Zahlungsverkehr

Instant Payment ist ein großer Schritt

Selbst in der boomenden Zahlungsverkehrsbranche zeigen sich Bremsspuren. Bei Dienstleistern wie Stripe und Klarna kommt es zu Entlassungen. Und mit niedrigeren Konsumausgaben deuten sich auch sinkende Transaktionsvolumina an, so der Payment-Spezialist Sebastian Maus von Roland Berger.

Instant Payment ist ein großer Schritt

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Auch wenn in der Payment-Branche die Zeichen grundsätzlich weiter auf Wachstum stehen, so ist dennoch nicht alles eitel Sonnenschein. „Es ist festzustellen, dass der große Hype in den Bewertungen von Payment-Firmen vorbei ist. Viele Unternehmen mussten entsprechende Abwertungen hinnehmen. Auch wenn der Industrie-Trend weiter intakt erscheint, so ist der Payment-Markt doch auch verknüpft mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Und da deuten sich mit niedrigeren Konsumausgaben zumindest mittelfristig auch sinkende Transaktionsvolumina an“, so Roland Berger-Partner Sebastian Maus im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Bei „Buy now pay later“ (BNPL) sei es so, dass dieses Segment nun unter steigenden Zinskosten für die Refinanzierung leide und dass Regulatoren Grenzen für solche Produkte setzen wollen, um Verbraucher vor Überschuldung zu schützen. „Insgesamt wird der Markt für Anbieter zwar schwieriger, aber BNPL wird als Zahlungsmethode im Payment-Mix auch zukünftig weiterhin seine Relevanz behalten, da es den Händlern eine gewisse Flexibilität in der Absatzsteuerung gibt. Auch Endkunden können von mehr Flexibilität im Kaufprozess und bei ihrer Liquidität profitieren. Eine Herausforderung stellen die simplifizierten Scoring-Methoden zur schnellen Bonitätseinschätzung dar. Und da diese in der Regel von Nichtbanken durchgeführt werden und es sich bei BNPL eben nicht um ein Kreditprodukt handelt, könnte die EU-Kommission hier zeitnah eine Regulierung einführen. Das erwarte ich für 2023.“

Regulatorische Fragen

Aber wie exakt ist BNPL in ihren Variationen regulatorisch einzustufen? Laut Maus kommt es dabei sehr auf die gewählte Variante des BNPL an. Gemeinsam haben die Varianten, dass sie die definierte Vorschriften im Kreditrecht umgehen, z. B. wenn der Darlehensbetrag unter 200 Euro liegt, die Rückzahlungsfrist weniger als drei Monate beträgt oder das Darlehn für den Konsumenten zins- und entgeltfrei ist. Beim BNPL-Rechnungskauf handelt es sich dagegen um ein Factoring, das heißt den Ankauf der Forderung durch den BNPL-Anbieter, sagt Maus. In Deutschland handelt es sich damit nach Ansicht der BaFin um einen Zahlungsdienst nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Für die Verbraucher ersetzt BNPL z. B. die Kreditkarten-Verbindlichkeit (revolvierende Linie) oder den klassischen Dispositionskredit, die allerdings aufsichtsrechtlich als klassische Kreditprodukte eingestuft sind.

Apple Pay dringt weiter vor

Den erweiterten Vorstoß von Apple in den Zahlungsverkehr betrachtet Maus gelassen: „Die Payment-Industrie wird nicht von heute auf morgen von einem Anbieter revolutioniert, denn es gibt in der Regel keine disruptiven Sprünge, sondern eher evolutionäre Veränderungen in der Nutzung – eine Ausnahme war sicherlich die Corona-Pandemie und die entsprechenden Lockdowns.“ Apple Pay sei inzwischen sehr erfolgreich – was man auch im deutschen Markt beobachten kann – und beschere dem Konzern hohe Erträge, aber es habe auch einige Jahre gedauert, Apple Pay zu etablieren.

Apple war 2014 mit Apple Pay gestartet und hat – nach einer anfänglichen „Gegenwehr“ der Banken – in vielen Märkten das Mobile Payment entwickelt. Zudem ist Apple vor drei Jahren (mit Hilfe von Goldman Sachs) mit einer eigenen Kreditkarte gestartet, um weitere Einnahmequellen mit der Interchange Fee, die in den USA deutlich höher liegt als in Europa, zu erschließen. Ein Ausbau des Finanzdienstleistungsangebots mit der Einführung eines eigenen BNPL-Angebotes sowie eines Tagesgeldkontos in den USA wurde ebenfalls im Oktober angekündigt. „Die Frage ist nun, wie tief Apple noch in das klassische Geschäft der Finanzdienstleister eindringen will. Dabei adressiert Apple neben den Konsumenten auch kleinere Händler und ermöglicht über seine eigenen Geräte inzwischen auch die Akzeptanz von Kartenzahlungen (Tap-to-Pay). Dies ist sicherlich auch nur ein erster Schritt, um weiter in die Wertschöpfungskette der Händler vorzudringen.“

Die Ankündigung einiger Technologie-Plattformen, ihre eigene digitale Währung herauszugeben, hat die Politik, Notenbanken und Geschäftsbanken aufgeschreckt. Zudem haben erste Nationalbanken begonnen, ihre eigene Central Bank Digital Currency (CBDC) einzuführen. So hat China mit dem digitalen Yuan einen großen Schritt gemacht, wodurch sich andere Notenbanken verpflichtet sahen, ebenfalls die Einführung von digitalem Zentralbankgeld zu prüfen. Im Falle des digitalen Euro, mahnt der Berater, dass es einen klaren Mehrwert für den Endnutzer geben muss, damit dieser für den Privatkunden im Kontext des Bezahlens wirklich erfolgreich ist.

Zudem zeichne sich ein Modell ab, bei dem man über die Instant-Payment-Infrastruktur (TIPS) gehen und keine Distributed-Ledger-Technologie (DLT) einsetzen wolle – dies würde allerdings durch die fehlende direkte Programmierbarkeit des Geldes einen möglichen Mehrwert des digitalen Euros limitieren. EZB-Direktor Fabio Panetta hatte kürzlich erwogen, den Einsatz von DLT-Infrastruktur für den Interbanken-Zahlungsverkehr zu prüfen. Der Payment-Experte ist positiv, dass das Projekt allmählich an Fahrt aufnimmt. Die Auswahl von Dienstleistern für den Bau von Prototypen sei ein guter Startpunkt, sagt Maus.

Den Kommissionsvorschlag, Instant Payment im Euro-Zahlungsverkehr verpflichtend zu machen, bezeichnet Maus als „großen Schritt“ zur Modernisierung des Zahlungsverkehrs. Damit würden allerdings auch Kartenzahlungen bedroht. In Brasilien sei „Pix“ als ein solches System schnell in den Markt eingeführt worden, was zu einer Verschiebung von Transaktionsvolumina geführt habe.

Es habe sich aber auch eine Schattenseite des Instant-Settlements gezeigt: Die Zahl der Betrugsversuche habe sich signifikant erhöht, etwa über Fake-Whatsapp-Nachrichten operiert wurde. Und mit Blick auf Europas Banken merkt Maus an, dass US-Banken schon aktiv an neuen Produkten und Services über Instant-Systeme wie Fed Now arbeiten würden. Beispielsweise arbeitet J.P. Morgan daran, als Antwort zu Block (früher: Square) ein neues Zahlungsakzeptanzgeschäft aufzusetzen, das über Instant Payment Infrastruktur laufe. Damit würde man zwar heutige Erträge im Kartengeschäft kannibalisieren, auf der anderen Seite lassen sich durch die Händlergebühren neue Einnahmequellen erschließen. Außerdem zeigten Projekte wie die Request-to-Pay-Plattform der DZ Bank, dass die Banken neue Erlösquellen in Mehrwert- und Zusatzdiensten im Payment sehen.

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