Technologieriesen bereiten sich auf Zolleinschlag vor
Tech-Riesen bereiten sich auf Zolleinschlag vor
xaw New York
Amerikas Technologieriesen stehen die größten Verwerfungen durch den von Washington losgetretenen Handelskrieg nach eigener Einschätzung erst noch bevor. So beeilt sich Apple, ihre Abhängigkeit von der Fertigung in China zu reduzieren: Der Großteil der in die USA importierten iPhones soll bereits im laufenden Quartal aus Indien und der überwiegende Teil anderer Geräte wie iMacs, iPads und Apple Watches aus Vietnam kommen, wie Finanzchef Kevan Parekh mitteilte.
Kunden verschieben Käufe nach vorne
Im abgelaufenen Jahresviertel profitierte der Konzern davon, dass zahlreiche Kunden in Erwartung von Preisanstiegen infolge der von Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle Käufe vorzogen. Auch der Marktstart der günstigeren iPhone-Variante 16e trug dazu bei, dass die Erlöse im Ende März abgeschlossenen zweiten Geschäftsquartal 2025 stärker als an der Wall Street erwartet um 5% auf 95,36 Mrd. Dollar zulegten. Der Nettogewinn lag mit 24,78 Mrd. Dollar 4,8% über dem Vorjahreswert.
Die Apple-Aktie gab im nachbörslichen New Yorker Handel am Donnerstag zunächst dennoch deutlich nach. Denn CEO Tim Cook warnte in einer Analystenschalte, dass die Strafzölle, sollten sie unverändert bleiben und keine neuen hinzukommen, die Kosten des Konzerns im laufenden Quartal um 900 Mill. Dollar treiben dürften. Es sei „sehr schwierig, über Juni hinauszublicken“. Investoren zeigten sich besorgt über die mangelnde Fähigkeit des Tech-Riesen, verbindliche Prognosen abzugeben.
Apple war einer der Werte, die aufgrund der hohen Bedeutung Chinas in der Lieferkette des iPhone-Konzerns sowie als Zielmarkt am stärksten unter Trumps protektionistischer Handelspolitik litten. Der Präsident hat Importe aus dem Reich der Mitte mit Zöllen von 145% belegt – Smartphones, Computer und verschiedene andere Elektrogeräte sind davon zwar ausgenommen, doch gelten für sie aufgrund der Rolle Chinas im Fentanylhandel pauschale „Tariffs“ von 20%. Einfuhren aus der Volksrepublik, in der nach Schätzungen von Wedbush Securities bisher 90% der iPhone-Fertigung angesiedelt sind, kommen Apple damit deutlich teurer zu stehen als Importe aus Indien, die derzeit mit einem Basis-Tariff von 10% belegt sind.
Hoffnung auf Deal mit Indien
„Reziproke“ Zölle von 27% auf Elektronik-Einfuhren aus der größten Demokratie der Welt setzte Trump kurz nach der Einführung Anfang April zwar aus. Laut Trump laufen Gespräche über ein Handelsabkommen mit der Regierung in Neu-Delhi, die sich zu umfangreichen Zugeständnissen bereit erklärt und durch den US-Zwist mit China gerissene Lücken in der Lieferkette besetzen will, „großartig“. Er glaube, „wir werden einen Deal schließen“, sagte der Präsident zuletzt.

Dennoch bleiben bei Investoren Fragen darüber offen, wie schnell Apple die Produktion tatsächlich aus China an andere Standorte verlagern kann. Schließlich hat der Konzern in China über die vergangenen Jahrzehnte eine enorm hochleistungsfähige Fertigung mit einer Armee qualifizierter Arbeiter aufgebaut, die es nun erst einmal zu ersetzen gilt. Analysten schätzen, dass der gesamte indische iPhone-Output von 25 Millionen Geräten derzeit 50% der amerikanischen Nachfrage abdecken könnte. Der auf den Halbleitersektor spezialisierte Informationsdienst Tech Insights geht davon aus, dass Strafzölle die Hardware-Kosten für das iPhone 16 Pro um hunderte Dollar treiben könnten – mit hohen Belastungen für die Gewinne von Apple, die sich zu bedeutenden Teilen aus dem Verkauf von High-End-Versionen seiner Produkte speisen, als Folge.
Druck in China
Die seit Jahren zunehmenden, nun eskalierten Spannungen zwischen Washington und Peking beschneiden indes auch die geschäftliche Entwicklung von Apple im einstigen Wachstumsmarkt China. So haben die Wettbewerber Xiaomi, Vivo und Huawei in der Volksrepublik zuletzt rapide Marktanteile gewonnen. Das iPhone kam im Schlussquartal 2024 laut der Research-Firma IDC zwar noch auf 17,4% der Smartphone-Verkäufe in China, gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutete dies allerdings einen Verlust von 2,6 Prozentpunkten.
Die genannten Lokalmatadoren erzielen inzwischen Anteile zwischen 16 und 17,2%, und gerade der Druck durch Huawei wächst bedeutend. Der seit 2019 mit US-Sanktionen belegte Konzern aus Shenzhen stellte im September 2023 das Mate 60 Pro vor, das zu ultraschneller Datenkonnektivität in der Lage ist. Zudem verhängte die Regierung in Peking einen Bann verhängt, gemäß dem Beamte keine iPhones mehr im Arbeitsumfeld nutzen dürfen. Im gerade beendeten Quartal gingen die Erlöse von Apple im Reich der Mitte um 2,3% auf etwas über 16 Mrd. Dollar zurück, womit sich der Abwärtstrend der vorangegangenen Berichtszeiträume bestätigte.
Konsumlaune vor Abwärtstrend
Derweil droht Trumps Handelskrieg auch das Geschäft innerhalb der Vereinigten Staaten zu belasten. So geht die Furcht davor um, dass die Wirtschaftspolitik des Republikaners die USA in eine Stagflation stürzt und damit auch die Konsumlaune der Tech-Kunden erheblich dämpft – und damit nicht nur die Bereitschaft zu regelmäßigen teuren Hardware-Upgrades, sondern auch die Ausgabefreude für Dienstleistungen, die im abgelaufenen Quartal rund 28% zu den Gesamterlösen von Apple beisteuerten. Dies bedeutete gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs um zwei Prozentpunkte.

Zudem ringt Apple mit kartellrechtlichen Problemen aus zwei Richtungen: So kritisierte eine US-Bundesrichterin Apple zur Wochenmitte scharf dafür, ein Urteil zu Geschäftspraktiken im App Store missachtet zu haben, und leitete den Fall für Ermittlungen wegen kriminellen Fehlverhaltens an Strafverfolgungsbehörden weiter. Damit erfuhr ein Streit zwischen dem Tech-Riesen und der Videospielfirma Epic eine neue Wendung – letztere wirft dem Konzern wegen der rigiden Kontrollen, denen sich Entwickler im App Store unterwerfen müssen, monopolistisches Verhalten vor.
Hartes Urteil in Kartellprozess
Die zuständige Richterin urteilte in dem Fall 2021 in weiten Teilen im Sinne von Apple, schrieb dem iPhone-Hersteller aber vor, sich für alternative Zahlungsmethoden für Services und Abonnements außerhalb des App Store öffnen zu müssen. Für den Fall, dass Entwickler Kunden auf solche Payment-Optionen umlenken wollen, darf Apple nach dem jüngsten scharfen Urteil keine Gebühren mehr berechnen. Zudem darf der Konzern App-Anbieter nicht mehr technisch daran hindern, Links zu anderen Zahlungsmethoden bereitzustellen. Aktionäre fürchten nun rechtlichen Ärger für Apple in anderen Rechtsräumen, nachdem die EU-Kommission den Tech-Riesen zuletzt in einem ähnlichen Fall wegen Verstößen gegen den Digital Markets Act mit einer Strafe von 500 Mill. Euro belegt hat.
Zudem drohen Niederlagen von Alphabet in Kartellprozessen den iPhone-Konzern zu treffen. So urteilte ein US-Bundesgericht im vergangenen August, dass die Google-Mutter über ein illegales Monopol im Suchmaschinengeschäft verfügt. Neben einer Veräußerung des Browsers Chrome oder des Android-Betriebssystems hat das US-Justizministerium einen Stopp der Zahlungen von 20 Mrd. Dollar pro Jahr an Apple, durch die Alphabet sich die Position als Standard-Suchmaschine auf den Geräten des Smartphone-Riesen sichert, als Lösung ins Auge gefasst, um kompetitive Vorteile der Google-Suchmaschine zu verringern.
Amazon stellt vorsichtigen Ausblick
Derweil kämpft auch Amazon mit wachsenden Unsicherheiten durch Trumps Handelskrieg. Der E-Commerce-Riese hat im ersten Quartal zwar sowohl mit einem Umsatzwachstum um 9% auf 155,7 Mrd. Dollar als auch mit einem Sprung des Nettogewinns um über 64% auf 17,1 Mrd. Dollar die Erwartungen der Wall Street übertroffen. Doch Analysten werteten den Ausblick für das zweite Quartal, in dem der Konzern Erlöse von 159 bis 164 Mrd. Dollar und einen operativen Gewinn zwischen 13 und 17,5 Mrd. Dollar vorhersagte, als vorsichtig.
Schließlich generiert Amazon mehr als 60% der Erlöse aus dem E-Commerce über Drittparteienhändler auf der Plattform, die viele ihrer Produkte aus China beziehen. Diese müssen nun den Großteil der Belastungen durch die Strafzölle tragen – einige von ihnen testen wohl aus, wie stark sie ihre Preise anheben können, ohne vom Tech-Riesen dafür abgestraft zu werden. Zugleich setzt Amazon laut Beratern, die mit dem Konzern zusammenarbeiten, Zulieferer unter Druck, um die Handelspreise niedrig und die Margen hoch zu halten.
Tech-Riese spürt Unmut Washingtons
Allerdings zog sich der E-Commerce-Riese zuletzt den Unmut der US-Regierung zu. Amazon erwog angeblich, auf seiner Billigshopping-Webseite Haul auszuweisen, wie stark Einfuhrzölle bestimmte Produkte verteuern. Allerdings verwarf der Konzern die Pläne wohl wieder, nachdem das Weiße Haus das Vorhaben als „feindlichen politischen Akt“ bezeichnete und Trump Amazon-Gründer Jeff Bezos dazu angeblich persönlich anrief. Bezos sei ein „sehr netter Typ“, der das „Problem schnell gelöst“ habe, sagte der Präsident in der zu Ende gehenden Woche, bevor er zu einer politischen Kundgebung anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt in den Bundesstaat Michigan reiste.

Amazon-CEO Andy Jassy sagte in einer Analystenschalte, noch seien auf Nachfrageseite und bei der Preissetzung der Händler keine signifikanten Effekte von Trumps Strafzöllen erkenntlich. Dies könne sich zu einem späteren Zeitpunkt aber ändern. Die UBS bestätigt zwar ihre Kaufempfehlung für die Amazon-Aktie, hat das Kursziel aber mit Verweis auf Risiken durch den Handelskrieg von 272 auf 253 Dollar gesenkt. Bevorstehende Probleme im E-Commerce drohen Amazon umso härter zu treffen, da das Erlöswachstum der Cloud-Sparte Amazon Web Services inzwischen enttäuscht. Im ersten Quartal beliefen sich deren Erlöse auf 29,3 Mrd. Dollar, die Konsensprognose hatte auf 29,4 Mrd. Dollar gelautet. Konkurrentin Microsoft punktete am Vortag noch mit einer starken Entwicklung ihrer Cloud-Sparte Azure bei Investoren.