Geldpolitik

EZB trotzt Fed-Tempo

Während die US-Notenbank Fed bei ihrer Sitzung Anfang Mai ihre geldpolitische Straffung deutlich verschärfen dürfte, bleibt die EZB trotz Rekordinflation bei einem viel vorsichtigeren Kurs. Bundesfinanzminister Christian Lindner warnt.

EZB trotzt Fed-Tempo

ms Frankfurt

Der geldpolitische Graben zwischen den USA und dem Euroraum wird sich zumindest kurzfristig weiter vertiefen. Während die US-Notenbank Fed bei ihrer Sitzung Anfang Mai ihre geldpolitische Straffung deutlich verschärfen dürfte, bleibt die Europäische Zentralbank (EZB) trotz Rekordinflation bei einem viel vorsichtigeren Kurs. Die Euro-Hüter bekräftigten zwar am Donnerstag nach ihrer Sitzung, dass die EZB-Nettoanleihekäufe im dritten Quartal beendet werden dürften. Den Zeitpunkt für Zinserhöhungen ließen sie aber offen.

Nahezu weltweit sind die Zentralbanken mit einer hartnäckig hohen Inflation konfrontiert – während der Ukraine-Krieg die Konjunktur belastet. Viele stemmen sich mit entschlossenen Zinserhöhungen gegen die Preisgefahren. Die Fed hatte im März ihren Leitzins erstmals seit En­de 2018 angehoben – auf 0,25 bis 0,5%. Für die Sitzung am 3. und 4. Mai hat sie eine neuerliche Erhöhung avisiert, dann sogar um 50 Ba­sispunkte. Zugleich will sie mit der Reduzierung ihrer Bilanz von rund 9 Bill. Dollar beginnen. Ein solcher Gleichklang aus Zinserhöhungen und Bilanzabbau ist beispiellos.

Die EZB agiert sehr viel vorsichtiger. EZB-Präsidentin Christine La­garde begründete das am Donnerstag erneut damit, dass sich die USA und der Euroraum in unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus befänden. Diese Unterschiede würden durch den Krieg noch verstärkt, weil Europa sehr viel stärker von den Folgen betroffen sei als die USA. Allerdings nimmt auch der Druck auf die EZB zu – nicht zuletzt in Deutschland. Am Donnerstag warnte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), dass Inflation „langfristig die größte Gefahr für die Staatsfinanzen und den Wohlstand“ sei.

Die Euro-Hüter verstärkten am Donnerstag ihr Signal für ein Ende des Anleihekaufprogramms APP im dritten Quartal. Die Nettokäufe im Zuge des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP waren bereits im März beendet worden. Was folgende Zinserhöhungen betrifft, ließ sich Lagarde aber nicht in die Karten schauen. Laut dem Zinsausblick (Forward Guidance) des EZB-Rats soll das „einige Zeit“ nach dem Ende der APP-Käufe passieren. Das könne „eine Woche oder mehrere Monate“ bedeuten, so Lagarde. An den Finanzmärkten werden derzeit zwei Zinserhöhungen im Jahr 2022 eingepreist. Das würde den Einlagenzins von derzeit −0,5% auf 0% bringen.

Berichte und Kommentar Seite 5

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