Stablecoin-Turbulenzen

Instabiler Kryptomarkt

Infolge der Verwerfungen um den Stablecoin UST droht der Druck auf Bitcoin noch erheblich zuzunehmen. Dabei ist das Umfeld für die führende Kryptowährung schon schwierig genug.

Instabiler Kryptomarkt

Die Turbulenzen um den Stablecoin TerraUSD (UST) drohen das Vertrauen in digitale Assets zu erschüttern. Denn eigentlich sollen Stablecoins, wie ihr Name schon sagt, Wertstabilität gewährleisten und sind an Basis-Assets wie den Dollar gekoppelt. Doch UST erfüllt seine Funktion nicht mehr, in der laufenden Woche ging die Bindung zum Greenback vollständig verloren – zeitweise rutschte der Wert des Stablecoin an der Krypto-Börse Coinbase auf 5 Cent ab. Die Gründe für den Verfall sind momentan nicht seriös aufzulösen, allerdings fürchten Analysten, dass sich in der Folge ein Crash des gesamten Kryptomarkts an­bahnt. Denn Stablecoins entfalten ihre Wirkung an der Schnittstelle zwischen der Sphäre der digitalen Assets und der Fiatwährungen. Anleger nutzen sie unter anderem dazu, Gewinne aus dem Handel mit Bitcoin & Co. zu parken und sich gegen die hohe Volatilität im Segment abzusichern, ohne dabei direkt in den Dollar oder eine andere klassische Währung wechseln zu müssen. UST stellt dabei bisher eine der populärsten Varianten dar, vor den aktuellen Verwerfungen war sie der drittgrößte Stable­coin am Markt. Insgesamt sind laut der Plattform Coinmarketcap aktuell noch über 12 Milliarden Einheiten im Umlauf, TerraUSD ist für das Kryptosegment damit durchaus systemrelevant.

Problematisch ist aus Investorensicht insbesondere die Funktionsweise von UST. Denn bei dem Token handelt es sich um einen sogenannten algorithmischen Stablecoin. Diese Form der Kryptowährung ist nicht direkt durch Dollar-Reserven oder Dollar-Assets gedeckt. Stattdessen nutzt UST die auf der Terra-Blockchain basierende Kryptowährung Luna, um den Kurs möglichst stabil zu halten. Der Stablecoin und die wertinstabile Cyberdevise sollen per Prinzip jederzeit zu einem fixen Wechselkurs gegeneinander getauscht werden können. Für jeden neu ausgegebenen UST im Wert von 1 Dollar müssen die Teilnehmer der Blockchain also Luna-Einheiten im Wert von 1 Dollar an Terra liefern, die dann eingezogen werden. Dieser sogenannte Burn-Mechanismus sorgt für eine Mengensteuerung. Um bei Marktturbulenzen für einen Ausgleich zu sorgen, hält Terra in der Stiftung Luna Foundation Guard (LFG) Kryptowährungen im Wert von mehreren Mrd. Dollar vor. Zur Reserve zählen der größte Stablecoin Tether, Luna und Bitcoin. Im Zuge der jüngsten Verwerfungen war die LFG nun zunächst dazu gezwungen, diese Reserven anzuzapfen und im großen Stil Token an Marketmaker zu verleihen, um für Liquidität zu sorgen und UST zu stabilisieren. Ohne anhaltenden Effekt: Der Kurs des Stablecoin liegt noch immer weit unter dem Zielwert.

Beobachter befürchten nun, dass Terra Teile ihrer Bitcoin-Reserven auflösen muss, um für eine höhere Stabilität innerhalb des Systems zu sorgen. Dabei war das Kryptoprojekt laut Gründer Do Kwon eigentlich gerade dabei, weitere 10 Mrd. Dollar in die führende Cyberdevise zu inves­tieren. Infolge des nun wohl zwangsweise anstehenden Strategiewechsels und der möglicherweise großvolumigen Abverkäufe steht zu befürchten, dass der Druck auf Bitcoin noch erheblich zunimmt.

Dabei ist das Umfeld angesichts der restriktiveren Geldpolitik schwierig genug. Denn das entschlossene Vorgehen der Federal Reserve und die sich abzeichnende Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank im Juli stärken das durch die Inflationsanstiege der vergangenen Monate ausgehöhlte Vertrauen in konventionelle Währungen wieder. Zugleich führt die geopolitische und makroökonomische Unsicherheit dazu, dass sich Anleger aus Risiko-Assets verabschieden, zu denen Bitcoin zweifellos zählt. Indes hat sich der Einstieg institutioneller Investoren ins Segment, von Krypto-Enthusiasten lange herbeigesehnt, bisher eher als Fluch denn als Segen erwiesen. Denn diese Anlegergruppe handelt nicht ideologisch, sondern behandelt Cyberdevisen als spekulative Beimischung zum Portfolio und passt die Positionen entsprechend der Risikoneigung an. In der Folge ist die Korrelation zwischen Bitcoin und dem breiten Aktienmarkt massiv gestiegen. Das Narrativ von Kryptowährungen als Mittel zur Portfolioabsicherung, mit dem institutionelle Investoren für digitale Assets begeistert werden sollten, hat sich somit in einer Art selbstvernichtenden Prophezeiung aufgelöst.

Die Anspannung am Kryptomarkt ist angesichts des Zusammenspiels dieser vielfältigen Belastungsfaktoren hoch. Auch der führende wertbeständige Token Tether rutschte am Donnerstag in der Folge auf 0,95 Dollar ab. Erodiert der Markt für Stablecoins weiter, dürfte sich dies in eine anhaltende Instabilität bei Bitcoin übersetzen.             (Börsen-Zeitung,

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