Konjunkturtableau Euroland

Damoklesschwert Omikron belastet Erholung

Die Omikron-Variante des Coronavirus schwebt wie ein Damoklesschwert über der Euro-Konjunktur. Im November hat sich die Unternehmensstimmung aber aufgehellt, und die Prognosen im Konjunkturtableau sind kaum verändert.

Damoklesschwert Omikron belastet Erholung

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Der Wirtschaft im Euroraum steht angesichts der sich immer höher auftürmenden vierten Coronawelle und der Unsicherheit über die Omikron-Variante ein harter Winter bevor. In den aktuellen Konjunkturdaten spiegelt sich dies allerdings noch nicht wider. So signalisiert der Einkaufsmanagerindex (PMI) für November eine Wachstumsbeschleunigung. Al­lerdings wurden die Daten vor der Entdeckung der Omikron-Variante erhoben. Auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Mannheimer Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sind die Prognosen im Vergleich zum Vormonat mehr oder weniger unverändert.

Im November hellte sich die Unternehmensstimmung in Euroland erstmals nach drei Eintrübungen in Folge wieder auf. Der Industrie und Dienstleister zusammenfassende PMI Composite kletterte um 1,2 auf 55,4 Punkte, wie das Analysehaus IHS Markit am Freitag mitteilte. Die Erstschätzung hatte noch bei 55,8 Zählern gelegen. Damit liegt das Frühbarometer weiter oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten.

Die „signalisierte Wachstumsbeschleunigung dürfte nur von kurzer Dauer sein“, mahnte allerdings Chris Williamson, Chefvolkswirt bei IHS Markit, mit Blick auf die Omikron-Mutation. Hinsichtlich der kurzfristigen Aussichten dürfte sich die Stimmung nach Bekanntwerden der Mutation „unweigerlich noch weiter verschlechtert haben“. Nicht nur die Nachfrage habe sich abgeschwächt, auch die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist seien gesunken.

Das stärkere Wachstum kaschiere dabei die unterschiedliche Entwicklung in den Ländern und Sektoren: Während die Industrie weiter unter den Lieferengpässen litt, verzeichnete der Servicesektor wieder kräftiges Wachstum. Der entsprechende PMI legte um 1,3 auf 55,9 Punkte zu und liegt damit ebenso wie der PMI Composite über dem Langzeit-Durchschnittswert. Auf Länderebene ging es am stärksten abseits der beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone aufwärts. Besonders schwach fiel das Wachstum in Deutschland aus. Zwar hätten sich auch die hiesigen Serviceanbieter im November erneut ein moderates Wachstumsplus erkämpft, doch seien „die zukunftsorientierten Indikatoren besorgniserregend“, erklärte IHS-Markit-Experte Phil Smith.

Dem aktuellen Konjunkturtableau zufolge erwarten die Auguren, dass die deutsche Wirtschaft schlechter durch die Pandemie kommt als das Eurogebiet insgesamt – zumindest gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP). So wurde die Median-Prognose für das Euro-BIP im laufenden Jahr um 0,1 Prozentpunkte auf 5,1% nach oben gesetzt, zugleich die Voraussage für das deutsche BIP im Vergleich zum Oktober-Tableau um 0,1 Punkte auf nun 2,6% gesenkt. Anders sieht es hingegen aus, wenn die Arbeitslosenquote als Maßstab dient, erklärt ZEW-Experte Michael Schröder. Hier werden für den Euroraum 7,3% prognostiziert, für Deutschland hingegen 5,2% – in nationaler Rechnung. Nach der Definition von Eurostat berechnet fällt der Unterschied noch deutlicher aus, da diese Quote Schröder zufolge etwa 1,7 bis 1,8 Prozentpunkte unter der von der Bundesagentur für Arbeit (BA) berechneten liegt.

Während aktuell die Inflationsrate mit 4,9% im Eurogebiet und gemäß EU-harmonisierter Berechnung (HVPI) in Deutschland mit 6,0% im November neue Höchstwerte er­reicht hat, gehen die Ökonomen „nach wie vor davon aus, dass die Inflationsraten im kommenden Jahr wieder sinken werden“, sagte Schröder. Allerdings wurden die Prognosen etwas angehoben. 2022 soll die durchschnittliche Jahresrate im Eurogebiet bei 2,0 (zuvor: 1,9)% und damit genau auf dem EZB-Zielwert liegen. Für Deutschland werden 2,4 (2,1)% erwartet.

Konjunkturtableau
2. Quartal3. QuartalPrognose 2021Prognose 2022
2019202020212021TiefMedianHochTiefMedianHoch
Volkswirtschaftliche Daten
Bruttoinlandsprodukt11,3–6,62,12,24,35,15,63,54,45,2
Privatkonsum11,3–8,03,7– 2,53,43,83,65,97,0
Staatskonsum11,81,21,2– 1,23,43,6–1,21,32,7
Anlageinvestitionen15,7–8,31,1– 1,14,47,20,14,15,6
Exporte12,5–9,42,2– 0,09,09,70,05,07,2
Importe13,9–9,22,3– 0,06,89,00,05,37,1
letzter Wert
Verbraucherpreise21,20,34,9 (November)52,02,43,01,32,02,5
Arbeitslosenquote37,57,87,3 (Oktober)7,07,78,56,87,38,3
Zinsen und Zinsdifferenzen
3-Monats-Geld3–0,36–0,43–0,57–0,6–0,5–0,5–0,6–0,5–0,5
10-jährige Anleihen3–0,14–0,57–0,35–0,3–0,20,0–0,5–0,10,1
USA/Eurozone, langfristig3,4205151181170179195170185195
USA/Eurozone, kurzfristig3,426910775306575306377
Eurozone lang/kurz3,4  221422203555546185
Redaktionsschluss: 1. Dezember; Tagesdaten vom 30. November1) real gegen Vorjahr bzw. Vorquartal in %; 2) gegen Vorjahr in %; 3) Werte für 2019 und 2020 sind Jahresdurchschnitte, letzter Wert der Zinsen und Zinsdifferenzen sind Stände vom Vortag; 4) in Basispunkten; 5) erste vorläufige Schätzung
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