Downgrades durch Moody's

Amerikas Banken verlieren den Staat als Feuerlöscher

Die Ratingagentur Moody’s zweifelt an der Fähigkeit Washingtons, US-Banken im Krisenfall zu stützen. Nun müssen Amerikas Geldhäuser mit steigenden Kosten für die Default-Absicherung rechnen.

Amerikas Banken verlieren den Staat als Feuerlöscher

Amerikas Banken verlieren den Staat als Anker

Moody’s kürzt nach Rating der USA auch Bonitätsnoten führender Geldhäuser – J.P.-Morgan-Chef warnt vor unterschätzten Folgen von Trumps Zöllen

Die Ratingagentur Moody’s zweifelt an der Fähigkeit Washingtons, US-Banken im Krisenfall zu stützen. In der Vergangenheit stand der Staat trotz gegenteiliger Beteuerungen stets mit Notprogrammen bereit, nun müssen Amerikas Geldhäuser mit steigenden Kosten für die Default-Absicherung rechnen.

Von Alex Wehnert, New York

Die angeschlagene fiskalische Situation Washingtons ruft schwere Bedenken über die Stabilität des US-Finanzsektors wach. So ist die Ratingagentur Moody’s nicht nur bei der Bonitätsabstufung der Vereinigten Staaten von „Aaa“ auf „Aa1“ ihren Konkurrentinnen S&P und Fitch gefolgt, sondern hat zum Start der neuen Woche auch die Kreditwürdigkeit führender Finanzinstitute herabgestuft. Für J.P. Morgan, Bank of America, Wells Fargo und Bank of New York Mellon (BNY) geht es von „Aa1“ auf „Aa2“. Zudem wertet Moody’s die Einlagensicherheit der drei erstgenannten Häuser nun als niedriger, während sie BNY Mellon und State Street inzwischen ein höheres Kontrahentenrisiko attestiert.

Begründung lässt aufhorchen

Die Downgrades treffen die Marktteilnehmer nicht völlig unvorbereitet, hatten die Analysten solche Schritte doch schon im Zuge der US-Rating-Herabstufung angekündigt. Doch die Begründung lässt aufhorchen: Moody’s beruft sich auf eine stärker eingeschränkte Fähigkeit der Regierung der Vereinigten Staaten, Banken im Krisenfall zu unterstützen. Die fiskalische Stabilität der USA steht infolge wiederholter Streitigkeiten um die Anhebung der Schuldenobergrenze im Kongress stark in Zweifel.

Defizit wächst

Derweil hat sich die Staatsverschuldung zuletzt auf über 124% des Bruttoinlandsprodukts ausgeweitet. Die Zinsverpflichtungen der US-Regierung auf die ausstehenden Treasuries fressen pro Quartal inzwischen mehr als 35% der Staatseinnahmen auf. Präsident Donald Trump versprach im Wahlkampf zwar Bürokratieabbau und eine höhere Kosteneffizienz im Verwaltungsapparat. Doch das ohnehin schon hohe Haushaltsdefizit hat sich unter dem Republikaner sogar noch ausgeweitet. Das unabhängige Congressional Budget Office rechnet im laufenden Jahr mit einem Defizit von 6,2% des BIP, Tendenz weiter steigend.

Turbulenzen durch Abwertungspläne

Hinzu kommen die Pläne von Trumps ökonomischen Beratern zu einer strategischen Abwertung des Dollar, die im bisherigen Jahresverlauf bereits zu Turbulenzen bei im Greenback denominierten Bonds geführt haben. Die Renditen amerikanischer Staatsanleihen befinden sich trotz der Zinssenkungen der Federal Reserve aus dem vergangenen Jahr seit Monaten auf dem Vormarsch, die laufende Verzinsung der 30-jährigen Treasury kletterte zum Wochenstart einmal mehr über die Marke von 5%.

Default-Absicherung wird teurer

Die protektionistische Handelspolitik Trumps untergräbt das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Kreditwürdigkeit amerikanischer Banken noch zusätzlich. Rund um die Verkündung der vom Präsidenten gegen US-Handelspartner verhängten Strafzölle Ende März und Anfang April schossen die Kurse fünfjähriger Credit Default Swaps (CDS) von Instituten wie J.P. Morgan und Bank of America auf den höchsten Stand seit Herbst 2023 – damals hatte das Fitch-Downgrade für die USA Sorgen vor einem fiskalischen Kollaps geschürt.

Zeitweise kostete es zuletzt 67,30 Dollar, fünfjährige Investment-Grade-Anleihen von J.P. Morgan im Gegenwert von 10.000 Dollar gegen Ausfallrisiken zu versichern. Seither hat sich der Markt zwar wieder etwas beruhigt, insbesondere aufgrund der Deeskalation im Handelskrieg zwischen Washington und Peking. Dennoch rechnen Analysten mit steigenden Kreditkosten infolge der Rating-Herabstufungen, die auch die Bepreisungen für das Default-Hedging anziehen lässt.

Warnrufe auf Investorentag

Andere Strategen raten hingegen zur Ruhe. Nicholas Colas von der Research-Firma Datatrek etwa, betont in einem Kommentar, dass die früheren US-Downgrades von S&P und Fitch Anleger nicht langfristig aus Dollar-Assets vertrieben hätten. Der US-Kapitalmarkt sei noch immer so tief und liquide wie kein anderer weltweit. Doch Jamie Dimon, Vorstandschef der größten US-Bank J.P. Morgan, warnte auf dem Investorentag des Hauses am Montag davor, dass die Strafzölle die US-Wirtschaft stärker zu treffen drohen, als der Markt nach Trumps jüngsten, freundlicheren Aussagen erwartet.

J.P.-Morgan-CEO Jamie Dimon warnt vor ökonomischen Verwerfungen. Foto: picture alliance / SIPA | Eric TSCHAEN-POOL.

Auch auf der Liquiditätsseite braut sich laut Strategen etwas zusammen für Amerikas Finanzinstitute. Denn da die US-Notenbank aufgrund von Befürchtungen neuer Inflationssprünge bisher an ihrer restriktiven Geldpolitik festhält und Verbraucher inzwischen höhere Zinsen auf Bankeinlagen verlangen, droht wachsender Liquiditätsdruck.

Rettung auf Staatskosten

Die europäische Ratingagentur Scope kritisiert zwar die von Moody’s angeführte Begründung für die Downgrades und wirbt dafür, die Bonitätsnoten von Finanzinstituten nicht an die fiskalische Situation des Souveräns zu knüpfen. Doch in der Vergangenheit hat Washington trotz aller Beteuerungen, Bankrettungen nicht auf dem Rücken des Steuerzahlers austragen zu wollen, doch stets den sicheren Anker für den Sektor gespielt. Auch nach den kontrovers diskutierten Bailouts der Finanzkrise 2008 und einer Umwälzung der Regulierungen durch den Dodd-Frank Act.

So erklärten Fed und Einlagensicherung FDIC während der Regionalbankenkrise 2023 die kollabierten Institute Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank kurzerhand als systemrelevant. Die damit verbundene Garantie der Einlagen verhinderte neuerliche Bank Runs, flankierend stützten Notfallkredite der Notenbank und des US-Finanzministeriums die Geldhäuser.

Kehrtwende in der Regulierung

Doch gerade unter dem Eindruck der damaligen Turbulenzen – mit dem Kollaps von SVB, Signature und der First Republic Bank kam es binnen zwei Monaten zu drei der vier größten Bankzusammenbrüche der US-Historie – sahen Regulatoren ursprünglich eine Verschärfung der Kapitalvorgaben über das im globalen Bankenpaket Basel III vereinbarte Maß hinaus vor. Gemäß damaliger Pläne sollten die Mindestanforderungen für das harte Kernkapital globaler, systemisch wichtiger US-Institute um 20% steigen.

Nach heftigem Gegenwind aus der Branche ruderten die Regulatoren allerdings zurück – und bewegen sich jetzt vollkommen in die entgegengesetzte Richtung. So wollen sie offenbar die Supplementary Leverage Ratio (SLR), die Anforderungen für das Tier-1-Kapital von Finanzinstituten im Verhältnis zu den Fremdmitteln auf und abseits der Bilanzen festlegt, deutlich senken. Damit könnten Banken die als „weitgehend risikolos“ eingestufte Treasuries leichter zeichnen – und damit die US-Regierung unterstützen, obwohl die Stabilität des US-Anleihemarkts stark angeschlagen ist.

Eigenmittelanteil sinkt

Die Supplementary Leverage Ratio aller von den jüngsten Moody’s-Downgrades betroffenen US-Geldhäuser gingen im ersten Quartal zurück, allen voran bei der Bank of America. Vor diesem Hintergrund spricht der unabhängige Think-Tank Peterson Institute for International Economics von einem unpassenden Zeitpunkt, um Kapitalstandards zu senken.