Staatsanleihen

Großer Stress am Treasury-Markt

Die Liquidität am Sekundärmarkt für Treasuries ist nach den Turbulenzen im US-Bankensystem scharf eingebrochen. Dies strahlt auch auf andere Assetklassen ab.

Großer Stress am Treasury-Markt

Von Alex Wehnert, New York

Die jüngsten Verwerfungen im US-Bankensystem wirbeln auch den Sekundärmarkt für Staatsanleihen durcheinander. Die Liquidität im Treasury-Segment brach nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank scharf ein – während die Volatilität Mitte März massiv anzog, wurde es aufgrund der hohen Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreisen für Händler also wesentlich schwieriger, Trades auch zu realisieren.

Ende der vergangenen Woche belief sich die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreisen bei zweijährigen Treasuries laut der Plattform Tradeweb auf 30%, was ein deutlich erhöhtes Niveau, gegenüber den vorangegangenen Handelstagen aber sogar einen Rückgang bedeute.

Ähnliche Liquiditätsprobleme traten zuletzt auch bei Bundesanleihen auf. Die schwierigen Bedingungen bei amerikanischen und deutschen Staatsbonds, die als sichere Häfen gerade in Krisenzeiten eigentlich eine wichtige Anlaufstelle für Investoren gelten, wirken sich damit auch auf andere Anlageklassen wie Unternehmensanleihen und Aktien aus.

Sorgen um die Liquidität des Treasury-Sekundärmarktes halten sich seit der Finanzkrise 2008. Doch betonen Trader, die Situation sei derzeit so angespannt wie während des vergangenen Jahrzehnts wohl nie. Wie hoch der Marktstress ausfällt, lässt sich an einem Index des Office of Financial Research, eines Büros des US-Finanzministeriums, ablesen. Dieser nähert sich den Niveaus aus dem September an, als er den höchsten Stand seit dem Corona-Crash im Frühjahr 2020 markierte.

Auffällig sind auch die Anstiege der Subindizes für Marktvolatilität und die Bewertungen sicherer Vermögenswerte. Der ICE BofA Move Index, der die Schwankungsintensität an den Anleihemärkten abbildet, ist Mitte des laufenden Monats sogar über die im März 2020 verzeichneten Niveaus hinausgeschossen.

Die restriktivere Geldpolitik der Federal Reserve hat dabei aus Sicht von Tradern die Voraussetzungen für eine erhöhte Volatilität geschaffen. Denn im Zuge der Zinserhöhungen seit dem vergangenen Frühjahr sind Treasuries erheblich unter Druck geraten, die Rendite des zehnjährigen Titels schnellte im September erstmals seit 2008 über die Marke von 4% und hat diese seither noch mehrfach durchbrochen.

Starke Schwankungen

Angesichts der niedrigen Kursniveaus besteht umso mehr Potenzial für Gegenbewegungen, die in Krisenzeiten unter starken Schwankungen ablaufen. Mitte März fiel die laufende Verzinsung zehnjähriger Treasuries auf unter 3,4%, am Mittwoch lag sie bei 3,57%. Die Rendite der zweijährigen Benchmark erreichte zu Monatsbeginn noch erstmals seit 2007 ein Schlussniveau von mehr als 5%. Der Spread zum zehnjährigen Titel belief sich damit beim Settlement auf mehr als einen Prozentpunkt, was zuletzt 1981 der Fall war. Zur Wochenmitte lag die Rendite zweijähriger Treasuries indes nur knapp oberhalb von 4%.

Dabei haben die Turbulenzen im Bankensystem weitere Verunsicherung um den geldpolitischen Ausblick ausgelöst. Zwar hofften Marktteilnehmer nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank, in dessen Folge mehrere mittelgroße und regionale US-Banken unter Drucks gerieten, dass die Fed von ihrem restriktiven Kurs abrücken werde. Zuletzt erhöhte die Notenbank ihren Leitzins aber um 25 Basispunkte in die Spanne von 4,75 bis 5%. Die Währungshüter haben Sorgen um die Finanzstabilität dabei laut den Analysten der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe durchaus im Blick, räumen dem Kampf gegen die hohe Inflation derzeit aber noch Vorrang ein.

Nun suchen die Marktteilnehmer weiter verzweifelt nach Liquidität. Eine gewisse Erleichterung bringt dabei die Aktivität bei Indexfonds. Exchange Traded Funds auf US-Staatsanleihen verzeichneten laut dem Datendienstleister Refinitiv Lipper zuletzt sechs Wochen in Folge mit Mittelzuflüssen – mit 8,4 Mrd. Dollar stand zwischen dem 15. und 22. März sogar einen Rekordwert.

Allerdings fürchten Investoren weitere Verwerfungen im US-Bankensystem. Denn in den Wertpapierportfolios der Finanzinstitute lägen noch gewaltige Staatsanleihereserven. Wackelten weitere Geldhäuser, könnten milliardenschwere Volumina auf einmal an den Markt gelangen – und die Volatilität damit weiter massiv anziehen.

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