Quartalsberichterstattung

Britische Banken schütten aus

Rasantes Wachstum, höhere Zinsen und weniger Arbeitslose – Die britischen Banken haben reichlich Überschusskapital angehäuft. Anleger dürfen hoffen, dass sie bei den Ausschüttungen den Hahn aufdrehen.

Britische Banken schütten aus

Von Andreas Hippin, London

Blickt man auf die Aktienkurse, hat die Erholung der britischen Banken bereits vorweggenommen. Ihr Ge­schäft ist in hohem Maße von der konjunkturellen Entwicklung ab­hän­gig. Daten des Statistikamts ONS zufolge wuchs die britische Wirtschaft im vergangenen Jahr so stark wie zuletzt im Kriegsjahr 1941 – um 7,5%. Die Wohnimmobilienpreise stiegen auf ein Rekordhoch. Die Arbeitslosigkeit ging weiter zurück, obwohl die Regierung ihr während der Pandemie aufgelegtes Lohnsubventionierungsprogramm auslaufen ließ. Die Verbraucher zückten vermehrt ihre Kreditkarten (siehe Grafik).

Im Dezember erhöhte die Bank of England erstmals den Leitzins. Die Banken schraubten daraufhin ihre Zinsen für Kredite nach oben, ließen die Einlagenkunden jedoch zumeist leer ausgehen. Anleger können vor diesem Hintergrund auf höhere Ausschüttungen hoffen, ob nun in Form von steigenden Dividenden oder milliardenschweren Aktienrückkäufen. Virgin Money UK sorgte bereits für gute Stimmung, indem sie ihre Schätzung für die Nettozinsmarge des laufenden Jahres anhob. „Auf Grundlage der wachsenden Zuversicht von Verbrauchern und Unternehmen sind wir optimistisch, was das Tempo der Erholung der britischen Wirtschaft angeht“, sagte CEO David Duffy.

Am Donnerstag (17.2.) macht Standard Chartered den Auftakt zur Quartalsberichterstattung der Großbanken, am Freitag (18.2.) folgt Natwest. In der kommenden Woche stehen HSBC (22.2.) und Barclays (23.2.) auf dem Kalender. Lloyds Banking Group (24.2.) schließt den Zahlenreigen ab.

Standard Chartered und HSBC erwirtschaften mittlerweile einen Großteil ihres Gewinns in der Volksrepublik China und im übrigen Ostasien. Die globale Aufstellung galt in der Finanzkrise als Stärke. Doch nachdem Peking in Hongkong die Muskeln spielen ließ, muss man sich fragen, ob sich das Klumpenrisiko nicht eines Tages belastend auf das Geschäft auswirken wird. Analysten werden nach der Zitterpartie um den Immobilienentwickler Evergrande auf Angaben dazu achten, wie groß das Exposure der Institute zum chinesischen Immobilienmarkt ist.

Jede zweite Filiale gestrichen

Natwest und Lloyds haben so gut wie kein Auslandsgeschäft. Die beiden schottischen Großbanken sind auf dem umkämpften Hypothekenmarkt, im Firmenkunden- und Retailgeschäft tätig. Wie Barclays verfügen beide über gut gehende Kreditkartengeschäfte, die sich positiv auf die jeweilige Nettozinsmarge auswirken. Lloyds ist zudem als Autofinanzierer aktiv. Alle haben in den vergangenen Jahren stark in die digitale Automatisierung des Retailgeschäfts investiert. Wie die Verbraucherorganisation Which? ermittelte, wurden seit 2015 fast die Hälfte aller Bankfilialen entweder geschlossen oder für die Schließung vorgemerkt. Vielerorts können Kunden nur noch in der Postfiliale Geld abheben.

Für die Institute war das mit erheblichen Einsparungen verbunden. In welchem Maße das den Anlegern zugutekommt, hängt von dem Spielraum ab, den Aufsichtsbehörden, Gerichte, Regierung und Notenbank den Banken einräumen. Dürfen sie den Sparern die steigenden Zinsen auch weiterhin vorenthalten, wird auch das Einlagengeschäft ordentlich Gewinn abwerfen.

Im Hypothekengeschäft etwa ebbte der Boom ab, als die Regierung die Aussetzung der Stempelsteuer beendete. Der intensive Wettbewerb sorgte dafür, dass der Spread, der Abstand zwischen den Zinsen von Wohnimmobiliendarlehen und Staatsanleihen also, zuletzt so niedrig war wie im Jahr 2007. Hier lässt sich nur noch mit Masse Geld verdienen. Lloyds ist allerdings groß genug, um damit fertig zu werden. Natwest, die ihren durch die Finanzkrise belasteten alten Namen Royal Bank of Scotland abgestreift hat, ist mit ihrem starken Firmenkundengeschäft eher wachstumsorientiert und profitiert stärker von steigenden Zinsen. Jefferies beziffert das dem Institut für Dividenden und Aktienrückkäufe zur Verfügung stehende Überschusskapital für den Zeitraum vom Schlussquartal 2021 bis Ende kommenden Jahres auf 6,6 Mrd. Pfund. Für Lloyds gehen Analysten im Schnitt von 4,3 Mrd. Pfund aus.

Barclays punktete im vergangenen Jahr im Investment Banking. Die Volatilität an den Finanzmärkten, Börsengänge und M&A-Transaktionen trugen dazu bei, dass der Deutsche-Bank-Rivale seine Aufstellung als Transatlantikbank voll ausspielen konnte. Im Schlussquartal verlangsamte sich das Geschäft der großen US-Rivalen, ein Trend, der auch Barclays treffen dürfte. Analysten unterstellen für den oben genannten Zeitraum Aktienrückkäufe im Volumen von 3,3 Mrd. Pfund. Allen Banken stehen mit Blick auf die gestiegene Teuerungsrate höhere Kosten ins Haus. Andererseits könnten sich die Annahmen bei der Risikovorsorge mit Blick auf den heimischen Arbeitsmarkt als zu konservativ erweisen. Es könnten also weitere Rückstellungen aufgelöst werden.

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