Iconic Holding

„Bitcoin hat nun Spielraum nach oben“

Die Talfahrt am Kryptomarkt eröffnet laut dem Assetmanager Iconic Holding auch wieder Gelegenheiten. So dürften institutionelle Investoren die niedrigeren Kursniveaus als Einstiegschance begreifen.

„Bitcoin hat nun Spielraum nach oben“

Alex Wehnert.

Herr Lautenschläger, Herr Geister, die Iconic Holding hat ihr Ex­change Traded Product (ETP) auf Bitcoin Anfang Mai auf Xetra gelistet, also mitten in einer Phase heftiger Kursrückschläge. Inwiefern war das für das Investoreninteresse langfristig abträglich?

Lautenschläger: Natürlich sieht es auf den ersten Blick schlecht aus, dass wir ein Produkt lancieren und Bitcoin kurz darauf einbricht. Dennoch bin ich aber froh darüber, dass sich der Markt abgekühlt hat. Schließlich haben viele institutionelle Investoren, allen voran Family Offices, ausgehend von den Kursniveaus bei über 60000 Dollar auf eine Korrektur gewartet und sehen diese als Einstiegschance. Wären die Preise weiter gestiegen, hätte sich eine zunehmende institutionelle Adaption wohl schwieriger gestaltet, obwohl Umfragen ein hohes Interesse dieser Investoren an Cyberdevisen belegen.

Sie sprechen von einer Abkühlung. Warum sind Sie sich so sicher, dass der in den vergangenen Wochen zu beobachtende Kursdruck ein temporäres Phänomen darstellt?

Lautenschläger: Wir bedienen uns gerne des Stock-to-Flow-Modells, das die neu generierten Einheiten eines Assets ins Verhältnis zum Bestand setzt. Das funktioniert für Gold und andere Rohstoffe, hat sich in den vergangenen Jahren aber auch für Bitcoin als zuverlässiger Indikator erwiesen. Demzufolge liegt die Kryptowährung nur leicht unterhalb des Kurses, der aktuell erreicht sein sollte, und hat nun Spielraum nach oben.

Allerdings existieren durchaus schwerwiegende Belastungen wie die Bitcoin-Abkehr von Tesla-Chef Elon Musk oder die anhaltende Diskussion um die Nutzung von Cyberdevisen für Geldwäsche oder andere kriminelle Zwecke.

Geister: Solche Störfeuer wird es auch weiterhin geben, dessen müssen sich Investoren bewusst sein. Allerdings basieren einige der derzeit schwerwiegendsten Kritikpunkte hinsichtlich des Kryptomarkts lediglich auf Halbwahrheiten. So wird Bitcoin zwar tatsächlich für unsaubere Aktivitäten genutzt, beim klassischen Bargeld ist das aber noch viel stärker der Fall. An allen Transaktionen mit Kryptowährungen machen illegale Gelder laut Studien nur einen Anteil von 0,3% aus.

Wie bewerten Sie die Diskussion um den hohen Stromverbrauch des Bitcoin-Minings, der Musk noch einmal Schwung verliehen hat?

Lautenschläger: Es geht dabei häufig unter, dass 60% des Stroms, die für das Bitcoin-Mining aufgewendet wird, aus Wasserkraft stammt, insgesamt beläuft sich der Anteil erneuerbarer Energien auf über 70%. Außerdem wird Mining zumeist an Orten betrieben, an denen ein Energieüberschuss besteht, zum Beispiel in Island oder im Norden Russlands. Es entsteht in der Folge also keine Elektrizitätsverknappung auf globaler Ebene. Darüber hinaus verbraucht das traditionelle Finanzsystem deutlich mehr Energie als die Kryptowelt.

Ist dieses Argument denn auch künftig gültig? Sollten die Preise wieder steigen, wird Mining schließlich lukrativer – auch für Marktteilnehmer aus anderen Erdteilen.

Lautenschläger: Das stimmt, dieses Phänomen war ja auch während der Bitcoin-Rally in den ersten Jahresmonaten zu beobachten. Allerdings wird das von den Minern genutzte Equipment mit zunehmendem technologischen Fortschritt effizienter und die Energie dahinter grüner. Wenngleich der Stromverbrauch also noch steigen sollte, wird der CO2-Fußabdruck positiver ausfallen. Hinzu kommt, dass die Ethereum-Blockchain in Kürze auf das Proof-of-Stake-Verfahren umgestellt wird, das weniger energieintensiv ist als die beispielsweise bei der Erstellung neuer Bitcoin-Einheiten genutzte Proof-of-Work-Variante.

Haben die Anleger, die bisher vor einer Krypto-Investition zurückschrecken, solche Unterschiede denn überhaupt im Blick?

Geister: Natürlich gibt es für Krypto noch kein Massenverständnis, zwischen verschiedenen Cyberdevisen wie eben Bitcoin und Ether differenziert der Großteil der Marktteilnehmer bislang kaum. Gerade deshalb gefällt uns die intensive öffentliche Debatte aktuell aber gut – schließlich lenkt sie das Augenmerk darauf, welche Coins energieeffizienter sind und worin grünere Lösungen für den Kryptomarkt liegen. Wir als Produktanbieter wollen zu einer konstruktiven Diskussion beitragen und veröffentlichen viel Research, in dem wir Kritikpunkte wie Geldwäsche und Elektrizitätsverschwendung genauer analysieren.

Wie ist es denn um die Energieeffizienz des von Ihrem Unternehmen begebenen Iconic Token bestellt?

Lautenschläger: Unser Token be­steht auf Ethereum-Basis, deshalb sollte die Energieeffizienz mit der Umstellung des Netzwerks auf Proof-of-Stake steigen. Die Transaktionskosten auf der Blockchain sind bereits stark gestiegen, kleinere Transaktionen lohnen sich derzeit also kaum noch. Das Volumen hält sich derzeit also in engen Grenzen, insbesondere auf der Kryptobörse Uniswap, über die der Handel mit unserem Token läuft. Daher verbrauchen wir recht wenig Elektrizität – generell wollen wir unsere Firma und Produkte in Zukunft so gestalten, dass wir CO2-neutral sind.

Welche Auswirkungen haben die aktuellen regulatorischen Entwicklungen in den USA – die SEC streitet mit Ripple Labs, die Zulassung für einen Bitcoin-ETF zieht sich hin – für Krypto-Emittenten und Produktanbieter wie die Iconic Holding?

Lautenschläger: Von der SEC war ich zuletzt eigentlich positiv überrascht. Mit Hester Peirce hat eine hochrangige Vertreterin der Börsenaufsicht schließlich unterstrichen, dass die Innovation im Blockchain-Bereich so stark fortgeschritten ist und es so viele Innovationen rund um das Thema gibt, dass Verbote von Kryptowährungen kontraproduktiv für den Finanzplatz USA sind.

Geister: Besonders spannend ist natürlich die Debatte um eine Einführung von Krypto-ETFs in den USA. Bisher hat die SEC alle Anträge abgeschmettert, ad acta gelegt ist das Thema damit aber noch nicht. Schließlich gelten frühere Bedenken der SEC in Bezug auf die Liquidität und Handelbarkeit von Kryptowährungen inzwischen als ausgeräumt, und auch bei bestehenden Vorbehalten bezüglich der Anonymität der Marktteilnehmer und der Rolle von Cyberdevisen als Mittel zu Geldwäsche sind Fortschritte erkennbar. Hinzu kommt, dass im direkten Nachbarstaat Kanada bereits Krypto-ETFs handelbar sind.

Welche Bedeutung hätte eine Zulassung für Bitcoin-ETFs in den USA denn für den europäischen Kryptomarkt, in dem Ihr Unternehmen ja operiert?

Geister: Ein Krypto-ETF würde voraussichtlich sofort auf eine massive Nachfrage treffen, die auf den globalen Markt durchschlagen dürfte. Das hohe Investoreninteresse an derivativen Vehikeln lässt sich am Bitcoin Trust der Investmentfirma Grayscale belegen. Das darin verwaltete Vermögen ist im April zeitweise auf über 38 Mrd. Dollar hochgeschnellt, dabei stellt der Trust bei weitem keine ideale Konstruktion für Investoren dar. Es gibt aber Pläne, das Vehikel in einen ETF umzuwandeln – damit würde es für eine breitere Masse an Anlegern, die sich nicht um die Verwaltung eines Wallets kümmern wollen, zugänglich.

In der Europäischen Union dürfte indes so schnell kein Krypto-ETF kommen, da die Ucits-Regulierung keine solchen Vehikel auf einen einzelnen Basiswert zulässt.

Geister: Richtig, deshalb stellen vollständig besicherte Exchange Traded Products in der EU die präferierte Variante dar. ETPs sind sowohl für Privatanleger als auch für institutionelle Investoren interessant, die Bit­coin aufgrund seiner Eignung als Inflationshedge häufig als digitales Gold betrachten. So sind viele Institutionelle, die Gold allokieren, in der Regel auch geneigt, eine Bitcoin-Allokation aufzubauen. Wenn die institutionellen Investoren, die auf Edelmetalle setzen, Kryptowährungen in ihren Portfolios mit 1 bis 2,5% gewichten würden, hätte das schon enorme Auswirkungen auf die Sharpe Ratio. Hinzu kommt, dass offene inländische Spezial-AIFs seit dem 1. Juli bis zu 20% ihres Fondsvermögens in Kryptowährungen investieren dürfen.

Kann die Iconic Holding als vergleichsweise junger und unbekannter Anbieter denn überhaupt von den hohen Mittelzuflüssen profitieren, die Sie sich erhoffen?

Lautenschläger: Wir wollen uns unter anderem über die Kosten von der Konkurrenz abheben. So ist unser Bitcoin-ETP das günstigste auf Xetra gelistete Vehikel seiner Art. Zudem verfügen wir mit Coinbase über einen Partner, der von der BaFin als erstes Unternehmen in Deutschland die Lizenz für Kryptoverwahrung und Eigenhandel erhalten hat und haben als erster ETP-Anbieter überhaupt State Street als Fondsadministrator mit ins Boot geholt.

Geister: Für Privatanleger ist das physisch besicherte Bitcoin-ETP zudem interessant, weil wir eine Auslieferungsoption bieten, wie sie zum Beispiel auch von Xetra-Gold bekannt ist. Dadurch wird nach zwölf Monaten Haltedauer keine Abgeltungssteuer mehr fällig, wie die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren mehrfach bestätigt hat. Die Auslieferungsoption ist für institutionelle Investoren allerdings nicht verfügbar.

Lautenschläger: Dafür gibt es gerade im institutionellen Bereich noch viel Potenzial für Produktinnovationen. Wir haben vor anderthalb Jahren zum Beispiel ein Vehikel aufgelegt, das die Entwicklung der 20 größten Kryptocoins nachbildet. In den kommenden Jahren wollen wir unser Buffet an Produkten dann noch verbreitern.

Das Interview führte