Fondsabsatz

Anleger ziehen Milliarden aus deutschen Fonds ab

Der Fondsabsatz in Deutschland gerät auf Quartalssicht stärker unter Druck als zu Beginn der Coronakrise, berichtet der deutsche Fondsverband BVI. Unterm Strich flossen im dritten Jahresviertel 10 Mrd. Euro ab.

Anleger ziehen Milliarden aus deutschen Fonds ab

jsc Frankfurt

Zinswende, Börsen­unruhe und Energiekrise belasten zunehmend das Neugeschäft der Fondsbranche in Deutschland: Im dritten Quartal zogen Sparer und Investoren insgesamt 10,1 Mrd. Euro ab, wie der deutsche Fondsverband BVI berichtet. Offene Spezialfonds hielten sich in Summe mit 7,1 Mrd. Euro über Wasser, während aus Publikumsfonds netto 16,9 Mrd. Euro abflossen und damit deutlich mehr als im Startquartal 2020, als die Pandemie erstmals um sich griff und die Börsen zeitweilig eingebrochen waren. Bereits im zweiten Quartal diesen Jahres war der Absatz abgestürzt, blieb insgesamt aber noch oberhalb der Nulllinie.

Sieben Einzelkategorien stechen im dritten Quartal im Publikums­fondssegment besonders negativ hervor: Aktienfonds für Europa, Aktienfonds für Schwellenländer, Aktien-ETFs, Rentenfonds für Euro-Kurzläufer, Rentenfonds für diverse internationale Währungen, rentenlastige globale Mischfonds und Euro-Geldmarktfonds verzeichnen jeweils einen milliardenschweren Abfluss. Lediglich globale Aktienfonds, die mit einem Volumen von 224 Mrd. Euro das mit Abstand schwerste Einzelsegment darstellen, erzielten mit netto 3,5 Mrd. Euro erneut milliardenschwere Zuflüsse. Immobilienfonds blieben mit plus 620 Mill. Euro ebenfalls in positivem Terrain.

Spezialfonds, die für institutionelle Investoren aufgelegt werden, schlüsselt der Verband nicht nach Einzelkategorien auf. Allerdings zeigt eine Statistik der Bundesbank, dass Rentenfonds ebenfalls im dritten Jahresviertel mit einem Milliardenabfluss unter Druck geraten sind. Ähnlich wie in den Vorquartalen floss laut BVI  viel Geld aus Mandaten ohne Fondshülle ab, und zwar 2,2 Mrd. Euro. Das kleinere Segment geschlossener Fonds blieb mit einem Absatz von plus 1,9 Mrd. Euro derweil gefragt.

Zinswende belastet

Der Verband verweist auf Marktturbulenzen durch den Ukraine-Krieg und auf die Inflation. Tatsächlich hängen die Zu- und Abflüsse erfahrungsgemäß stark von der Kapitalmarktentwicklung ab. Weniger sensibel und meist erst zeitverzögert reagiert der Spezialfondsabsatz, der wegen der üblichen Entscheidungszyklen der Investoren gerade um die Jahreswende hoch ist. Der Zinsanstieg belastet derzeit Aktien- und Anleihemärkte und lässt klassische Sparangebote wie Lebensversicherungen und Bausparverträge attraktiver erscheinen. Damit entwickelt sich das Fondssegment völlig anders als im vergangenen Jahr, als die Börsenkurse weltweit anzogen und die deutsche Fondsbranche einen Re­kordabsatz verzeichnete.

Wie sich der Negativabsatz in den einzelnen Fondsadressen zeigt, schlüsselt der Verband anders als früher diesmal nicht auf. Bisher haben aber bereits einige Häuser Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt. Die größte deutsche Fondsgesellschaft DWS verzeichnet hierzulande insgesamt einen Abfluss von netto 1,5 Mrd. Euro, wie die börsennotierte Tochter der Deutschen Bank im Oktober berichtet hatte. Die Allianz, die mit Allianz Global Investors und der US-Tochter Pimco ebenfalls ein Schwergewicht im Fondsgeschäft ist, hatte weltweit im dritten Quartal im Geschäft mit Drittkunden einen Abfluss von netto 20 Mrd. Euro gemeldet, wobei Daten für den deutschen Markt fehlen. Die auf Deutschland fokussierte DekaBank geriet ebenfalls unter Druck, hielt den Absatz im Privatkundensegment aber mit 0,9 Mrd. Euro im positiven Bereich. Das Sparkassenhaus zählt heute 7,4 Millionen Fondssparpläne, die in Summe für regelmäßige Zuflüsse sorgen und das Geschäft stabilisieren. Institutionelle Kunden steuerten weitere 2,5 Mrd. Euro bei.

Hohe Abflüsse aus Fonds sind kein deutsches, sondern ein weltweites Phänomen. In Europa flossen im bisherigen Jahresverlauf bis Ende August 251 Mrd. Euro aus Fonds ab, wie der Fondsverband Efama berichtet. Im August erreichte die Branche aber immerhin noch ein kleines Plus. In den USA meldet der Branchenverband ICI für langfristig ausgelegte Publikumsfonds und ETFs einen Abfluss von netto 124 Mrd. Dollar im dritten Quartal. Der weltgrößte Fondsanbieter Blackrock erzielte in dem Dreimonatsabschnitt einen positiven Absatz. Der europäische Branchenprimus Amundi erreichte hingegen im Einklang mit dem Gesamtmarkt einen negativen Wert.

Weil nicht nur der Absatz, sondern auch Kursverluste auf Investmentfonds lasten, fiel das Volumen im dritten Quartal deutlich ab. Der BVI verzeichnet einen Rückgang von 108 Mrd. Euro auf 3,75 Bill. Euro. Gut die Hälfte der Mittel entfällt auf Spezialfonds, ein weiteres Drittel auf Publikumsfonds und der Rest auf Vermögen ohne Fondshülle.

Wertberichtigt Seite 2

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.