Mill. Euro via Kapitalerhöhung und Convertible einschießen und bieten Bondholdern für den Forderungsverzicht eine Beteiligung von 50 % an bestimmten Nettoerlösen. Die Investoren hat CEO Stavros Efremidis an Land gezogen, der 9,4 % der Aktien hält. Gläubiger sehen in seiner Doppelrolle als Vorstandschef und Aktionär einen Interessenkonflikt und fordern die Berufung eines Chief Restructuring Officers. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen: Die Bondholder brauchen die Zustimmung der Aktionäre für die Aktienkomponente des Debt-Equity-Swaps und die Eigenkapitalinvestoren den Forderungsverzicht.

Die außerordentliche Hauptversammlung der Aktionäre soll an diesem Dienstag (22. November) stattfinden, könnte aber verschoben werden, wie es am Montag hieß. Die Gläubigerversammlung ist für 28. November angesetzt.

Geschäft weggebrochen

Unter Vertretern der Bondholder wird darauf verwiesen, dass ein Debt-Equity-Swap als Kompensation für einen Forderungsverzicht absolut üblich sei. Ihr Konzept sehe vor, dass die Altaktionäre 19 % des Eigenkapitals behalten, was ein vergleichsweise hoher Anteil sei.

Corestate sind in den vergangenen Monaten große Teile des Geschäfts weggebrochen. Nach neun Monaten kam der einstige SDax-Wert im fortgeführten Geschäft nur noch auf Erlöse von 50 Mill. Euro, ein Drittel des Vorjahresvolumens. Unter dem Strich türmte sich mit 582 Mill. Euro ein hoher Periodenverlust.

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