Im BlickfeldExchange Traded Funds

Warum selbst Fondsfans auf ETF umschwenken

Immer mehr Gelder fließen in die kostengünstigen ETFs, während die Zuflüsse in herkömmliche Fonds deutlich geringer ausfallen. Traditionelle Anbieter reagieren darauf und legen aktive ETFs auf.

Warum selbst Fondsfans auf ETF umschwenken

Warum selbst Fondsfans auf ETF umschwenken

Immer mehr Gelder fließen in die kostengünstigen ETFs, während die Zuflüsse in herkömmliche Fonds deutlich geringer ausfallen. Traditionelle Anbieter reagieren darauf und legen aktive ETFs auf.

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Jens Ehrhardt ist seit mehr als 50 Jahren ein Name am deutschen Kapitalmarkt, hat Dutzende Preise abgeräumt. Mit seiner Firma DJE Kapital hat er bis zu diesem Jahr nur herkömmliche Fonds begeben. Nun hat DJE im Februar zusammen mit der DWS-Tochter Xtrackers den ersten aktiven ETF auf amerikanische Aktien aufgelegt. „Mit dem aktiven US-ETF wollen wir Investoren eine kosteneffiziente und transparente US-Aktienstrategie bieten“, sagt Thorsten Schrieber, Mitglied des DJE-Vorstands.

Auch Allianz Global Investors (Allianz GI) ist ein aktiver Investor, der bis vor kurzem nur herkömmliche aktive Fonds begeben hat. Nun dringt Allianz GI in den Bereich der aktiven ETFs vor – wenn auch zunächst für Kunden in Taiwan. „Wir wissen, dass aktive ETFs für einen Teil unseres Kundenstammes immer attraktiver geworden sind, da sie die Vorteile aktiver Investments mit geringen Eintrittsbarrieren und geringen Kosten verbinden“, erklärt Tobias C. Pross, CEO von Allianz GI.

Zeitenwende

In der Fondsindustrie findet eine Zeitenwende statt: Während die Mittelzuflüsse im Mantel des Exchange Traded Fund, kurz ETF, boomen, sind traditionelle Fonds immer weniger gefragt. „ETFs haben sich als liquide und kosteneffiziente Anlageprodukte durchgesetzt, die sehr unterschiedlich eingesetzt werden können“, sagt Simon Klein, Global Head of Xtrackers Sales bei der DWS. Um noch mitspielen zu können und hohe Mittelzuflüsse zu erzielen, legen immer mehr traditionelle Fondsanbieter ETFs auf. Dabei ist gerade auch das Produkt der aktiven ETFs beliebt, sprich kostengünstige börsennotierte Fonds mit aktiver Steuerung.

Bei den deutschen Publikumsfonds fließen die meisten Gelder inzwischen bereits in ETFs. Laut Fondsverband BVI entfielen von 32,5 Mrd. Euro Zuflüssen im ersten Quartal satte 20,5 Mrd. Euro oder 62,9% auf ETFs. Und der Marktanteil der ETFs am Fondsvermögen hierzulande ist inzwischen auf 24% geklettert.

Die europäische ETF-Industrie hat denn auch im ersten Halbjahr neue Höchststände bei den Mittelzuflüssen sowie bei den verwalteten Geldern erreicht. So betrugen die neu zugeflossenen Gelder im Juni 26,3 Mrd. Dollar, sodass die ETF-Industrie in Europa im ersten Halbjahr den Rekordbetrag von 176,1 Mrd. Dollar einsammeln konnte, hat das Analysehaus ETFGI ausgerechnet. Zugleich sind die von der europäischen ETF-Industrie verwalteten Gelder per Ende Juni auf den Rekordwert von 2,74 Bill. Dollar gestiegen. Dass der Juni der 33. Monat mit Mittelzuflüssen in Folge war, verdeutlicht das Wachstum der börsengehandelten Fonds.

Der Boom der ETFs ist natürlich ein Problem für die etablierten Anbieter, die bisher mit herkömmlichen Produkten gutes Geld verdient haben. Dabei liegen auf der Aktienseite die jährlichen Gebühren durchaus bei 1,5% bis 1,8% pro Jahr. ETFs weisen wesentlich niedrige Gebühren auf, beginnend ab wenigen Basispunkten.

Marktführer iShares

Doch ist natürlich auch mit ETFs gutes Geld zu verdienen, wenn es gelingt, genügend Mittel einzusammeln. Dies macht vor allem Blackrock mit seiner Tochter iShares als europäischer ETF-Marktführer mit 41,3% Marktanteil vor. Nach Angaben von ETFGI lagen die Mittelzuflüsse von iShares im ersten Halbjahr in Europa bei 62,4 Mrd. Dollar, die verwalteten Gelder betragen inzwischen satte 1,13 Bill. Dollar.

Große Spieler bei ETFs sind zudem Amundi und – als einziger deutscher Assetmanager – die DWS mit ihrer Marke Xtrackers. Hinzu kommen mehrere große US-Adressen wie Vanguard, Invesco und State Street Investment Managers (deren ETFs auch als SPDR bekannt sind), die den europäischen Fondsmarkt aufmischen.

Dass kostenbewusste Institutionelle gerne ETFs kaufen, liegt nahe. Hinzu kommt, dass immer mehr Privatanleger auf die börsennotierten Fonds umschwenken. Besonders junge Leute kaufen über die digitalen Kanäle wie Neo- und Discountbroker bevorzugt ETFs. In einer häufig als „muffig“ empfundenen Bankfiliale beraten zu werden, das mag keiner der Jungen mehr. Der Kauf von ETFs wie auch die „Education“ findet übers Handy statt.

Darüber hinaus empfehlen Verbraucherzentralen sowie Stiftung Warentest oder Finanztip Privatanlegern den Kauf der kostengünstigen ETFs – vor allem auch zur Altersvorsorge über entsprechende ETF-Sparpläne.

Union prüft aktive ETFs

Wer da als Fondsanbieter keine ETFs anbietet, droht alt auszusehen. Zumindest hat er dann nichts im Angebot, wenn ETFs nachgefragt werden. Daher legen jetzt immer mehr traditionelle Manager neben ihrer Palette an herkömmlichen Fonds zusätzlich ETFs auf. So sind in Europa inzwischen Adressen wie J.P. Morgan Asset Management oder Fidelity mit aktiven ETFs vertreten. Diese sind allerdings so ausgerichtet, dass sie einen anderen Fokus als die bereits bestehenden aktiven Fonds dieser Anbieter haben.

Bei den großen heimischen Anbietern bieten die DWS mit Xtrackers und die Deka seit Jahren ETFs an. „ETFs sind für uns ein Einstiegs- und Komplementärprodukt, das auch über Berater vertrieben wird“, erklärt Denis Friess, Leiter institutionelles Fondsmanagement bei Deka Investment. ETFs werden somit auch aktiv über Sparkassen verkauft.

Allianz GI bietet wie erwähnt in Taiwan bereits aktive ETFs an. „Basierend auf den Erfahrungen, die wir dort machen, und unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Marktlage werden wir dann zu gegebener Zeit über weitere Schritte entscheiden“, teilt die Fondsgesellschaft mit. „Dies würden aber aktive ETFs bleiben.“

Hingegen hat Union Investment bisher keine ETFs im Angebot. „Wir werden auch weiterhin keine passiven ETF anbieten“, so die Gesellschaft. „Das Geschäft mit aktiven ETF schauen wir uns an. Es gibt aber derzeit noch keine Entscheidung, ob wir in dieses Segment einsteigen oder nicht.“

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