Arthur Lau

Pinebridge erwartet Boom von Chinas Onshore-Bonds

Die zunehmende Öffnung für internationale Investoren dürfte Chinas Onshore-Bondmarkt laut Pinebridge Investments ein massives Wachstum bescheren. Die Stellung des US-Anleihemarkts sei in Gefahr.

Pinebridge erwartet Boom von Chinas Onshore-Bonds

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Chinesische Onshore-Lokalwährungsanleihen werden nach Einschätzung des Assetmanagers Pinebridge Investments innerhalb der kommenden zehn Jahre den weltgrößten Bondmarkt bilden. Aktuell liege das Segment mit einem Volumen von umgerechnet 17,5 Bill. Dollar hinter den USA auf Platz 2 der globalen Einzelanleihemärkte. „Die rapiden Wachstumsraten des chinesischen Onshore-Markts gehen mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Volksrepublik einher“, sagt Arthur Lau, Head of Asia ex-Japan Fixed Income bei Pinebridge, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Schließlich habe China seine Rolle als globaler Wachstumsmotor im Zuge der Coronakrise untermauert, die Stärke des inländischen Konsums sowie Trends wie Urbanisierung und technologischer Fortschritt würden die Nachfrage nach Kapital wohl langfristig weiter antreiben.

Attraktive Renditen

Vor allem sei allerdings die zunehmende Öffnung des Markts für ausländische Investoren entscheidend. Diese habe dazu beigetragen, das Handelsvolumen im gesamten On­shore-Markt im vergangenen Jahr auf ein Rekordhoch von 37 Bill. Dollar zu treiben. „In den vergangenen 18 Monaten war eine wachsende Inklusion chinesischer Onshore-Bonds in internationale Indizes zu beobachten“, führt Lau aus. Während die Anleihebarometer von FTSE Russell chinesische Staatsanleihen künftig wohl mit bis zu 5% allokieren dürften, sei in einigen Schwellenländer-Indizes von J.P. Morgan sogar eine Gewichtung von bis zu 10% möglich. Infolge der Rebalancierung der Indizes und der darauf aufsitzenden Produkte dürften in den kommenden 18 Monaten laut Lau ungefähr 150 Mrd. Dollar an passiven Mitteln in chinesische Staatsanleihen fließen. Zugleich seien die Renditen im internationalen Vergleich weiterhin äußerst attraktiv. „Das Zinsdifferential zwischen chinesischen Staatsanleihen auf der einen und Gilts, Bunds und Treasuries auf der anderen Seite fällt sogar mit Wechselkursabsicherung gegenüber dem Pfund, Euro oder Dollar noch äußerst signifikant aus“, sagt Lau.

Defaults steigen deutlich

Weitaus riskanter seien Investitionen in Bonds aus dem chinesischen Credit-Markt, die in den internationalen Indizes weiter nicht vertreten seien. „Die Default-Raten im Credit-Bereich sind zuletzt deutlich gestiegen, da Peking den Markt erwachsen werden lassen und stärker an die internationale Norm anpassen will“, sagt Lau. Der Regierung sei es ein Anliegen, dass neben den privaten (POE) auch die staatlich kontrollierten Betriebe (SOE) Schulden abbauten, um das finanzielle Risiko im System zu reduzieren. Betriebe, die dazu nicht in der Lage seien, dürften nun verstärkt zur Liquidierung freige­geben werden. „Natürlich bieten einige lokale Unternehmensanleihen immer noch Gelegenheiten – um diese zu nutzen, ist aber eine äußerst präzise und aufwendige Selektion nötig“, führt Lau aus.

Eine entsprechende Einschätzung werde ausländischen Investoren dadurch erschwert, dass das chinesische Ratingsystem nicht mit dem internationalen Standard vergleichbar sei. Die großen internationalen Ratingagenturen stuften chinesische Corporates entweder gar nicht ein oder vergäben Onshore-Ratings, die nicht nach der sonstigen Methodologie zustande kämen. „Die chinesischen Onshore-Lokalwährungsanleihen finden sich größtenteils im Triple-A-Bereich wieder – eine Einstufung, die angesichts der häufigeren Zahlungsausfälle für viele Unternehmen wohl nicht korrekt ist“, sagt Lau. Peking befinde sich durchaus in Gesprächen mit den großen Ratingagenturen – selbst wenn diese einen Zugang zum Markt erhielten, werde es aber noch lange dauern, bis sie die notwendigen Default- und Erholungsdaten gesammelt hätten, um international vergleichbare Einstufungen vorzunehmen. Trotzdem sollte mittelfristig zu beobachten sein, dass die Ratings im chinesischen Markt infolge der chinesischen Maßgabe, mehr Defaults im On­shore-Bereich zuzulassen und lokale Ratingagenturen zu aussagekräftigeren Einstufungen anzutreiben, stärker auseinanderlaufen.

Allerdings existierten in Bezug auf die zunehmende Internationalisierung der inländischen Märkte in Peking noch widerstreitende Motivationen. Einerseits fürchte die Regierung in der Folge einen externen Schock für das Finanzsystem. „Andererseits könnte die starke Ausweitung der US-Staatsschulden potenziell zu strukturellem Druck auf den Dollar führen – Peking würde dies wohl ausnutzen und den Yuan mittels Kapitalreformen zu einer gangbaren internationalen Währung machen wollen“, sagt Lau.

Derweil drohten dem Markt für Lokalwährungsanleihen von geldpolitischer Seite nur begrenzte Risiken. Die People’s Bank of China (PBOC) hatte sich bereits zu Beginn des Jahres restriktiver positioniert und zuletzt Hoffnungen auf eine monetäre Lockerung enttäuscht. „Scharfe kontraktive Signale sind vorerst aber auch nicht mehr zu erwarten. Stattdessen wird die Notenbank gezielte restriktive Maßnahmen in jenen Sektoren ergreifen, in denen ihrer Einschätzung nach mittelfristig systemische Risiken bestehen“, prognostiziert Lau. Dafür stünden ihr eine Rückführung der Offenmarktgeschäfte sowie liquiditätsabschöpfende Repogeschäfte zur Verfügung. Dass die PBOC am Gesamtmarkt restriktiver agieren werde, sei schon deshalb unwahrscheinlich, weil der Konsum im Gegensatz zur Industrie trotz einer starken Erholung von der Pandemie im Gegensatz zur Industrie noch nicht wieder zu seinen üblichen Niveaus zurückgekehrt sei.

Schwieriger ESG-Vergleich

Starken Rückenwind haben im Zuge der Coronakrise an den internationalen Finanzmärkten indes nachhaltige Investments erhalten. Anlagen in China bleiben unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes, der sozialen Verantwortung und einer guten Unternehmensführung (Environmental, Social, Governance – ESG) nach Laus Ansicht aber schwierig zu bewerten. Dies zeige sich unter anderem bei Green Bonds aus der Volksrepublik, die überhaupt nicht mit europäischen Green Bonds vergleichbar seien. „Wenn ein europäisches Unternehmen grüne Anleihen begibt, muss es jährlich nachweisen, wie es die aufgenommenen Mittel verwendet. In China müssen Emittenten zwar im Vorhinein genau beschreiben, welches Projekt sie finanzieren wollen – später bestehen allerdings keine Prüfungsverpflichtungen“, sagt Lau. Der Investor wisse also nicht, ob die Mittel wirklich in das designierte Projekt flössen.

„Für internationale Investoren gilt es, die Marktstruktur und die damit verbundenen Greenwashing-Risiken genau zu verstehen“, sagt Lau. Mit der richtigen Selektion ergäben sich auch bei Green Bonds aus dem Reich der Mitte attraktive Gelegenheiten. Denn auch in diesem Segment überträfen die chinesischen Wachstumsraten die des europäischen Segments deutlich.